die letzten der laternen

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Walther

Mitglied
die letzten der laternen


du trittst an dieser schwelle in die nacht
& schwarz umgibt dich wie ein schwerer mantel
die angst umspinnt dich still & die tarantel
weiß sehr genau wann sie dich sticht gedacht

hast du als du dich löstest dies gegrantel
das magst du nicht mehr hören angefacht
von heißer wut hast du dich aufgemacht
& bist gesprungen wie der sparrenfantel

als gäbe dieser irrwitz einen sinn
nun streifst du durch das nichts einsam zu fernen
den ganzen stolz im vorgestreckten kinn

im dunkel blinkt das weiß von kalten sternen
du stürmst schon stolpernd weiter drüber hin
verloschen sind die letzten der laternen
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walther,

inhaltlich ein düsteres Gedicht, zu dem ich noch nicht ganz den Draht gefunden habe. Vielleicht fehlt mir da noch etwas in der Palette der Lebensfarben ;)

Betonst Du "einsam" auf der zweiten Silbe? Die Stelle hat mich metrisch etwas "rausgebracht".

Was hieltest Du von

nun streifst du einsam durch das nichts in fernen
Liebe Grüße

Herbert
 

Walther

Mitglied
die letzten der laternen


du trittst an dieser schwelle in die nacht
& schwarz umgibt dich wie ein schwerer mantel
die angst umspinnt dich still & die tarantel
weiß sehr genau wann sie dich sticht gedacht

hast du als du dich löstest dies gegrantel
das magst du nicht mehr hören angefacht
von heißer wut hast du dich aufgemacht
& bist gesprungen wie der sparrenfantel

als gäbe dieser irrwitz einen sinn
nun streifst du einsam durch das nichts zu fernen
den ganzen stolz im vorgestreckten kinn

im dunkel blinkt das weiß von kalten sternen
du stürmst schon stolpernd weiter drüber hin
verloschen sind die letzten der laternen
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Walther,

es fällt mir nicht immer leicht, einen Zugang zu deinen Werken zu finden und natürlich kenne ich auch nicht alles.
Jetzt aber: Dieses Gedicht hat es mir angetan. Es fasziniert mich, ich habe es nun zig-mal gelesen, ich finde es mitreißend. Die Düsternis ist spürbar, ich kann sie als Leser greifen, die Stimmung ist desperat und die ganze Welt ist (hier grüßt der Expressionismus) aus den Fugen geraten. Es kommt aber nicht als expressionistische "Nachdichtung" daher, es hat seinen eigenen Reiz. Die Reimwörter gedacht und angefacht stehen isoliert am Zeilenende, davor drängt sich eine inhaltliche Zäsur auf oder eben auch nicht, denn jegliche Interpunktion fehlt, so dass eins ins andere fließt, der dumpfe Wahnsinn rollt weiter, Orientierungspunkte lösen sich auf, der Text ist beides: zerschnitten, jäh zerhackt und ruhig, schattengleich dahinhuschend.

Eine Zeile könnte ich mir anders vorstellen:

im dunkel blinkt das weiß von kalten sternen
du [blue]stiefelst schweren schrittes[/blue] drüber hin
verloschen sind die letzten der laternen
Warum? Die letzte Zeile besticht durch ihre Lakonik. Die vorletzte Zeile dagegen müht sich, viel Inhalt zu transportieren, sie wirkt auf mich "überfüllt". Mit der Änderung würde das Schlussterzett insgesamt einen lakonischen Drive bekommen.

Dein Gedicht versucht nicht, das "Irre" zu bannen, zu überwinden, sondern es lässt sich von der dunklen Seite an die Hand nehmen und verstören...
äh ja, ich stehe auf dieses Gedicht und finde es klasse!

lg wüstenrose
 

Walther

Mitglied
lb wüstenrose,

danke für deinen eintrag. in der tat ist dieses sonett eines der schlüsselgedichte zu meinem zyklus "die dunkle seite der nacht". ich habe mir beim bau des sonetts sehr viel gedanken gemacht, auch wenn man dem text vielleicht nichts anmerkt.

das spiel mit dem unausweichlichen schwankt zwischen trotz, verlorenheit, angst und schwarzem humor.

ich habe lange zwischen einer anderen und der jetzt publizierten version geschwankt. am ende habe ich mich dann für diese hier in der lupe entschieden. deine nimmt geschwindigkeit aus dem text heraus und schwächt die wut des lyrichs ab, das nur noch trotzig "stiefelt".

deinen vorschlag muß ich noch etwas abwägen. danke für dein verständnis!

lg w.
 



 
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