die Mädchen von damals

3,80 Stern(e) 5 Bewertungen

Tula

Mitglied
die Mädchen von damals

... hab' ich alle vergessen
wie die Blumen des letzten Jahres
hinterließen Pollen einige
schlugen Wurzeln irgendwo
im Schützengraben
der Nasenhöhle

das Lachen der einen
verschluckte die Brandung der Jahre
brach mit Getöse über den Strand
verspielter Unschuld manchmal
schneidet sich noch immer
ein Sirenengesang
in meinen Schlaf

die vergilbten Fotos
warf ich fort vor Jahren
mit allen Erinnerungen an
Tulpenkelche bringen sie stets zurück
mit ihrem Duft nicht allein auch
der Form wegen

begraben habe ich
Reue und Schmerz für immer
tief unter dem Boden
des Kraters
treiben Fackeln
im ewigen Magma
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Gern gelesen, sehr gern.

Die Strophen bilden harmonische Sinneinheiten.
Zum Beispiel die mit der "Brandung", die im Bild bleibt, wenn sie dann die "Sirenen" nennt.
Oder schon die erste, mit den Blütenpollen in der Nasenhöhle.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
die Schwange, Schwangere, Schwangeste

Ich denke, lieber revilo,

"Schützengraben der Nasenhöhle" - diese Verknüpfung zeigt schon, daß es weniger um romantische Verklärung, psychologische Rationalisierung als vielmehr um etwas "Störendes", vielleicht sogar Verwundendes, um Narben und Schmerzspuren geht.

Ohne Masochismus, ohne Selbstmitleid. Also ohne Sterbenderschwangeste.
 

Tula

Mitglied
Hallo Mondnein

vielen Dank für deine Gedanken zum Gedicht und die gute Bewertung!

Ja, so wie du es schreibst, geht es um schmerzhafte Erfahrungen. Nicht unbedingt ausschließlich, aber doch Erinnerungen, die der Lyrich eigentlich vergessen will, es aber dennoch nicht vermag. Also kein 'in den Erinnerungen schwelgen'.

Nun verstehe ich aber auch dich, lieber revilo, dass die Metapher nicht unbedingt glücklich erscheint. Mir ging es um einen körperlichen Vergleich, ein 'sich festsetzen', 'eindringen' usw. gegen den Willen des Lyrichs.
Leider denkt der gewitzte Leser bei dieser Stelle auch eine rote, von Heuschnupfen geplagte Nase ... :)

Eine Variante:

… hab' ich alle vergessen
wie die Blumen des letzten Jahres
verwehter Pollenstaub
schlug Wurzeln irgendwo
am Rande des
Brachlands


Entspricht noch der ursprünglichen Idee, dass immer etwas zurückbleibt, manchmal weht ja noch ein lauer Wind und trägt den Duft übers karge Feld ...

Grüße ins Wochenende

Tula
 

revilo

Mitglied
Moin, Ihr Beiden...ich finde das Gedicht wirklich gelungen...aber die Nasenhöhle zerstört die wunderbar melancholische Grundstimmumg ....das hat mich richtig verschreckt....und deine Variante gefällt mir wesentlich besser ...ein schönes WE wünscht revilo...
 

Tula

Mitglied
die Mädchen von damals

… hab' ich alle vergessen
wie die Blumen des letzten Jahres
verwehter Pollenstaub
schlug Wurzeln irgendwo
am Rande des
Brachlands

das Lachen der einen
verschluckte die Brandung der Jahre
brach mit Getöse über den Strand
verspielter Unschuld manchmal
schneidet sich noch immer
ein Sirenengesang
in meinen Schlaf

die vergilbten Fotos
warf ich fort vor Jahren
mit allen Erinnerungen an
Tulpenkelche bringen sie stets zurück
mit ihrem Duft nicht allein auch
der Form wegen

begraben habe ich
Reue und Schmerz für immer
tief unter dem Boden
des Kraters
treiben Fackeln
im ewigen Magma
 

Tula

Mitglied
Hallo Otto

ich habe es jetzt auch geändert, ich hoffe die bisherigen Bewerter sind auch damit einverstanden.

Dankend lieben Gruss

Tula
 

Tula

Mitglied
Lieber revilo, lieber Otto

Euch beiden mein ganz herzlicher Dank für die Bewertung. Freut mich sehr.

Vorosterliche Grüße

Tula
 



 
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