Kinder unserer Zeit
Ich mag es. Manchmal. Manchmal finde ich es angestrengt. Bemüht. Es läuft alles nicht mehr so flüssig aus der Feder wie zu der zeit, als man noch mit Federn schrieb, oder?! Aber auch Broch schrieb noch 1945 einen Altertums-Stoff, weil er nur in einem alten Stoff die Kraft fand, um über die Gegenwart zu schreiben (Wozu soll man noch dichten, wenn ringsum die Leute in den Öfen verbrennen?) --
-- aber zieht man von deinem Text die Sprache ab, die bisweilen manieriert ist, manchmal unfreiwillig komisch (Barbiepuppen...), aber oft Rhythmus hat und durchaus fesselt, was bleibt dann übrig? Kapitalismuskritik? Langeweile? Todessehnsucht? Alles Seiende ist eitel? Das ist mir etwas zu schematisch. Und auch wenn da viel sinnliches Wortgeklingel ist ("erigiertes Leben", "stoß hinein ins Volle" usw.) fehlt mir die Unmittelbarkeit. Mit Tod und Sterben kann man leicht beeindrucken, aber nur, indem man Extremes behauptet, ist man noch nicht extrem. Glanz und Elend der Stadt werden zwar behauptet, aber es fehlt mir hier das Sinnliche Erleben, das bleibt Theorie....
Schwierig finde ich vor allem, dass einige der Bilder schief sind: Man ist beeindruckt von soviel Wortpracht, aber beim zweiten Lesen passen viele Sachen einfach nicht zusammen ("zieht kein reißender Strom seine Bahn", "schwelende Brände aus freudigem Zeigen" usw.) --
Vollends ausgestiegen bin ich dann am Ende - da wurde auch das Problem, das ich mit dem Text hatte, am Deutlichsten: Der letzte Absatz ist rhythmisch schön und spannend - inhaltlich aber vollkommen trivial (wenn auch auf hohem Niveau)... - was eigentlich eine Schande ist, weil - wie Reich-Ranicki sagen würde: "Der Mann/die Frau kann schreiben"