Die Mauer

anemone

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Ich begann in meinen Unterlagen zu stöbern. Irgendwo musste es doch sein, das Dokument!
Es war die Genehmigung und amtliche Bestätigung, eine Mauer errichten zu dürfen zum Nachbargrundstück. Ich erinnere mich genau: Der Sachbearbeiter bei der Behörde gab sie mir mit der Bemerkung: „Na, wenn sie meinen! Das fördert jedoch nicht den menschlichen Kontakt!“ behielt er sich noch vor, zu bemerken.

Was wusste denn er von Kontakten? Diese hatten wir bisher mit den Nachbarn reichlich gehabt und sie liefen allesamt katastrophal aus. Die letzte Schikane, die unsere Nachbarin uns zukommen ließ war es, Waschlauge über unsere Sträucher zu schütten. Ich erinnere mich noch, wie erbost darüber unsere Mutter war.

Sie mochten sich nicht die beiden Frauen, der Streit nahm schon manchmal schreckliche Formen an. Eine davon war Mutters Aufforderung an uns Kinder, auf gar keinen Fall mehr mit dem Sohn des Hauses zu spielen. Das fiel uns sehr schwer, denn der Junge hatte uns natürlich nichts getan und wenn er auch unsportlich aussah und war, so war es doch kein Grund ihn zu meiden wie die Pest. Dieses jedoch wurde von uns verlangt.

Ach, da lag es ja, das Dokument! Fast hätte ich es übersehen. 1993, das war jetzt 8-9 Jahre her. Eine lange Zeit, in der sie uns vor den feindlichen Angriffen unserer Nachbarn schützte.
Seit der Zeit herrschte Frieden, wir kannten keinen Nachbarn mehr.

Doch jetzt brauchte ich sie wieder, die Unterlagen, die Mauer sollte abgerissen werden. Es sollten Wege geben, von hier nach dort und umgekehrt, jedoch nicht zu den Nachbarn von früher. Längst wohnten andere Leute nebenan.
 



 
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