Die Nacht und ich (Sonett)

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poetix

Mitglied
Hallo Andreas,
das Sonett gefällt mir. An manchen Stellen stolpere ich über die Metrik. Zum Beispiel würde ich in Zeile 3 intuitiv "Gibt" betonen, während es nach der Metrik "es" wäre. Andere Frage: Warum schreibst du in Zeile 9 "Seitdem" auseinander? Das sind aber nur Nebensächlichkeiten. Insgesamt gelungen. Kompliment.
Christoph
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Interessant die Zweiteilung in "wir" und "... sie".

Im ersten Teil wirkt es noch persönlich (einschließendes "Wir".
Im zweiten Teil dagegen distanziert, als Bericht.

Das strahlt dann auf den ersten Teil zurück.
Es ist vorbei, ein Bericht zur Vergangenheit.
 

anbas

Mitglied
Hallo Christoph,

vielen Dank für Deine Rückmeldung und die Bewertung.

Hinsichtlich der ungewohnten Betonung in der Metrik gebe ich Dir absolut Recht. Da könnte es an einigen Stellen eleganter klingen - mal sehen, vielleicht fällt mir da noch eine Lösung ein.

Was das "Seit dem" betrifft, so ist das wohl ein Fehler meinerseits. Hat sich da mal was während der Rechrschreibreform geändert :D? Ich werde es korrigieren.

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Die Nacht und ich

Die Nacht schlägt sich mit mir oft um die Ohren
Denn in der Zeit, in der die Menschen ruh'n
Gibt es für sie nur selten was zu tun
Doch dann hab ich mich ganz in ihr verloren

In dem Moment, in dem wir zwei uns trafen
Kam es mir vor, als hätt' ich einen Traum
Wir schwebten spielend leicht durch Zeit und Raum
Und suchten nach den ungezählten Schafen

Seitdem hat sie mit ihrer kühlen Art
Mir immer wieder zärtlich offenbart
Dass sie mich gerne durch die Zeit begleitet

Ich mag den Zauber, den sie still verbreitet
Und will ihr weiter eng verbunden bleiben
Wenn wir gemeinsam durch die Stunden treiben
 

anbas

Mitglied
Hallo Bernd,

vielen Dank für Deine Gedanken. Es stimmt, dass hier in zwei "Zeitzonen" erzählt wird, doch wo siehst Du den Hinweis, dass etwas vorbei ist? Im letzten Vers heißt es doch
Wenn wir gemeinsam durch die Stunden treiben
Im ersten Teil wird die Begegnung mit der Nacht beschrieben. Im zweiten Teil geht es aber darum, dass man zusammengefunden hat und nun gemeinsam unterwegs ist. Aus meiner Sicht ist das gesamte Sonett ein Bericht, eine Erzählung.

Liebe Grüße

Andreas
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es sind zwei Punkte:
Zum einen die Vergangenheitsformen, zum anderen der Wunsch, der durch "will" ausgedrückt wird, "will" drückt ja in Deutsch (im Gegensatz zu Englisch) nicht die Zukunft, sondern einen Zukunftswunsch aus.

Man kann es aber auch anders lesen.
 

anbas

Mitglied
Manchmal dauert es etwas ...

Ich habe dieses Sonett noch mal ein wenig überarbeitet und dabei auch den Einwand von poetix berücksichtigt. Nun hoffe ich, dass ich nichts verschlimmbessert habe.


Die Nacht und ich

Die Nacht schlägt sich mit mir oft um die Ohren
Denn in der Zeit, in der die Menschen ruh'n,
Da gibt es selten was für sie zu tun
Und nun hab ich mich ganz in ihr verloren

In dem Moment, in dem wir zwei uns trafen
Kam es mir vor, als hätt' ich einen Traum
Wir schwebten spielend leicht durch Zeit und Raum
Und suchten nach den ungezählten Schafen

Seitdem hat sie mit ihrer kühlen Art
Mir immer wieder zärtlich offenbart
Dass sie mich gerne durch die Zeit begleitet

Ich mag den Zauber, den sie still verbreitet
Und will ihr weiter eng verbunden bleiben
Wenn wir gemeinsam durch die Stunden treiben
 
G

Gelöschtes Mitglied 20969

Gast
Hi Andreas,
dein Sonett habe ich gerade erst entdeckt – und so gelungen vieles auch ist (die letzten drei Zeilen! - fast ein bisschen Rilke), mit der ersten Zeile komme ich nicht klar. Wer schlägt sich? Du dich mit Nacht? Und worum schlagt ihr euch? Um Ohren? Das kannst du doch nicht meinen. Ich denke, du willst ausdrücken, dass du dir die Nacht oft um die Ohren schlägst, und die Nacht … was schlägt sie sich um die Ohren? Sich selbst als Nacht um die eigenen Ohren? Ist natürlich Quatsch. Ich vermute, du bist davon ausgegangen, dass der Leser es schon herausfinden wird, was du sagen willst. Verwirrend.
Mitternachtsgruß Peter
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Die Nacht schlägt sich mit dem Dichter um die Ohren ... einfach zu lesen, finde ich.
Wiewohl ich das Suchen nach ungezählten Schafen außerordentlich langweilig (fast albern) fände: Hier muss doch was Ungeheuerliches her ... nun ja, wir wissen, was gemeint sein könnte.
Was das Gedicht trotz seines leichten Schwingens und Inhalts sperrig - jedenfalls mir! - erscheinen lässt, ist die Personifizierung der Nacht. Notwendig? ... da sie ja ohnehin zu gewissen Stunden erscheint, so dass das Ansichziehen eben dieser Stunden gefordert scheint als deren Verursacherin.
Peter/litbons hat Recht: Das zweite Terzett sticht hervor!
Noch eine petitesse: Da du auf Interpunktion verzichtest, sollte auch der Rest gelöscht werden.

Es grüßt
Dyrk
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Die Nacht schlägt sich mit dem Dichter um die Ohren ... Sorry, ich war vorhin in Eile und schrieb unterwegs die Antwort.
'Um die Ohren schlagen' geht wohl nicht - jedenfalls nicht in einer Personenkonstellation, die uns Andreas hier anbietet.
...als deren Verursacherin: sollte heißen ... und nicht deren Verursacherin.

Bin gespannt, wie's schließlich endet. Die Einwände von litbons sind ja nachvollziehbar.
 

anbas

Mitglied
Hallo Peter, hallo Dyrk,

ich danke Euch für Eure Rückmeldungen und die Auseinandersetzung mit dem Sonett. Über die positive Rückmeldung zum zweiten Terzett freue ich mich natürlich sehr.

Doch nun zu den eher kritischen Anmerkungen:

Die erste Zeile ... ja, ich gebe zu, sie ist etwas um die Ecke gedacht und daher vielleicht nicht gleich zu erschließen. Es ist schon so gemeint, wie Dyrk es in seiner ersten Antwort schrieb. Ganz korrekt müsste es natürlich heißen "Die Nacht schlägt sich die Nacht mit mir oft um die Ohren". Das ist im Grunde nicht möglich, aber dieser Widerspruch ist durchaus gewollt. Mir gefällt dieser Punkt gerade aufgrund der Personifizierung der Nacht besonders gut, da hier das Gedicht gleich am Anfang auch ins Irreale abdriftet - und manchmal empfinde ich die Stimmung in der Nacht auch als irreal, verwunschen.

Ich hoffe, dass ich meine Intention "rüber bekommen habe". Auch, wenn mein Schwerpunkt eher bei realen Alltagsthemen liegt, macht es mir aber hin und wieder auch Spaß, eben genau in diesen irrealen Bereich zu gehen, manchmal ihn nur leicht zu streifen. Es kann dann auch durchaus eine Gratwanderung werden - und nicht jede gelingt mir ;). Mich würde natürlich interessieren, wie andere Leser diese Stelle sehen.

Was die Satzzeichen angeht, werde ich sie rausnehmen. Das mache ich aber zu einem späteren Zeitpunkt. Wer weiß, vielleicht ändere ich doch noch etwas an der einen oder anderen Stelle.

Und dann sind da noch die ungezählten Schafe ... schade, dass sie DIch, Dyrk, langweilen oder Dir sogar albern vorkommen. Bei mir öffnen sie ein kleines Fenster zu weiteren Gedankenspielen (Schafe zählen, um einschlafen zu können / neue Schafe zum Zählen finden, weil die bereits gezählten nicht für das gewünschte Ergebnis ausgereicht haben / kleine Traumreise auf der Suche nach den Schafen (es eröffnen sich (nächtliche) Landschaften, durch die das LyrIch wandert / und noch einiges mehr ...). Manchmal helfen mir solche inneren Reisen besser beim Einschlafen als das Zählen von Schafen, Rückwärtszählen oder andere Methoden (manchmal halten mich diese Reisen aber auch erst recht wach :D).

So, das waren, glaube ich, alle Punkte. Nochmals Danke fürs Lesen und Kommentieren.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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