die pendeluhr

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rogathe

Mitglied
die pendeluhr schlägt ausnahmsweise -
zur jubiläumsfeier der silberschöpfe
zittern zeiger übers ziffernblatt
zögerlich – wie aus dem schlaf gerissen
von der grafenkrone in fleckig altem glanz
überm adler
der immer noch die flügel spreizt
zu unserm schutz
mit sonnenschild vor seinem bauch
zur abwehr trüber tage
[so sagte man uns kindern]
fein ziseliert in der akanthusranke schwebt
die gratulanten fest im blick
wie zu hochherrschaftlichen zeiten

vorm fenster lärmen stare auf der reise
und durch den spalt weht eine bö
ein braunes blatt und eine schwarze feder
aufs parkett
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Der Duktus ist fast erzählend, obwohl das Lied dinglich beschreibt.

Ich verstehe noch nicht richtig das "ausnahmsweise" in der ersten Zeile. Wird das Ding zu selten aufgezogen?

Sehr schön die zweite Strophe, so daß man nicht in der statischen Beschreibung hängen bleibt; es ist also nicht bloß "dinglich beschreibend". Es wird dadurch szenischer, geschehnishafter, ein Ereignis.
Und das ist (denke ich) entscheidend.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
die uhr-alten zeiten

Ja, das ist logisch straff zusammenhängend.

Hübsche Alliterationen, wie "zittern zeiger übers ziffernblatt".
beisewei: Es hat was für sich, daß du "ziffer[blue]n[/blue]blatt" schreibst, denn "zifferblatt" hat eine böse Konnotation: "Ich geb dir gleich eins auf Zifferblatt" sagen die Prolls in Köln. Und das wird durch die weichere Formulierung (mit dem Fugen-n) ausgeräumt.
(Natürlich kann man nicht auf alle Konnotationen Rücksicht nehmen.)
 
Hallo rogathe,
da ist Dir ein atmosphärisch unglaublich dichter Text gelungen.
Ein Geburtstagsgedicht einer ganz eigenen Art. Bin begeistert.
Gruß
Karl
 



 
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