die pest kommt durch die hintertür (gelöscht)

gareth

Mitglied
Hallo Walther, nur ein kleiner inhaltlicher Hinweis.

die pest kommt durch die hintertür
ach blieb sie dort die pest
wenn man herein sie lässt
dann kann die gute nichts dafür


Eigentlich verweist die dritte Zeile darauf, dass die Pest noch nicht im Haus ist. Folgerichtiger wäre dementsprechend als erste Zeile bzw. Titel

die Pest steht vor der Hintertür

Auch die Zeile

ach blieb sie dort die pest

beschriebe dann einen klaren Ort.

Man kann vermutlich darüber streiten. Ich wollte es aber gesagt haben.

Grüße
gareth
 

Walther

Mitglied
hi gareth,

das kann man mit berechtigung so verstehen. daher habe ich im folgevers das "dort" zu "fort" geändert. damit sollte das entdeckte bezugsproblem beseitigt sein.

vielen dank für diesen klugen hinweis!!! man wird eben manchmal betriebsblind, wenn man am eigenen text rumschraubt...

lg w.
 

gareth

Mitglied
Hallo Walther,
erfreulich, wenn man einen sinnvollen Beitrag leisten kann.
Du hast es glaube ich jetzt besser gelöst.

Grüße gareth
 

Walther

Mitglied
hi gareth,

ohne hilfe geht es nicht. :) wie gefällt dir dieser text sonst so? irgendwelche weiteren ideen?

danke und lg w.
 

gareth

Mitglied
Hallo Walther,

Es fällt mir gar nicht so leicht, Dein Gedicht zu kommentieren, ich will aber doch versuchen, es zu begreifen.

Es beschreibt das Wesen der Pest und, aus einer sehr distanzierten und unbeteiligten Position heraus, ihren gnadenlosen Verlauf.

Wie alle Infektionskrankheiten, ist die Pest selbst (also die Erreger) unschuldig. Sie geht einfach ihrem Wesen nach und es gibt praktisch kein Mittel, sie aufzuhalten. So verstehe ich Dein Bild der Hintertür. Ein gewisser Widerspruch ergibt sich so für mich allerdings aus:

wenn man herein sie lässt

da das ja niemand willentlich tut.

In den folgenden drei Strophen beschreibst Du die sich steigernden körperlichen Folgen.

In der zweiten Strophe das Entstehen und Anschwellen der Beulen und die Atemnot. Sie schließt mit dem recht kühl formulierten, eigentlich schon saloppen Hinweis auf die Unausweichlichkeit des Todes:

& mit dem sterben klappts bald auch

In der dritten Strophe folgt die Wirkungslosigkeit der Hilfsmaßnahmen:

die stirne trägt den schweiß
mit stolz der kopf er platzt ganz heiß
die Wickel solln doch kühlen


und in der vierten und letzten Strophe folgt dann der Eintritt des Todes mit dem abschließenden Hinweis: dann öffnet sich der steiß.

Lieber Walther, wenn es Dir darum geht, die Hoffnungslosigkeit einer solchen Erkrankung darzustellen und die Sinnlosigkeit allen Abwehr- und Schutzbemühens, dann ist Dir das auf eine gewisse Weise geglückt.

Der innere Abstand aber, mit dem Du das machst, überwiegend rein beschreibend und fast unbeteiligt, ist nicht leicht zu ertragen. Der Ersatz von und durch & - Zeichen verstärkt diesen Eindruck noch.

Ein großes Thema, die Pest. Der reine Blick auf die Wirkung lässt mich erst einmal irgendwie unbefriedigt zurück.

Soweit mein erster Eindruck.

Grüße
gareth
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die erste und direkte Ebene wurde schon sehr gut beschrieben.
Lyrik enthält aber stets auch eine weitere Ebene, die verschlüsselt wird.
Der Schlüssel mag vom Schreiber nicht mal gesehen werden.
In unserem Fall ist es eine gesellschaftliche Seite.
Nicht umsonst sprach man von "brauner Pest".

Hier ist es nicht unbedingt "braune Pest", sondern die Ideologie von Hass und Zerstörung jeder Art, die mit der Vernichtung der Menschheit oder der Gesellschaft enden kann.
 

Walther

Mitglied
lb. gareth, lb. bernd,

die pest ist als metapher für den tod aus der pestzeit bekannt. ich habe versucht, eine schleife zu ziehen, eine bogen für dieses bild in die gegenwart zu spannen. natürlich ist das wort "pest" auch als allgemeine bezeichnung für jede art von seuche zu sehen - sei dies die "braune" pest, sei es aids, sei es der sars oder der vogelgrippe virus.

der tod wird hier bewußt lakonisch beschrieben. es gibt keinen ausweg. irgendwann trifft uns die finale inkontinenz, und der schließmuskel öffnet sich ein letztes mal. wir wollen das nur nicht wahrhaben.

die istzeit ist leider bar des trosts. wir wissen, daß das paradies eine höchst spekulative angelegenheit (geworden) ist. die renaissance hat das memento mori anders be-/gesungen. heute ist die realität, wie sie ist. sich darum zu betrügen, die endlichkeit in ihrer stählernen härte, ihrer unabweisbaren unausweichlichkeit, auszublenden, ist nichts als verleugnung der endlichkeit und fromme, eitle selbstlüge.

auch das hat dieses gedicht zu thema: der tod IST teil des lebens. und wie bei der pest hätten wir's gerne, wenn er auf dauer vor der tür bliebe, anstatt sich über die hintertür einfach ins leben zu schleichen.

lg w.
 
G

gitano

Gast
Hallo Walther
Auch wenn ich dazu neige, manche Texte von Autoren wegen ähnlichen Interessen eher wohlwollend anzuschauen...

Diesen Text erscheint mir sehr verunglückt.
Ich stimme einigen Aussagen von gareth erstem Kommentar zu.

Nach meiner Auffassung erschließen sich gute Texte auch ohne weitschweifende Autorerklärungen...besonders Sonette oder sonettoide Formen. Wo kein Inhalt ist werde ich auch keinen hineinspekulieren. es gibt in diesem Text für mich keinen Anklang auf eine "übertragende" parallel laufende Bedeutungsebene.

Inhaltlich eindimensional
erzählend,aufzählend statt reflektierend /disputierend /explorierend
innere Distanz, zuschauende Kühle
unklare LYRich Haltung
unklare Kontur des LyrICH

sprachlich:
Zwangsrhythmisierungen durch Zufügungen oder Weglassungen von Silben:
die stirne
die wickel solln
& mit dem sterben klappts

nebst Inversionen:
wenn man herein sie lässt

und fast ausschließlich einsilbige Reime die häufig herbeigezerrt wirken:
"Reim Dich oder ich würg Dich"

die Conclusio gibt es nicht
und wer in der letzten zeile ein Resümèe erwartet findet nur eine sehr dürftige Bemerkung die ihren pseudowitz keinesfalls aus dem vorangegangenem Text herleiten könnte

und wo sind denn bitte Gedankengänge...Exploration, Disput, Exkurs und Conclusio?
...dies dürfen wir doch erwarten - in einem Text, der zumindest grafisch als sonettoide Form aufbereitet ist.
(des Kaisers neue Kleider?)

klangkonzept? und Sprachqualitäten / -innovationen?
Originalität?
die seichte des Pathos ist leider kaum zu toppen.
das Problem sind nicht die variierten Versmaße!

es gibt einen Inhalt und für Aufzählungen und distanzierende Beschreibung ist diese Form einfach völlig verfehlt

und erstaunlich, daß Dir dies hier niemand längst klar dargelegt hat.

manche Texte sind halt eben Rohrkrepierer ...was sollts...kann nich tjeder Text gelingen.

DIES IST KEIN VERRISS!
sondern das wertvollste was ich als Sonettliebhaber / Lyrikfreund hier zu bieten habe:
ne ehrliche und ungeglättete Meinung

wer diese Meinung anders sehen möchte:
ich kann ihn daran nicht hindern

Tip an Dich Walther:
Halte Dich mit solchen Texten an Kritiker die solche Formen auch kennen ...da haben wir alle einen Lerneffekt davon!
...und für diesen Text ganz speziell: er ist kein Ruhmesblatt, ich würde ihn löschen.

nun noch Grüße und ein kollegiales Schulterklopfen aus dem Taunusgebirge :)
gitano
 

Walther

Mitglied
lb gitano,

es ist ein verriß, und das ist gut so. nicht alles, was geschrieben wird, muß man mögen bzw. gelungen finden. allerdings ist die kritik von gareth in eine andere zielrichtung gehend. du beschäftigst dich hingegen mit formalia. das inhaltliche kommt in deiner kritik, die aus deiner sicht durchaus berechtigt ist, außer in einer ab-/bewertenden formulierung nicht vor, die begründungslos bleibt.

eine erklärung des texts war nicht nötig. sie wurde geliefert, weil metaphorische selbstverständlichkeiten in der ersten kritik nicht erkannt wurden. das problem ist durch die rückmeldung von bernd und die klarstellung von mir geklärt. gareth hat den hinweis von bernd akzeptiert. zu meiner anmerkung habe ich bisher keine antwort im faden, sie kommt aber vielleicht noch. daher zieht dieses argument nicht.

am ende zielt deine kritik auf die gewählte sprache und form, mit der inhalt dargestellt wurde. ich werde dir jetzt eine frühere version, die aus nachvollziehbaren gründen in die jetzige verändert wurde, präsentieren:
die pest kommt durch die hintertür
ach blieb sie fort die pest
wenn man herein sie lässt
dann kann die gute nichts dafür

es schwillen beulen & der bauch
der atem geht so schwer
der arme rasselt sehr
& mit dem sterben klappt es auch

die stirn sie trägt den schweiß
mit stolz der kopf er platzt ganz heiß
die wickel sollen kühlen

man kann den tod schon fühlen
& wird im k(r)ampf die laken wühlen
dann öffnet sich der steiß
die obige version ist in ihrer flapsigen sprache noch lakonischer und schnoddriger, so wird das zynische, eiskalte des textes absichtsvoll verstärkt.

und natürlich hat dieser text eine klare synthese, die da lautet:
dann öffnet sich der steiß
ich sehe wenig von nicht-gelungen, dafür viel von akzeptablem und begründetem nicht-gut-finden. dazu hast du als leser mit dem guten fachlichen hintergrund alles recht und auch die pflicht, denn nur an solchen diskussionen können wir unsere schreibfähigkeit und unsere geschmacksnerven stählen.

alles liebe in das taunusgebirge! ;)

lg w.
 
G

gitano

Gast
Lieber Walther!
Deine Erläuterungsversuche in allen Ehren (viele hätten sich nicht die Mühe gemacht! dankeschön!):
aber weshalb sich der Steiß´(also der Steißbein nach einer Aufzählung von Symptomen einer Krankheit (Beulenpest?) öffnet, geht weder aus dem Inhalt noch aus der Form hervor.
mir fehlt hier die formübliche und ganz banale zwingende Logik

Weshalb Du die letzte Zeile Synthese nennst, ist mir im Lyriksinne - und erst recht im Sonettsinne - völlig schleierhaft! Da ist nach meiner Erkenntnis nix synthetisiert ...ginge auch kaum nach einer bloßen Aufzählung.

Warum ich inhaltlich nicht ausführlicher auf den Text eingehe, habe ich oben bereits klar geäußert:
Ich finde außer einer simplem Symptomaufzählung einer Erkrankung und einen merkwürdigen Pseudowitz keinen Inhalt!

Die Beziehungs- und Bekenntnislosigkkeit des LyrIch habe ich ebenfalls oben benannt. Die benutzten einfachen Benennungen haben für mich keinerlei literarischen Anspruch/Gehalt an Metaphorik.

Deine Vorversion hat nach meiner Auffassung die gleichen Schwächen.
Teilweise sind in Abschnitt 3 formulierungen ohne Punkt und Komma aneinandergeschrieben die mich doch sehr stutzen lassen:

Beispiel:

mit stolz der kopf er platzt ganz heiß
die wickel sollen kühlen

Das hat nix mit Moderne zu tun! Das ist einfach nur schlechtes Deutsch mit der Prämisse "Lyriksprache" dem lese untergeschoben.

Ich wundere mich, daß jemand der Sonette und anverwandte Formen so liebt, einen völlig daneben gegangenen Text auch gute Lyrikqualitäten zusprechen mag Ist das nicht Sache der Kritiker? oder proklamierst Du nun an diesem Text selbst die Qualität?
...mensch, warte doch mal ab!

...Deine Sache ...
ich hoffe einfach darauf dass dies nicht Dein neuer Standard ist/wird. Du kannst viel besser schreiben als dieses Zeilen.

Sinngemäß stimme ich Dir zu falls Du meintest:
Aufrichtige (wünschenswert auch kompetente) Kritik befördert unsere Reflexion zum Schreiben...manchmal auch die Qualität.

...sehr wünschenswert soetwas!

An meiner Meinung habe ich nix zu relativieren...da sie eben gerade heraus ist.

So sehr wie ich mich mit Sonettierern kollegial verbunden fühle (man liebt die gleichen Formen)
so sehr sehe ich diesen Text als nicht gelungen an....und was ist schlimm dabei??
NIX!

Ich weiß aber Deine Diskussionsbereitschaft sehr zu schätzen
- gebe mich aber keiner Illusion hin, daß Du meine Meinung teilen wirst. Ich mag Dich dahingehend auch nicht missionieren...
Egal jeder blamiert sich so gut er kann!
Als Kollege hatte ich ein Augenmerk darauf, dass so ein schlechter Text Deinem guten Vermögen nicht entspricht...

Aber auf Dein Bestehen hin, dass er doch gut sei...
da ist Endstation bei mir.
Nu musste Dich dann doch alleine Blamieren.


Also, lächeln mein Lieber!
Ich kommentiere Deine guten Texte viel lieber!

Tschirio!
gitano
 

HerbertH

Mitglied
Also für mich ist das klar:

Oft entleert sich der sterbende am schluss, weil keine muskelspannung mehr vorhanden ist: der steiß öffnet sich, das ist die elegante formulierung dafür.

In gewisser Weise "geht die Pest dann durch die Hintertür".
Der Kreis schliesst sich inhaltlich.

Sicherlich ist die Form nicht die eines klassischen Sonetts, aber für mich ist das Gedicht inhaltlich sehr stringent.

Ich weiss, dass nicht jeder sich mit allen stilistischen Facetten anfreunden kann, aber ich meine "man muss auch jönne könne". Denn der Reiz der Lyrik liegt in der Vielfalt, sowohl beim Schreiben als auch beim Lesen.

Liebe Grüße

Herbert
 

Walther

Mitglied
lb herbert,

besten dank dafür, daß du darauf hinweist, daß dieses gedicht ein sonett hat und in form eines kreises argumentiert. selbstredend ist die form experimentell, aber dennoch klar durchgezogen.
die pest kommt durch die hintertür
xXxXxXxX
ach blieb sie fort die pest
xXxXxX
wenn man herein sie lässt
xXxXxX
dann kann die gute nichts dafür
xXxXxXxX

die beulen schwilln es schwillt der bauch
xXxXxXxX
der atem geht so schwer
xXxXxX
der arme rasselt sehr
xXxXxX
& mit dem sterben klappts bald auch
xXxXxXxX

die stirne trägt den schweiß
xXxXxX
mit stolz der kopf er platzt ganz heiß
xXxXxXxX
die wickel solln doch kühlen
xXxXxXx

man kann den tod schon fühlen
xXxXxXx
& wird im k(r)ampf das bett zerwühlen
xXxXxXxXx
dann öffnet sich der steiß
xXxXxX
das ist eine kunstvoll ausgearbeitete und in sich schlüssige rhythmische form. niemand verlangt, daß sie gefällt.

ein gewisser respekt dem autor gegenüber wäre allerdings durchaus nicht unangebracht, meine ich. wie man der vorversion ansehen kann, hat der autor sich bei der aktuellen version etwas gedacht. die frage, die eigentlich zu diskutieren wäre, ist, wirkt der text wie gewünscht, wenn man ihn entsprechend vorträgt.

dazu habe ich bisher nichts gehört. und das spricht bände.

lg w.

lb. bernd,

das ist es ja gerade. allerdings scheint es so zu sein, daß man eine einmal gefaßte ansicht einfach nicht in frage stellen kann, weil einem dabei ein zacken aus der krone zu fallen scheint.

lg w.

lb. gitano,

ich weiß, daß du nicht verborgen wertest. durch deine, wie nicht nur ich meine, allerdings überzogene und verfehlte argumentation können sich allerdings dritte dazu bewogen gefüllt haben, oben entsprechend zu benoten. so ist das nun einmal. man nennt das: "die geister, die ich rief."

ich nehme anonyme und kommentarlose schlechtwertungen nicht sehr ernst, allerdings behalte ich mir vor, danach meine texte so verunstalteten texte zu löschen, wenn sie nicht durch andere wertungen korrgiert werden. niemand muß sich eine solche heckenschützenmanier gefallen lassen.

das darf der schlechtwerter, der sich nicht herauswagt, durchaus als meine antwort verstehen. ich habe das bereits einige mal gemacht in letzter zeit, und ich behalte mir das auch bei diesem text vor.

ich lösche übrigens auch schlecht bewertete texte, wenn sie kommentiert sind, wenn ich kommentar und wertung nicht akzeptiere, sie aber des niveaus wegen nicht zu diskutieren gedenke.

lg w.
 



 
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