Ji Rina
Mitglied
Im Supermarkt hatte ich ein paar Sachen eingekauft: Ein Päckchen Kaffee, Milch, drei Brötchen, Butter …Kurz darauf stand ich in der Schlange an der Kasse und wollte bezahlen.
>Sechs Euro fünfzig<, sagte die Kassiererin.
>Und bitte noch eine Plastiktüte!<
>Zehn Cent.<
Wortlos warf sie mir die Tüte hin und ich begann meine Sachen einzupacken. Der Mann hinter mir starrte mich an. Hatte er es eilig?
>Wieso fragen Sie nach einer Plastiktüte?<, sagte er. Ich warf ihm einen erstaunten Blick zu. War er plemplem?
>Na ja, um die Sachen einzupacken …<
>Um die Sachen einzupacken? In einer Plastiktüte? Wie kommen Sie darauf, die Sachen in eine Plastiktüte zu packen?<
>Ja. Wie kommen Sie darauf?<, fragte eine andere Frau neben ihm, deren Kopf mit Hütchen aus der Schlange lugte.
>Ich habe nichts mit, und irgendwo muss ich die Sachen ja schließlich einpacken, oder?<
Eine kleine, runde Frau mit Löckchen drängte sich zur Seite. >Ist ihnen denn noch immer nicht klar, dass die Welt im Plastik erstickt?<
Ich rang nach Luft.
>Die Plastiktüten sind ja da! Sie stehen zur Verfügung!<, sagte ich und blickte alle der Reihe nach an.
Ein großer Hagerer mit Nickelbrille schimpfte laut aus der Schlange:
>Was heißt: die Plastiktüten stehen zur Verfügung? Was steht uns nicht alles zur Verfügung? Drogen, Alkohol, Nikotin, Waffen! Das ist doch nur eine Ausrede! Haben Sie mal ans Umdenken gedacht? Nein sagen? Nein zu alldem, was uns zur Verfügung steht?<
>Ja, da haben Sie wohl recht<, sagte ich. >Denn wenns nur noch Brot und Käse gäbe, würde ich nur noch Brot und Käse kaufen. Aber schauen Sie sich doch mal hier um: Zwanzig Sorten Marmelade, zwanzig Sorten Käse, Fisch, Fleisch, Brot, Saucen bis zum Abwinken …<
>Darum geht es doch gar nicht!<, herrschte mich der mit der Nickelbrille an, >es geht um die PLASTIKTÜTE!, um PLASTIK! Kapieren Sie das nicht?<
>Ich kapiere es!<, gab ich zurück, >aber auch die Plastiktüten stehen zur Verfügung!<
>Aha! Haben Sie schon mal etwas von Greta gehört?<, fragte der mit der Nickelbrille höhnisch, >Die ist siebzehn Jahre alt und hat mehr Grips im Kopf als …<
>Ein Hoch auf Greta!<, rief ich, >aber zu meiner Zeit gab es nur einen Schwarz-Weiß-Fernseher und keine Ein-Meter-mal-ein-Meter-Flachbildschirme mit hundert Kanälen. Es gab normale Autos, die nicht wie Panzer aussahen. Zuhause hatten wir ein normales Telefon, das zwei Generationen lang auf dem- selben Tischlein stand, und kein piepsendes Handy, das man mit aufs Klo nimmt! Die Wäsche wuschen wir noch im Waschhaus, weil wir keine Waschmaschine hatten. Im Waschhaus, verstehen Sie? Da rubbelten wir die Laken in Seife ein und sangen dabei Lieder! Man ging ins Geschäft, um ein Stück Brot und ein Stück Käse zu kaufen, und nicht um sich durch drei kilometerlange Einkaufszentren zu kämpfen, um nach Balsamicoessig oder Kaviarperlen zu suchen! Wir schrieben noch Briefe und schickten uns nicht hundert smileys am Tag und Whatsapps um dem anderen zu sagen, dass wir gerade gepupst haben. Und wissen Sie was? Wir waren glücklich!<
>Könnten wir jetzt hier bitte weitermachen?<, fragte die Kassiererin genervt.
>Sie wollen doch nur Ihre Plastiktüte rechtfertigen!<, meckerte der mit der Nickelbrille.
>Was ist denn da vorne los?<, fragte jemand am Ende der Schlange.
>Sie hat nach einer Plastiktüte gefragt!<, murmelte einer, >unfassbar!<
>Leute wie Sie sind die Schuldigen!< schrie ein alter Mann auf der anderen Seite der Kasse und stieß plötzlich seinen Gehstock in die Luft.
>Ja! Das sind sie! Die Schuldigen!<, riefen nun alle und rückten bedrohlich auf mich zu. Die Kassiererin stützte ihren Kopf in die Hände und murmelte was. Ich sagte nichts, und dachte, ich sei im falschen Film. Ich nahm meine Tüte und lief Richtung Ausgang, aber da hatte mich die kleine, runde schon eingeholt und stellte sich quer.
>Mo-ment! Wo wollen Sie hin?<
Ich drängte mich an ihr vorbei, lief auf die Straße, gefolgt von der Meute. Sie rannten hinter mir her und schrien:
>Sie hat eine Plastktüte!<
Passanten blieben stehen, drehten sich nach mir um und kurz darauf war eine riesen Menschenmenge auf meinen Fersen. Ich rannte in eine Seitenstraße, stolperte gegen ein Fahrrad, fand aber wieder Halt und rannte weiter. Doch plötzlich kam mir der Mob von der anderen Seite entgegen und ich war gefangen.
>Sünderin!<, schrie jemand. >Umweltverschmutzer! Jagt sie! Jagt sie! Jagt sie!<, brüllten alle im Chor.
Der mit der Nickelbrille rannte frontal auf mich zu und warf mich zu Boden, dann hielt er meinen Kopf mit seinem Stiefel in Schach. Mehr als dreißig Leute standen um mich herum und starrten mich wutentbrannt an.
>Okay! Okay!<, hechelte ich nach Luft ringend. >Ihr habt Recht!<
Der Druck des Stiefels ließ langsam nach. Alle schwiegen und beobachteten mich misstrauisch, wie ich mich aufrichtete und meine Kleider zurechtzupfte.
Ich nahm die Tüte, sammelte mein Zeugs wieder zusammen und ging, gefolgt von der Meute, zurück in den Laden.
>Bitte nehmen Sie die Tüte zurück<, sagte ich.
Die Verkäuferin rollte mit den Augen.
>Das kann ich nicht. Sie ist ja schon benutzt!<
>Dann lass ich sie hier liegen!<
>Die Zehn Cent kann ich Ihnen aber nicht zurückgeben!<
Ich warf ihr die Tüte vor die Nase, nahm mein Zeugs auf den Arm und verließ den Laden.
>Sechs Euro fünfzig<, sagte die Kassiererin.
>Und bitte noch eine Plastiktüte!<
>Zehn Cent.<
Wortlos warf sie mir die Tüte hin und ich begann meine Sachen einzupacken. Der Mann hinter mir starrte mich an. Hatte er es eilig?
>Wieso fragen Sie nach einer Plastiktüte?<, sagte er. Ich warf ihm einen erstaunten Blick zu. War er plemplem?
>Na ja, um die Sachen einzupacken …<
>Um die Sachen einzupacken? In einer Plastiktüte? Wie kommen Sie darauf, die Sachen in eine Plastiktüte zu packen?<
>Ja. Wie kommen Sie darauf?<, fragte eine andere Frau neben ihm, deren Kopf mit Hütchen aus der Schlange lugte.
>Ich habe nichts mit, und irgendwo muss ich die Sachen ja schließlich einpacken, oder?<
Eine kleine, runde Frau mit Löckchen drängte sich zur Seite. >Ist ihnen denn noch immer nicht klar, dass die Welt im Plastik erstickt?<
Ich rang nach Luft.
>Die Plastiktüten sind ja da! Sie stehen zur Verfügung!<, sagte ich und blickte alle der Reihe nach an.
Ein großer Hagerer mit Nickelbrille schimpfte laut aus der Schlange:
>Was heißt: die Plastiktüten stehen zur Verfügung? Was steht uns nicht alles zur Verfügung? Drogen, Alkohol, Nikotin, Waffen! Das ist doch nur eine Ausrede! Haben Sie mal ans Umdenken gedacht? Nein sagen? Nein zu alldem, was uns zur Verfügung steht?<
>Ja, da haben Sie wohl recht<, sagte ich. >Denn wenns nur noch Brot und Käse gäbe, würde ich nur noch Brot und Käse kaufen. Aber schauen Sie sich doch mal hier um: Zwanzig Sorten Marmelade, zwanzig Sorten Käse, Fisch, Fleisch, Brot, Saucen bis zum Abwinken …<
>Darum geht es doch gar nicht!<, herrschte mich der mit der Nickelbrille an, >es geht um die PLASTIKTÜTE!, um PLASTIK! Kapieren Sie das nicht?<
>Ich kapiere es!<, gab ich zurück, >aber auch die Plastiktüten stehen zur Verfügung!<
>Aha! Haben Sie schon mal etwas von Greta gehört?<, fragte der mit der Nickelbrille höhnisch, >Die ist siebzehn Jahre alt und hat mehr Grips im Kopf als …<
>Ein Hoch auf Greta!<, rief ich, >aber zu meiner Zeit gab es nur einen Schwarz-Weiß-Fernseher und keine Ein-Meter-mal-ein-Meter-Flachbildschirme mit hundert Kanälen. Es gab normale Autos, die nicht wie Panzer aussahen. Zuhause hatten wir ein normales Telefon, das zwei Generationen lang auf dem- selben Tischlein stand, und kein piepsendes Handy, das man mit aufs Klo nimmt! Die Wäsche wuschen wir noch im Waschhaus, weil wir keine Waschmaschine hatten. Im Waschhaus, verstehen Sie? Da rubbelten wir die Laken in Seife ein und sangen dabei Lieder! Man ging ins Geschäft, um ein Stück Brot und ein Stück Käse zu kaufen, und nicht um sich durch drei kilometerlange Einkaufszentren zu kämpfen, um nach Balsamicoessig oder Kaviarperlen zu suchen! Wir schrieben noch Briefe und schickten uns nicht hundert smileys am Tag und Whatsapps um dem anderen zu sagen, dass wir gerade gepupst haben. Und wissen Sie was? Wir waren glücklich!<
>Könnten wir jetzt hier bitte weitermachen?<, fragte die Kassiererin genervt.
>Sie wollen doch nur Ihre Plastiktüte rechtfertigen!<, meckerte der mit der Nickelbrille.
>Was ist denn da vorne los?<, fragte jemand am Ende der Schlange.
>Sie hat nach einer Plastiktüte gefragt!<, murmelte einer, >unfassbar!<
>Leute wie Sie sind die Schuldigen!< schrie ein alter Mann auf der anderen Seite der Kasse und stieß plötzlich seinen Gehstock in die Luft.
>Ja! Das sind sie! Die Schuldigen!<, riefen nun alle und rückten bedrohlich auf mich zu. Die Kassiererin stützte ihren Kopf in die Hände und murmelte was. Ich sagte nichts, und dachte, ich sei im falschen Film. Ich nahm meine Tüte und lief Richtung Ausgang, aber da hatte mich die kleine, runde schon eingeholt und stellte sich quer.
>Mo-ment! Wo wollen Sie hin?<
Ich drängte mich an ihr vorbei, lief auf die Straße, gefolgt von der Meute. Sie rannten hinter mir her und schrien:
>Sie hat eine Plastktüte!<
Passanten blieben stehen, drehten sich nach mir um und kurz darauf war eine riesen Menschenmenge auf meinen Fersen. Ich rannte in eine Seitenstraße, stolperte gegen ein Fahrrad, fand aber wieder Halt und rannte weiter. Doch plötzlich kam mir der Mob von der anderen Seite entgegen und ich war gefangen.
>Sünderin!<, schrie jemand. >Umweltverschmutzer! Jagt sie! Jagt sie! Jagt sie!<, brüllten alle im Chor.
Der mit der Nickelbrille rannte frontal auf mich zu und warf mich zu Boden, dann hielt er meinen Kopf mit seinem Stiefel in Schach. Mehr als dreißig Leute standen um mich herum und starrten mich wutentbrannt an.
>Okay! Okay!<, hechelte ich nach Luft ringend. >Ihr habt Recht!<
Der Druck des Stiefels ließ langsam nach. Alle schwiegen und beobachteten mich misstrauisch, wie ich mich aufrichtete und meine Kleider zurechtzupfte.
Ich nahm die Tüte, sammelte mein Zeugs wieder zusammen und ging, gefolgt von der Meute, zurück in den Laden.
>Bitte nehmen Sie die Tüte zurück<, sagte ich.
Die Verkäuferin rollte mit den Augen.
>Das kann ich nicht. Sie ist ja schon benutzt!<
>Dann lass ich sie hier liegen!<
>Die Zehn Cent kann ich Ihnen aber nicht zurückgeben!<
Ich warf ihr die Tüte vor die Nase, nahm mein Zeugs auf den Arm und verließ den Laden.
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: