Die Rache der Robben
"Seehunde retten 12jährigen Jungen - Am vergangenen Dienstag fiel ein 12jähriger Schüler in der Nähe der Nordseeinsel Wangerooge über Bord eines Ausflugsschiffes. Die Seehunde einer nahen Sandbank robbten daraufhin ins Wasser, offensichtlich um dem Jungen zu Hilfe zu eilen. Die Besatzung des Kutters zog den Verunglückten aus der kalten Nordsee." So stand es in der Zeitung. Aber so war es nicht.
Der Junge, er hieß Magnus Müller, galt als schwieriges Kind. Zuhause hatte er ständig Stress mit seiner alleinerziehenden Mutter. In der Schule war er unkonzentriert und störte oft den Unterricht. Wegen seiner schlechten schulischen Leistungen hatte er bereits ein Jahr wiederholt.
In der Vorbesprechung der Klassenfahrt wurde intensiv darüber diskutiert, ob man so einen 'Chaoten' überhaupt mit nach Wangerooge nehmen sollte. Doch die Klassenlehrerin sprach sich vehement dafür aus: "Gerade solche Kinder brauchen das Gemeinschaftserlebnis. Oft zeigen diese Schüler in der neuen Umgebung ein ganz anderes Gesicht."
Doch der befürchtete Ärger blieb nicht aus. Kurz nach dem Betreten der Fähre in Harlesiel versuchte er die Möwen Olga und Ottilie mit Brotstücken von ihren Holzpollern zu locken. Die Namen hatten diese direkt nach der Ankunft mit dem Bus von einem der Betreuer verpasst bekommen. Das große Schild mit der Aufschrift 'Möwen bitte nicht füttern' ignorierte er dabei vorsätzlich. Auf der Fahrt auf die Insel warf er den beiden Möwen, die offensichtlich beschlossen hatten, dem Schiff bis nach Wangerooge zu folgen, immer wieder Müll aus dem Mülleimer zu. Auch die Durchsage des Kapitäns beeindruckte ihn kaum.
Auf der Insel angekommen, saß er bereits in einem Waggon der Inselbahn, als die Klassenlehrerin noch verzweifelt versuchte, ihr Schützlinge zu zählen. Der von Olga und Ottilie begleitete Fußmarsch vom Bahnhof zur Jugendherberge verlief erstaunlicherweise ohne Zwischenfälle.
Dort angekommen verteilten sich die Kinder eigenmächtig schon mal auf die Zimmer, während die Betreuer noch mit der Organisation des Gepäcktransportes beschäftigt waren. Erstaunlicherweise klappte die Zimmerverteilung nahezu reibungslos, bis auf eine kleine Ausnahme. Magnus stand noch allein auf dem Flur. Und plötzlich hallte es durch das ganze Gebäude: "Magnus hat kein Zimmer, Magnus hat kein Zimmer,..". Kinder können sehr grausam sein.
Nachdem das Gepäck verteilt und alle Betten bezogen waren, folgte der erste gemeinsame Gang ans Wasser. Die Begeisterung war riesengroß. Der genehmigte Temperaturcheck mit den Füßen endete für einige mit komplett nasser Kleidung. Dadurch verlief die Rückkehr zum Heim etwas ungeordnet. Magnus nutzte die Situation, sich von der Gruppe abzusetzen. So kam es, dass er allein am Strand zurückblieb.
Fast direkt vor seinen Füßen spülte eine große Welle einen kleinen Heuler an. Seine Mutter hätte es sicher schnell wieder ins Wasser zurückgeholt. Aber Magnus nahm das erschöpfte Tier auf den Arm, schleppte es zu den Dünen und legte es im trockenen Sand ab. Beobachtet wurde er dabei nur von Olga und Ottilie. Diese machten zwar ein Riesenspektakel, konnten dem kleinen Seehund aber nicht helfen. Der Strandräumtrupp der Kurverwaltung fand das Tier am nächsten Morgen. Aber es war leider schon zu spät. Der kleine Heuler war bereits tot.
Nach einer anstrengenden Wattwanderung wurden am nächsten Abend Würstchen gegrillt. Magnus musste zunächst auf seinem Zimmer bleiben, weil er sich am Vorabend von der Gruppe abgesetzt hatte. Doch die Klassenlehrerin ließ sich in einem Gespräch noch einmal erweichen und begnadigte ihn. Olga und Ottilie saßen derweil oben auf dem Dach der Hausmeisterwohnung und beobachteten die Kinder. Magnus bekam die letzte Bratwurst auf seinen Pappteller serviert. Doch er hatte nicht lange Freude daran. Plötzlich setzte Olga zum Sturzflug an, schnappte sich die Wurst und flog unter den erstaunten Blicken der Kinder mit der Wurst davon.
Am nächsten Morgen stand ein besonderes Highlight der Klassenfahrt auf dem Programm, die Fahrt mit dem Krabbenkutter zu den Seehundbänken. Allerdings stand hier vor dem Vergnügen ein langer Fußmarsch zum Anleger. Vor allem bei Magnus ließ die anfängliche Begeisterung schnell nach. Er trödelte so langsam, dass er um ein Haar die Abfahrt verpasst hätte. Einigen Schülern fiel auf, dass die beiden Möwen auch schon am Hafen warteten.
Der Kapitän, er hieß August, ermahnte die Kinder, auf den Holzbänken am Rande des kleinen Schiffes sitzenzubleiben. Dann konnte es losgehen. Schon nach wenigen Minuten wurden auch die Netze zum Krabbenfang heruntergelassen. In der Hoffnung, etwas von dem erwarteten Fang abzubekommen, begleitete eine große Schar Möwen das Schiff. Darunter waren auch Olga und Ottilie.
Magnus hielt sich wieder einmal nicht an die Anweisungen. Er stellte sich ganz vorne auf die Bank und kletterte trotz der erneuten Durchsage des Kapitäns auf die untere Stange der Reling. Dann ging alles sehr schnell. Ottilie löste sich aus dem Möwenschwarm und stürzte sich direkt auf Magnus. Dieser verlor das Gleichgewicht und fiel ins Wasser. Genau in dem Moment robbten alle Seehunde der nahen Sandbank ins Wasser. Sie schwammen direkt auf den Kutter zu. Die Kinder aus dem Schiff bekamen einen großen Schrecken. Wollten sich die Robben den Jungen holen?
Auf dem Schiff reagierte der Assistent von August sehr schnell. Er warf einen Rettungsring ins Wasser. Glücklicherweise war Magnus ein guter Schwimmer. Er ergriff den Rettungsring und hielt sich krampfhaft daran fest. Kurz bevor die Seehunde das Schiff erreichten, zogen der Kapitän und sein Helfer mit vereinten Kräften den Jungen aus der kalten Nordsee.
"Seehunde retten 12jährigen Jungen - Am vergangenen Dienstag fiel ein 12jähriger Schüler in der Nähe der Nordseeinsel Wangerooge über Bord eines Ausflugsschiffes. Die Seehunde einer nahen Sandbank robbten daraufhin ins Wasser, offensichtlich um dem Jungen zu Hilfe zu eilen. Die Besatzung des Kutters zog den Verunglückten aus der kalten Nordsee." So stand es in der Zeitung. Aber so war es nicht.
Der Junge, er hieß Magnus Müller, galt als schwieriges Kind. Zuhause hatte er ständig Stress mit seiner alleinerziehenden Mutter. In der Schule war er unkonzentriert und störte oft den Unterricht. Wegen seiner schlechten schulischen Leistungen hatte er bereits ein Jahr wiederholt.
In der Vorbesprechung der Klassenfahrt wurde intensiv darüber diskutiert, ob man so einen 'Chaoten' überhaupt mit nach Wangerooge nehmen sollte. Doch die Klassenlehrerin sprach sich vehement dafür aus: "Gerade solche Kinder brauchen das Gemeinschaftserlebnis. Oft zeigen diese Schüler in der neuen Umgebung ein ganz anderes Gesicht."
Doch der befürchtete Ärger blieb nicht aus. Kurz nach dem Betreten der Fähre in Harlesiel versuchte er die Möwen Olga und Ottilie mit Brotstücken von ihren Holzpollern zu locken. Die Namen hatten diese direkt nach der Ankunft mit dem Bus von einem der Betreuer verpasst bekommen. Das große Schild mit der Aufschrift 'Möwen bitte nicht füttern' ignorierte er dabei vorsätzlich. Auf der Fahrt auf die Insel warf er den beiden Möwen, die offensichtlich beschlossen hatten, dem Schiff bis nach Wangerooge zu folgen, immer wieder Müll aus dem Mülleimer zu. Auch die Durchsage des Kapitäns beeindruckte ihn kaum.
Auf der Insel angekommen, saß er bereits in einem Waggon der Inselbahn, als die Klassenlehrerin noch verzweifelt versuchte, ihr Schützlinge zu zählen. Der von Olga und Ottilie begleitete Fußmarsch vom Bahnhof zur Jugendherberge verlief erstaunlicherweise ohne Zwischenfälle.
Dort angekommen verteilten sich die Kinder eigenmächtig schon mal auf die Zimmer, während die Betreuer noch mit der Organisation des Gepäcktransportes beschäftigt waren. Erstaunlicherweise klappte die Zimmerverteilung nahezu reibungslos, bis auf eine kleine Ausnahme. Magnus stand noch allein auf dem Flur. Und plötzlich hallte es durch das ganze Gebäude: "Magnus hat kein Zimmer, Magnus hat kein Zimmer,..". Kinder können sehr grausam sein.
Nachdem das Gepäck verteilt und alle Betten bezogen waren, folgte der erste gemeinsame Gang ans Wasser. Die Begeisterung war riesengroß. Der genehmigte Temperaturcheck mit den Füßen endete für einige mit komplett nasser Kleidung. Dadurch verlief die Rückkehr zum Heim etwas ungeordnet. Magnus nutzte die Situation, sich von der Gruppe abzusetzen. So kam es, dass er allein am Strand zurückblieb.
Fast direkt vor seinen Füßen spülte eine große Welle einen kleinen Heuler an. Seine Mutter hätte es sicher schnell wieder ins Wasser zurückgeholt. Aber Magnus nahm das erschöpfte Tier auf den Arm, schleppte es zu den Dünen und legte es im trockenen Sand ab. Beobachtet wurde er dabei nur von Olga und Ottilie. Diese machten zwar ein Riesenspektakel, konnten dem kleinen Seehund aber nicht helfen. Der Strandräumtrupp der Kurverwaltung fand das Tier am nächsten Morgen. Aber es war leider schon zu spät. Der kleine Heuler war bereits tot.
Nach einer anstrengenden Wattwanderung wurden am nächsten Abend Würstchen gegrillt. Magnus musste zunächst auf seinem Zimmer bleiben, weil er sich am Vorabend von der Gruppe abgesetzt hatte. Doch die Klassenlehrerin ließ sich in einem Gespräch noch einmal erweichen und begnadigte ihn. Olga und Ottilie saßen derweil oben auf dem Dach der Hausmeisterwohnung und beobachteten die Kinder. Magnus bekam die letzte Bratwurst auf seinen Pappteller serviert. Doch er hatte nicht lange Freude daran. Plötzlich setzte Olga zum Sturzflug an, schnappte sich die Wurst und flog unter den erstaunten Blicken der Kinder mit der Wurst davon.
Am nächsten Morgen stand ein besonderes Highlight der Klassenfahrt auf dem Programm, die Fahrt mit dem Krabbenkutter zu den Seehundbänken. Allerdings stand hier vor dem Vergnügen ein langer Fußmarsch zum Anleger. Vor allem bei Magnus ließ die anfängliche Begeisterung schnell nach. Er trödelte so langsam, dass er um ein Haar die Abfahrt verpasst hätte. Einigen Schülern fiel auf, dass die beiden Möwen auch schon am Hafen warteten.
Der Kapitän, er hieß August, ermahnte die Kinder, auf den Holzbänken am Rande des kleinen Schiffes sitzenzubleiben. Dann konnte es losgehen. Schon nach wenigen Minuten wurden auch die Netze zum Krabbenfang heruntergelassen. In der Hoffnung, etwas von dem erwarteten Fang abzubekommen, begleitete eine große Schar Möwen das Schiff. Darunter waren auch Olga und Ottilie.
Magnus hielt sich wieder einmal nicht an die Anweisungen. Er stellte sich ganz vorne auf die Bank und kletterte trotz der erneuten Durchsage des Kapitäns auf die untere Stange der Reling. Dann ging alles sehr schnell. Ottilie löste sich aus dem Möwenschwarm und stürzte sich direkt auf Magnus. Dieser verlor das Gleichgewicht und fiel ins Wasser. Genau in dem Moment robbten alle Seehunde der nahen Sandbank ins Wasser. Sie schwammen direkt auf den Kutter zu. Die Kinder aus dem Schiff bekamen einen großen Schrecken. Wollten sich die Robben den Jungen holen?
Auf dem Schiff reagierte der Assistent von August sehr schnell. Er warf einen Rettungsring ins Wasser. Glücklicherweise war Magnus ein guter Schwimmer. Er ergriff den Rettungsring und hielt sich krampfhaft daran fest. Kurz bevor die Seehunde das Schiff erreichten, zogen der Kapitän und sein Helfer mit vereinten Kräften den Jungen aus der kalten Nordsee.
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