Die Relativitätstheorie

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Ironbiber

Foren-Redakteur
Eine überarbeitete Fassung, die trotzdem kein Schwein versteht.

Heute möchte ich mal auf ein sehr komplexes Thema eingehen und beglückwünsche gleich mal alle, die Verständnisprobleme haben, denn sie stehen in einer Reihe mit Wissenschaftlern, die die Gleichungen von Albert Einstein zwar lesen und nachvollziehen können, über deren Konsequenzen aber immer zutiefst erschrocken reagieren.
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Als Hermine aus dem Stall kam, sagte sie zu Josef, ihrem Ehemann und Bauern: „Karla, die Sau ist schon relativ fett! Es ist an der Zeit, dass du sie stichst. Der Winter ist auch nicht mehr fern!“

Wir schreiben das Jahr 1680. Isaac Newton hatte gerade angefangen, sich mit den Begriffen Raum, Zeit und Gravitation, hervorgerufen durch den Einfluss von Materie, auseinanderzusetzen. Nachdem ihm der berühmte fallende Apfel im Garten die Augen geöffnet hatte, fing er an, das Ganze genauer zu untersuchen und seine Erkenntnisse den ignoranten wissenschaftlichen Honoratioren jener Zeit vorzustellen.

Das mit dem Apfel und seinem Plumps auf die Wiese ist historisch zwar nicht belegt, hört sich aber gut an. Es ist auch sehr anschaulich und für Pennäler im Physikunterricht das ultimative aha-Erlebnis. Das Gerücht, dass Isaac Newton auch die Katzenklappe erfunden haben soll, gehört dagegen in den Bereich der Sagen und Legenden, obschon dies keine naturwissenschaftliche Sensation gewesen wäre.

Wie auch immer - der Clinch mit den christlichen Dogmen des 17. Jahrhunderts und nicht zuletzt mit seiner eigenen Religiosität, war vorprogrammiert. Seine Vorstellung über die Zusammenhänge von Raum und Zeit passte einfach nicht in das strenge, vom Vatikan vorgegebenen Weltbild und stürzte ihn zeitweise in Selbstzweifel und Depressionen.

„Was heißt hier relativ fett? Die kann noch zulegen“, antwortete Josef und wetzte weiter unbeeindruckt seine Sense.

Ohne es zu wissen, hatte Hermine mit ihrer Wortwahl „relativ fett“ aber ein Phänomen beschrieben, das einen gewissen Albert Einstein zweihundert Jahre später auf einen Spitzenplatz in den Physiker-Charts katapultieren sollte.

Mit seiner allgemeinen und speziellen Relativitätstheorie legte er die theoretischen Grundlagen zum heutigen modernen Verständnis von Raum und Zeit in unserem Universum und erweiterte die Erkenntnisse von Isaac Newton grundlegend.

Hätten Hermine und Josef nur mal schon im 21. Jahrhundert gelebt, wäre ihnen sofort klar geworden, dass bei weiterer Gewichtszunahme ihres Hausschweins das Unausweichliche eintreten werde: Die stärkere Krümmung der Raumzeit im Saustall hätte den späteren Geschmack ihres Schinkens empfindlich beeinträchtigt.

Was bedeutet nun aber diese Zeit, die Karla dadurch geschenkt wurde, dass der Bauer sie noch nicht für schlachtreif hielt?

Mit dem Urknall wurden Materie, Raum und Zeit aus einer Anfangssingularität heraus geboren. Physiker reden davon, ohne zu wissen, wie dieser Zustand beschrieben werden kann.
Das Universum expandierte weiter und die Materie verteilte sich alsbald in Form von Planeten, Sternen und Galaxien.

Milliarden Jahre später hatte Schwein Karla dann auch das Glück ein wenig Zeit auf einem unbedeutenden Planeten, der um eine unbedeutende Sonne kreiste, verbringen zu dürfen. Sie bedankte sich durch freudiges Grunzen, suchte die heruntergefallenen Äpfel, die Newton auf der Wiese übersehen hatte, wühlte im Dreck und träumte von einem schicken Kerl mit speckiger Schwarte, der ihr auflauert und dem sie nach anfänglichem Zieren ins Schweinsöhrchen hauchen könnte: "Mach mir den Eber, Eberhard!".

„Dein Stündchen kommt auch noch!", rief ihr Hermine orakelnd hinterher und meinte damit im Sinne von Newton, dass die Zeit einen unumkehrbaren Richtungsvektor besitzt und eine nicht klar definierte Abfolge von Ereignissen hervorrufen wird.

Einstein war da schon etwas humaner und dachte bestimmt an Karla, als er die Zeit als Dimension einstufte und die Grenzen von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft streng von dem Bewegungszustand des Betrachters abhäng machte. Nach Einstein muss Karla die Zeit im Schweinsgalopp einfach ganz anders erleben können, als beim wohligen Suhlen auf dem Misthaufen.

Die gewonnene Frist bis zur Schlachtung eröffnet der armen Sau aber immerhin noch die Möglichkeit auszubüchsen und im Wald ein langes Leben mit Eberhard, ihrem ebenfalls entflohenen schweinischen Freier fristen zu können.

Aber es heißt ja nicht umsonst „Dummes Schwein“. Karla wird wohl, wie alle Schweine, geduldig warten, bis Josef mit dem Messer anrückt. Sie wird ihm beim Todesstoß auch noch treuherzig in die Augen schauen.

Hätte sie aber noch ein paar Milliarden Jahre Zeit, könnte sie unter Umständen erleben, wie Hermine und Josef von dem schwarzen Loch im Herzen unserer Galaxie über dessen Ereignishorizont gezogen und in die Singularität zurück gesaugt werden. Die Feldgleichungen der Relativitätstheorie sehen dieses Phänomen als eine Möglichkeit von vielen an, sind aber leider völlig ungeeignet, Karla beim Schmieden von Fluchtplänen zu helfen.

Die gerechte Strafe für Karlas Ableben durch das Messer des Bauern wird also kommen – aber erst in relativ ferner Zukunft. Niemand wird sich da mehr an ihr panisches Quicken im 17. Jahrhundert erinnern.
 

SanneZwei

Mitglied
Lieber Ironbiber,
zur "Relativitätstheorie" wollte ich schon lange einen Kommentar abgeben, und hier kommt er endlich.
Du schreibst "... eine überarbeitete Fassung, die trotzdem kein Schwein versteht".
Aber die Vergleiche mit der Sau Klara sind originell und urkomisch. Diese Sau scheint mir bestens dafür geeignet, die Relativitätstheorie auf ganz "schweinische" Art zu demonstrieren.
Ich hätte nur gerne noch mehr von diesen witzigen "Parallelen" zwischen der Sau, ihren Haltern und der Physik gelesen und wünschte mir als Einleitung eine kurze, ebenfalls witzige Erklärung der Relativitätstheorie für "Dummies".
Die Idee ist jedenfalls klasse!
Liebe Grüße
Susanne
 

Ironbiber

Foren-Redakteur
Hallo SanneZwei

Verspäteten Dank für Deine Antwort.

Ja das mit dem wissenschaflichen Humor ist leider so eine Sache. Ich habe da noch viele Ideen im Kopf und wäre auch gern bereit darüber zu schreiben. Derzeit spukt mir eine kleine Satire über die "TOE" (Theorie Of Everything) im Kopf rum. Aber die wird erst mal nach Fertigstellung in den Giftschrank verbannt. Ich habe gemerkt, dass der Durchschnittsleser hier sehr schnell abschaltet und das Büchlein zuschlägt, da er den Aussagen der Handlungen nicht mehr folgen kann. Das ist ein schmaler Grat, wo der eine sich köstlich amüsiert, und der andere nach dem zweiten Satz zu gähnen beginnt.

Es setzt halt voraus, dass sich der Leser schon mal mit den Begriffen Raum, Zeit und Materie beschäftigt hat. Aber wer hat das schon? Und wer kann von sich behaupten, die Einstein'schen und Planck'schen Formeln und alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben, auch zu verstehen?

Gruss vom Ironbiber
 

SanneZwei

Mitglied
Ich weiß, was du meinst, glaube allerdings, dass du mit deinem speziellen Know-how einen Trumpf im Ärmel hast. (Ich denke da an Dr. Eckart von Hirschhausen, der sein Fachwissen in einen gerade noch verständlichen Jargon verpackt und so auf die Schippe nimmt, dass man sich manchmal vor Lachen wegschmeißt.)
Und wann kommen schon, wie bei dir, naturwissenschaftliche Ausbildung, Sinn für Humor und schriftstellerisches Können zusammen? Selten!
Liebe Grüße
Susanne
 



 
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