Die Sache mit dem Garagentor

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Hagen

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Die Sache mit dem Garagentor

Seltsam, dass ich Erwin schon vor acht aus der Kneipe abholte.
„Ach Hagen, schön, dass du kommst! Hast du heute auch Rock n‘ Roll mit?“
„Aber sicher! Hier, eine CD mit the Beach Boys mit „Papa - Oom - Mow - Mow“, The Trashmen mit „Surfin Bird“, richtig schöne Trash-Musik, „The Martian Hop“ von den Ran-Dells, The Rock, „A Teens - Woo Hoo“, Kylie Minogue mit „The locomotion“ und Wanda Jackson – „Let's Have e Party!“
„Geil! Lass laufen! Die gleiche CD habe ich auch, konnte sie aber noch nicht hören.“
„Wieso dieses?“
Ich ließ mein Taxi anrollen, während Erwin erzählte:
„Da wollte ich doch endlich mal das Garagentor streichen, in Türkisgrün, RAL 6016 passend zum Rasen, hab‘ auch schon alles besorgt, da hat sich meine Frau eingemischt und wollte Weiß haben, wie die Nachbarn auch. Machen zwar alle, aber na gut, ich tausch die Farbe im Baumarkt um, bevor mir meine Frau wochenlang mit diesem Zeug in den Ohren liegt. Weiß, hochglänzend. Das war ihr auch nicht recht, sie wollte mehr „Elfenbein“ und seidenmatt. Elfenbein gibt‘s natürlich nicht, naja, sowas ähnliches, „Perlweiß“ oder „Elektroweiß“ jedenfalls RAL 1013, aber damit konnte sie gar nichts anfangen.“
„Wäre auch das erste Mal, dass eine Frau präzise Angaben macht.“
„In der Tat. Hauptsache die Farbe gefiel ihr endlich, ich wäre nämlich nicht ein drittes Mal zum Baumarkt gefahren, die Farbe umtauschen.“
„Eben! Richtige Männer tauschen nichts um! - Aber erzähl weiter!“
„Nun ja, ich habe mir meinen Radio mit CD-Spieler und ein paar Flaschen Bier geholt und das Stromkabel durch das Klofenster gelegt und mich richtig gefreut. Dann habe ich mir ein Bier aufgemacht und Musik gehört, genau diese CD, naja, angefangen.“
„Und? Ist doch geil. Zum Garagentor streichen gehören ein, zwei Bier. Ist doch logisch. Und richtig schöne Trash-Musik.“
„Eben! - Aber nicht für meine Frau! Die ist da anderer Ansicht! Sie hat erst mal das Stromkabel rausgezogen, weil sie nicht wusste, wofür das war, und dann kam sie mit einer Andrea Berg-CD an. Die sollte ich lieber hören, wegen der Nachbarn, was sollen die denn denken, wenn ich so eine Radaumusik spiele, überhaupt könnte ich doch viel besser arbeiten, wenn ich Ruhe hätte. - Und so viel Bier wäre auch nicht gut. Nix gegen ein Feierabendbier, aber ich wollte ja noch arbeiten und das geht nicht, wenn ich betrunken bin. Und überhaupt, son exotisches Bier! Kannst du nicht Wahrsteiner trinken, wie alle anderen Leute auch?“
Wir waren mittlerweile bei „Surfin Bird“ von den Trashmen, und Erwin sang mit, beziehungsweise er versuchte es, was ihm wegen des komplizierten Textes nicht so recht gelang, aber das war auch egal.
„Mensch, das Lied suche ich schon seit Ewigkeiten!“, sagte er anschließend, „noch blöder geht’s kaum, aber das ist das Schöne daran. - Nun ja, da habe ich also vorgestrichen und dann mindestens eine halbe Stunde gebraucht, meiner Frau klarzumachen, dass es sich noch nicht um den Endanstrich handelt, sondern lediglich um den Voranstrich.“
„Verstehe. Das kann schon nerven.“
„Na, das schönste kommt noch! - Ich fange also an zu streichen und meine Frau holt sich einen Gartenstuhl, setzt sich daneben und redet. Was ich denn von der neuen Frisur von Frau von Dingenskirchen hielt und dass es beim Supermarkt in der Nähe Koteletts im Sonderangebot gibt, da wollte sie hin, oder ob ich lieber Schnitzel wollte. Sie hat keine Antwort abgewartet sondern gesagt, dass ich an der und der Stelle zu dick gestrichen hätte. Ich gehe also mit dem trockenen Pinsel nochmal drüber, und sie erzählt mir einen davon, dass Farbe teuer ist, sie hätte sich die Kassenzettel mal angeguckt, in einem Baumarkt im Nachbarort hätte ich glatt einen Euro dreißig sparen können. - Man, man, man!“
„Frauen sind so. Dass man ein Mehrfaches an Sprit verfährt, beachten sie nicht. Und die Zeit schon gar nicht.“
„Eben! - Wo sie meinte, ich würde zu dünn streichen, ging ich also nochmal mit’n Pinsel drüber, dazwischen sollte ich entscheiden, ob wir die von Dingenskirchens oder die was weiß ich, an Wochenende zum Grillen einladen sollen.“
Erwin hätte bestimmt noch eine Weile so weiter gemacht, aber wir waren bei ihm Zuhause angekommen.
„Wieso“, fragte ich, „ist denn die Hälfte des Garagentors pikobello gestrichen, aber ein großer Kleks auf der anderes Hälfte?“
„Das“, sagte Erwin, „ist die Stelle, wo ich den Farbenpott an das Garagentor geknallt habe! - Aber es wird ja noch eine Weile hell sein, da werde ich in aller Ruhe zuende streichen, dabei „Surfin Bird“ hören und Bier trinken. Meine Frau ist nämlich ab Acht zu ihrem Strickclub!“


The Trashmen - Surfin Bird Live 1963.flv
 
Hallo Hagen,

meinen Respekt, und meinen Dank für die gelungene Unterhaltung.
Du hast die Beziehung zwischen Mann, Frau, Freund und good old Rock`n`Roll auf eine erfrischende Art beschrieben und mir den Abend verschönert.
Mach bitte weiter so.

Liebe Grüße. Rhondaly.
 

Hagen

Mitglied
Hallo Rhondaly,

danke dass Du dich mit meinem Text beschäftigt hast.
Ich hatte schon Angst, dass er fürchterlich verrissen wird, da es meistens Frauen sind, die in der LL beurteilen.
Aber ich möchte Dich bitten, mal ein wenig in den Tiefen der LL zu wühlen; - da findest Du bestimmt noch die eine oder andere Geschichte in diesem Stile.
Trotzdem werde ich so weitermachen; - ich kann einfach nicht anders.

Liebe Grüße
Yours Hagen

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nichts endet wie geplant
 



 
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