Die sonne stürzt

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Walther

Mitglied
Die sonne stürzt sich aus den blauen himmeln
& wird geboren in den gelben primeln
& in den oster glocken & den lilien
der bleiche mensch hat seine utensilien
um dieses strahlen mannhaft zu ertragen
die schwüle hitze stellt die lebens fragen
wie kann man klug am schicksal pfriemeln
vermeidet man das(s) toten glöckchen bimmeln
man steht & riecht an einer schönen rose
wie kommt man in die eng gespannte hose
des engels der da wie die rosen blüht
die sonne stürzt & unter der markise
sitzt lebens neben einer liebes krise
& selbst das lachen klingt schon ganz bemüht
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein mit Metaphern angereichertes Sonett, dass sich nicht ganz so leicht erschließt.
Ein Gedicht über das Leben und das Sterben, über Geburt und Vergänglichkeit, über Verflechtungen, die sich geradezu labyrinthisch geben, in deren Fängen man sich verirrt, verwirrt.
Mischung höchster und profaner Sprache mit Einmischung des Dialekts und der Dialektik.
Und wieder regnet es heute.
Wiederholung mag langweilig werden, und zum Schluss gar bemüht, wer immer strebend sich bemüht ...
Der Duft der Blumen.
Das Symbol der Rose, Liebessymbol, Sexsymbol.
Rose als Frau, als Liebesspiel, als Ort.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Herbert,
ich wollte zunächst einfach zustimmen.

Es kommt aber darauf an, wie weit man den Begriff fasst ...
Ist es noch an der Grenze oder schon draußen? Überlappt es sie?

Viele Grüße von Bernd

PS: Ein Petrarca-Sonett ist es sicher nicht. Jedoch ging die Entwicklung weiter. Ein Streitfall auf jeden Fall.

Ich bestehe nicht auf Schubladen.

Mir selbst erscheint es strukturell und inhaltlich dazu zu gehören, wenn auch das Reimschema eher selten ist und im Deutschen die Strophengliederung meist grafisch gezeigt wird ...
 

Walther

Mitglied
hi bernd,

zuerst lieben dank für deinen ausführlichen eintrag.

in der tat ist der text dialektisch, wobei die bemerkung herberts gleich mit beantwortet wurde. allerdings wird kein dialekt verwandt. vielmehr wird um den brei herumgeredet, der in v13 durchaus ans tageslicht kommt, obwohl er verschattet bleibt.

man könnte die thematik des texts durchaus "erosa" nennen. oder aber auch wieder nicht. aber es muß je durchaus nicht alles explizit sein.

insgesamt wird ein heißes thema behandelt. ;)

lg w.

lb. herbert,

deiner einschätzung muß ich deutlichst widersprechen. :D

lg w.

lb. bernd,

wer sprach denn von einem petrarca sonett? ;) der "beschrieb" die liebe. das tut dieses hier auch. und es gibt sogar eine quintessenz. wenn man das sonett aus der perspektive der nicht ganz offentsichtlichen bedeutungsebenen betrachtet.

die form mußte sich dem spiel, dem ringelreihen um ein wort, das schlüsselwort sozusagen, ein wenig beugen. aber nur ein wenig. denn umgreifend sind die reime schon. :)

man darf, denke ich, schon ein wenig experimentieren, wenn es einem guten zweck dient. wenn der zweck nicht erreicht wird, war das mit dem spielen ein griff ins klo. offen ist, ob man, wenn man es gewollt hätte, den sinn hätte erkennen können.

ich glaube das schon, und anderes feedback von anderer stelle zeigt das auch. ;)

danke nochmals, ihr beiden unermüdlichen kommentierer!

lg w.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Walther,
niemand hat gesagt es sei eines. Es war von mir lediglich eine rhetorische Figur, um zu sagen, dass es auch andere gibt und eine Weiterentwicklung der Form.

Ich kenne aber auch den Fall, dass nur die "klassischen" Formen akzeptiert werden - von einigen - und das vehement.

(Damit meine ich nicht Herbert - auch wenn er hier kein Sonett sieht.)
 

Walther

Mitglied
lb. bernd,

da hast du recht. :) allerdings gilt diese vorgabe für den sonettschreiber, der sich noch im übestadium befindet. denn so hat sie auch einen sinn. ;)

lg w.
 

wüstenrose

Mitglied
Hi Walther,
hab mal in deine jüngsten Sonette reingeguckt - und dieses hier wirkt am nachhaltigsten auf mich. Dort, wo du experimentierst und neue Wege suchst / gehst, tut sich Spannendes auf.
Nach mehrmaligem Lesen ist mir ein wenig schwindlig, als ob ich ein Glas zu viel gesoffen hätte. Das Gedicht bleibt uneindeutig, in der Schwebe; Kraft und Gegenkraft sind zu deuten und doch nicht recht zu greifen; die Atmosphäre will gar unheimlich werden, vage Gefühle der Angst stellen sich bei mir als Leser ein, unterschwellige Aggression (oder sexuelle Energie?) wirft Schatten - wow, ein mutiger Mix!
Und es gibt keine Auflösung, kein souveränes Drüberblicken - - - Auflösung höchstens in dem Sinne, dass Form und Inhalt der Auflösung entgegen streben.
Das (für mich) Verstörende gefällt mir gut!

lg wüstenrose
 

Walther

Mitglied
hi wüstenrose,

es erfreut, wenn solch ein text, der ein wenig die "grenzen" überschreitet, "gesehen" wird. inzwischen überlege ich, das posten in dieser rubrik faktisch komplett einzustellen. man erhält kaum feedback.

lg w.
 

HerbertH

Mitglied
Na gut, eine freie version einer festen form. :D

Ist doch das Reimschema eher

a A b b c c A a d d e f f e

Und inhaltlich lässt es sich eher in
Terzette und Duette
als Quartette und Terzette gliedern, wobei es da allerdings Interpretationsspielraum gibt.

Das heisst nicht, das mir das Gedicht nicht gefällt, im Gegenteil.


Liebe Grüße

Herbert
 

Walther

Mitglied
hi herbert,

aber sicher ist das ein text, der die form "weitet". aber manchmal darf man solche grenzgängereien machen. und muß das auch, weil in jedem dichter auch der sprachakrobat steckt, der ab und zu einfach nur ein wenig spielen will. solange hinten was lesbares rauskommt, sollte er das dürfen. :)

danke fürs diskutieren und interpretieren, kritisieren und richtigstellen! :)

lg w.
 



 
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