Die Stadtstreicherin

4,20 Stern(e) 17 Bewertungen

pablo

Mitglied
Liebe Astrid,

ich bin noch am Überlegen, ob der Sinn auch ohne die zwei Zeilen verständlich ist. Dann würde ich sie nämlich doch lieber rausnehmen. Gib mir bitte noch ein paar Tage Zeit.

Vielen Dank für dein Mitdenken.

Liebe Grüße
Pablo
 
B

Burana

Gast
Hallo Pablo,
ich hab Dein Gedicht nochmal gelesen, nachdem ich Astrid's Kommentar kenne. Hm, ja, ich würde die beiden Zeilen auch weglassen, weil sie mir (für die anderen kann ich nicht sprechen, aber ich denke, Astrid meinte das auch so?) die Möglichkeit nehmen, 'mein' Bild von ihrer Vergangenheit zu malen. Ob sie schon als Straßenkind ihre paar Kröten verdient, erbettelt oder zusammengeklaut hat, oder ob sie mal Managerin eines Großkonzerns war, der sie ohne Abfindung in Millionenhöhe entlassen hat, weil sie Toilettenpapier gemopst hatte, anstatt das Geld von Tausenden von Kleinaktionären in den Sand zu setzen.
Überlegs Dir, aber bleib Deinem Stil treu!
Liebe Grüße, Burana
 

Astrid

Mitglied
Hallo Pablo

genau das ist es, was Burana sagt: die Möglichkeit, dass ich mir selbst ein Bild von ihrer Vergangenheit mache.
Ich bin, ehrlich gesagt, ein wenig froh, dass ich verstanden wurde, mit dieser Reaktion habe ich auch nicht gerechnet, denn ich bin, was die Kommentare betrifft, eher noch ein Anfänger. Bisher habe ich oftmals nicht den Mut gehabt, weil ich dachte, ich kann mich nicht so gut ausdrücken oder komme dem anderen zu nahe...
Ich beginne aber langsam Freude daran zu entwickeln, denn ebenso freue ich mich ja auch über eine Reaktion und es schult auch. Also danke auch an Burana. Letztlich aber, lieber Pablo, muss ich noch mal Burana zustimmen: bleibe deinem Stil treu und nehme diese Zeilen nun nicht raus, bloß weil zwei Menschen das so sehen. Höre auf deinen Bauch und dein Herz, ich freue mich auf deine nächsten Gedichte.
Liebe Grüße Astrid
 

pablo

Mitglied
Liebe Burana und liebe Astrid,

ich habe die besagten Zeilen nun gelöscht und hoffe, dass euch das Gedicht jetzt noch besser gefällt.

Gruß
Pablo
 

Astrid

Mitglied
Hallo Pablo

es hat gewonnen. Und im nächsten Vers huscht ja auch ein scheues Lächeln über das welke Gesicht - also kann die Erinnerung an die Jugend keine schlechte sein. Als ich eben dein "neues" Gedicht las, entdeckte ich dieses Lächeln und mir war, als wäre es vorher durch die zwei von dir gestrichenen Zeilen verschluckt worden. Nun aber lächelte mich das Lächeln an und ich dachte - alles in Ordnung.
Und wenn es dir damit gut geht, denn wegen uns solltest du das ja nicht machen - will ich auch einfach mal danke sagen.
Noch ein schönes Wochenende.
Astrid
 

pablo

Mitglied
Liebe Burana, liebe Astrid,

ja, ich finde auch, dass das Gedicht ohne die beiden Zeilen noch besser geworden ist.

Vielen Dank nochmals für eure Hilfe.

Herzliche Grüße
Pablo
 
U

Urania

Gast
Lieber Pablo,

anrührend das Gedicht, anregend auch (in Bezug auf Denken und Nachdenken).
Heute Abend hör ich mal wieder "Streets of London".

Liebe Grü8e

Urania
 

malashon

Mitglied
Salut Pablo,

darf ich Dich fragen, weil ich es nicht verstehe, was die Einheit ist?

Zuerst das Rückwärtige, beinahe Biographische der ersten Strophe, die Situation der zweiten. Und dann? Eine Zukunft? Aber sie macht es doch schon länger so. Begleitest Du sie noch immer, als zu der Zeit, wenn Du sie sahst? Nimmt das Abspulen in ihren Augen die erste Strpohe wieder auf? Oder ist alles eine Impression. Bestimmt etwas aufgeschlüsselt und begründet, aber was bedeutet in diesem Fall die letzte Konklusion. Ein Schluß aus allem zuvor? Oder etwas ganz Neues, daß mir nun erklärt? Was ist ihr Königreich?

Oh Gott, es soll nicht so schlimm klingen, wie es hier steht. Das Gedicht ist schön. Nur wie?
 

pablo

Mitglied
Hallo Malashon,

natürlich darfst du fragen. Ich gebe dir gerne Auskunft, was die "Stadtstreicherin" betrifft.

Ihr "Königreich" ist die Straße, ihr einziges Zuhause.
Wir befinden uns in der Gegenwart. Zu viel Wein und alte Lieder, ließen jedoch heute die Erinnerung an eine bessere Zeit in ihr wieder auferstehen. Darum die verweinten Augen, in denen sich ihr Leid und Elend widerspiegelt. Für den einfühlsamen Betrachter spult sich in Sekundenschnelle ihr ganzes trauriges Leben darin ab. Ich hoffe, ich habe dir jetzt eine ausreichende Erklärung geliefert. Falls nicht, gehe ich gern explizit auf jedes Detail ein. Frag ruhig noch einmal nach, wenn dir etwas nicht einleuchtet.

Gruß
Pablo
 

pablo

Mitglied
Liebe Urania,

es freut mich, dass dich mein Gedicht berührt und zum Denken und Nachdenken anregt. "Streets of London" kannte ich zum Zeitpunkt des Entstehens der "Stadtstreicherin" noch nicht. Seit Nachtlichter mir den Text zugesandt hat, ist der Song zu meinem Lieblingslied geworden.

Sei herzlich bedankt für Kommentar und Bewertung.

Liebe Grüße
Pablo
 

anbas

Mitglied
Hallo Pablo,

ich habe bisher noch kein Gedicht in der LL so oft gelesen wie 'Die Stadtstreicherin'. Aber auch nach dem x-ten Mal bleibe ich mit sehr zwiespältigen Gefühlen zurück.

Ich finde, dass Du wunderbare Bilder entstehen läßt. Auch komme ich immer wieder in so eine leicht melancholische Stimmung, die ich sehr mag. So etwas erzeugen zu können, ist in meinen Augen wirklich etwas Kunstvolles. Aus diesem Blickwinkel betrachtet, ist Dir mit 'Die Stadtstreicherin' wirklich ein sehr schönes Gedicht gelungen.

Doch für mich gibt es ein 'Aber', das durchaus größer ist, als das berühmte 'Haar in der Suppe'. Jedes Mal, wenn ich das Gedicht gelesen habe, bleibt bei mir ein Nachgeschmack von Pathos auf der Zunge, der mir 'den Geschmack' ein wenig verdirbt. Vielleicht liegt es daran, dass ich beruflich viel mit diesen Menschen zu tun habe, und weiß, wie deren Welt wirklich aussieht. Vielleicht lese ich auch einen Pathos heraus, der gar nicht existiert, so dass ich regelmäßig beim Lesen etwas in den falschen Hals kriege. Ich weiß es nicht und habe mich daher bisher um einen Kommentar gedrückt. Aber ich finde das Gedicht dann wiederum zu gut, als dass ich es nicht kommentarlos irgendwann im Archiv verschwinden lassen möchte ;).

Liebe Grüße

Andreas
 

pablo

Mitglied
Lieber Andreas,

es ehrt mich, dass du dieses Gedicht so oft gelesen hast und dass es einen nachhaltigen Eindruck bei dir hinterlassen hat.

Pathetisch sollten die Zeilen nun wirklich nicht rüberkommen. Ich wollte vielmehr auf das Elend der Stadtstreicherin aufmerksam machen und dem Leser ein Bild des menschlichen Abstiegs vor Augen führen. Es ist die bedrückende Beschreibung einer gescheiterten Existenz. Düster und hoffnungslos!
Wer als Zepter den Krückstock und als Krone das Leid sein Eigen nennt, ist ganz tief unten angekommen und niemanden soll es nach einem Reich aus Straßensilber und Wermutgold verlangen, denn bitter ist das Land der Tränen, und auch die Erinnerungen an ihre Jugend und bessere Zeiten können die Asphaltfürstin nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für sie keinen Ausweg mehr gibt. Nur noch die zugige Bahnhofsnische wartet auf sie. Ich glaube, dass das für keinen von uns erstrebenswert scheint.

Wo also liegt das Pathos?

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Liebe Grüße
Pablo
 

vicell

Mitglied
... vielleicht in der Verklärung einer (wissen wirs?) glanzvolleren Vergangenheit - oder das "Leuchten der Augen", in denen sich "das Leben abspult", "Erfahrungsgeprägt" und "in Weisheit schimmernd" - so etwas in der Art käme einem Pathos m. E. ziemlich nahe.
Aber ich bin auch nicht der Meinung, dass Pathos in jedem Falle zu emotional oder aufgesetzt wirkt - es ist eben alles eine Frage der geschickten Handhabung.

Und diesem wunderbarem Gedicht tuen diese emotionalen Zeilen keinerlei Abbruch - die tiefe melancholisch lyrisch schimmernde Sprachwahl als Beschreibung einer düsteren, verlorenen Existenz hat mich als Leser sehr berührt.

Lieber Gruß,
vic
 



 
Oben Unten