DIE STETIGE
Ein Codeband quoll seitlich aus dem Gerät heraus. Mit einer raschen Bewegung riss er den Streifen sauber ab und steckte ihn in das Lesegerät neben der Tür.
Der Chef hatte Anspruch auf ein Einzelbüro. Auf der Milchglasscheibe stand:
DR. DANEEL FALASCA
Gerade Buchstaben, sorgfältig in das Glas geritzt. Und darunter:
MECHANICAL BRAIN COMPANY
Powell trat ein und sagte: „Sie wollten mich sprechen?“
Falasca blickte auf. Er trug eine Brille, die kaum von den krausen, nur mit Mühe gebändigten Haaren ablenkte. Und so wirkte er auf seltsame Weise wie ein Mitarbeiter aus der For-schungsabteilung, obwohl Falasca deutlich älter war als jene, die ihr Geld mit Experimenten verdienten, deren Zweck sie nicht kannten.
„Setzen Sie sich doch, Powell. Setzen Sie sich.“
Er nahm Platz und wartete.
„Sie wissen noch nicht, warum Sie hier sind, nehme ich an? Nun, Sie können es natürlich auch noch nicht wissen. ... Aber – sehen Sie sich dies hier an.“ Falasca schob ein Blatt Papier über den Tisch.
Die Stetige stand still.
Die dreißigtausend Jahre ihrer Existenz waren wertvoll gewesen. Ihre Bewegung gab den Rhythmus des Lebens vor, der gleichsam der Antrieb der Wissensevolution war.
Vor der Maschine wirkten Falasca und Powell wie Zwerge, obwohl nur der kleinste Teil der Apparatur sichtbar war. Der weitaus größere verbarg sich unter der Erde, unter diesem Ge-bäudekomplex – und unter vielen anderen menschlichen Bauten. Die ganze Stadt war eine einzige Differenzmaschine.
„Ich wusste, dass ich irgend jemanden in die ganze Angelegenheit einweihen muss, damit... damit unser komplexes System nicht zusammenbricht. Und da Sie derjenige sind, mit dem ich in den letzten Jahren die meiste Zeit zusammengearbeitet habe und ich wusste, dass Sie früher oder später die ganze Wahrheit erfahren würden...“
„Darum haben Sie mich ausgewählt.“
„Ja, Powell. Darum habe ich beschlossen, Ihnen jetzt alles zu erzählen, damit wir die Appa-ratur so schnell wie möglich wieder in Gang bringen können.“
Es war selten, dass Falasca das Wort „wir“ in einem solchen Zusammenhang ge-brauchte. Meist sagte er „ich mit Ihrer Assistenz“. Er betonte das Wort „ich“. Aber nun sah er ein, dass er nicht die Hauptverantwortung übernehmen konnte. Es würde nur funktionieren, wenn Powell hierbei sein gleichberechtigter Mitarbeiter sein würde.
Die Stetige bildete den Mittelpunkt der Existenz jener Menschen, die da draußen wa-ren. „Da draußen“, das bedeutete, ohne zu wissen, dass das „hier drinnen“ existiert. Und die, die „drinnen“ lebten, kannten kein „Draußen“.
Es hatte wirklich gut funkioniert. Es war perfekt. Die Menschen vor den Toren des wirklichen Lebens hatten es hingenommen, dreißig Jahre lang zu arbeiten, zu arbeiten, zu arbeiten – in der Hoffung auf eine bessere Zukunft. Und sie hatten sich nicht be-schwert. Sie wären nie darauf gekommen, sich zu beklagen, weil es niemanden gege-ben hatte, der sich ihrer Sorgen angenommen hätte. Sie waren alle gleich gewesen und waren zufrieden in ihrer Unwissenheit. Wenn man es nicht anders kennt – auch nicht aus Aufzeichungen aus der Vergangenheit, denn die war sorgfältigst vernichtet worden – war man in jedem Falle zufrieden. Die Zusätze in ihrem Trinkwasser, in ihren Le-bensmitteln, ja sogar in ihrer Luft, die sie atmeten, hatten sie noch gefügiger gemacht.
Diejenigen, die von dem lebten, was dort draußen erarbeitet wurde, waren ebenfalls zufrieden. Auch hier war sichergestellt, dass das System nicht an Menschen, die für die Gerechtigkeit kämpfen, zerbrechen kann. Wenn niemand vom Elend weiß, so wird es auch niemand bekämpfen wollen.
Im Grunde genommen war es einfach. Es war simpel, aber genial. Und die Hauptrolle lag bei der Stetigen. Der Computer, die Differenzmaschine, die scheinbar als Perpe-tuum mobile existierte. Für die Menschen, die im Kreise der Auserwählten leben durften, war es das Wunder, das es nicht geben durfte. Und für die Naiven, die ihr kur-zes Leben lang arbeiteten, war die Stetige das Symbol ihres Lebens.
Natürlich hatte es funktioniert. Es hatte wirklich gut funkioniert. Dreißigtausend Jahre lang.
Bis der Tag kam, an dem die Stetige stillstand.
Ein Codeband quoll seitlich aus dem Gerät heraus. Mit einer raschen Bewegung riss er den Streifen sauber ab und steckte ihn in das Lesegerät neben der Tür.
Der Chef hatte Anspruch auf ein Einzelbüro. Auf der Milchglasscheibe stand:
DR. DANEEL FALASCA
Gerade Buchstaben, sorgfältig in das Glas geritzt. Und darunter:
MECHANICAL BRAIN COMPANY
Powell trat ein und sagte: „Sie wollten mich sprechen?“
Falasca blickte auf. Er trug eine Brille, die kaum von den krausen, nur mit Mühe gebändigten Haaren ablenkte. Und so wirkte er auf seltsame Weise wie ein Mitarbeiter aus der For-schungsabteilung, obwohl Falasca deutlich älter war als jene, die ihr Geld mit Experimenten verdienten, deren Zweck sie nicht kannten.
„Setzen Sie sich doch, Powell. Setzen Sie sich.“
Er nahm Platz und wartete.
„Sie wissen noch nicht, warum Sie hier sind, nehme ich an? Nun, Sie können es natürlich auch noch nicht wissen. ... Aber – sehen Sie sich dies hier an.“ Falasca schob ein Blatt Papier über den Tisch.
Die Stetige stand still.
Die dreißigtausend Jahre ihrer Existenz waren wertvoll gewesen. Ihre Bewegung gab den Rhythmus des Lebens vor, der gleichsam der Antrieb der Wissensevolution war.
Vor der Maschine wirkten Falasca und Powell wie Zwerge, obwohl nur der kleinste Teil der Apparatur sichtbar war. Der weitaus größere verbarg sich unter der Erde, unter diesem Ge-bäudekomplex – und unter vielen anderen menschlichen Bauten. Die ganze Stadt war eine einzige Differenzmaschine.
„Ich wusste, dass ich irgend jemanden in die ganze Angelegenheit einweihen muss, damit... damit unser komplexes System nicht zusammenbricht. Und da Sie derjenige sind, mit dem ich in den letzten Jahren die meiste Zeit zusammengearbeitet habe und ich wusste, dass Sie früher oder später die ganze Wahrheit erfahren würden...“
„Darum haben Sie mich ausgewählt.“
„Ja, Powell. Darum habe ich beschlossen, Ihnen jetzt alles zu erzählen, damit wir die Appa-ratur so schnell wie möglich wieder in Gang bringen können.“
Es war selten, dass Falasca das Wort „wir“ in einem solchen Zusammenhang ge-brauchte. Meist sagte er „ich mit Ihrer Assistenz“. Er betonte das Wort „ich“. Aber nun sah er ein, dass er nicht die Hauptverantwortung übernehmen konnte. Es würde nur funktionieren, wenn Powell hierbei sein gleichberechtigter Mitarbeiter sein würde.
Die Stetige bildete den Mittelpunkt der Existenz jener Menschen, die da draußen wa-ren. „Da draußen“, das bedeutete, ohne zu wissen, dass das „hier drinnen“ existiert. Und die, die „drinnen“ lebten, kannten kein „Draußen“.
Es hatte wirklich gut funkioniert. Es war perfekt. Die Menschen vor den Toren des wirklichen Lebens hatten es hingenommen, dreißig Jahre lang zu arbeiten, zu arbeiten, zu arbeiten – in der Hoffung auf eine bessere Zukunft. Und sie hatten sich nicht be-schwert. Sie wären nie darauf gekommen, sich zu beklagen, weil es niemanden gege-ben hatte, der sich ihrer Sorgen angenommen hätte. Sie waren alle gleich gewesen und waren zufrieden in ihrer Unwissenheit. Wenn man es nicht anders kennt – auch nicht aus Aufzeichungen aus der Vergangenheit, denn die war sorgfältigst vernichtet worden – war man in jedem Falle zufrieden. Die Zusätze in ihrem Trinkwasser, in ihren Le-bensmitteln, ja sogar in ihrer Luft, die sie atmeten, hatten sie noch gefügiger gemacht.
Diejenigen, die von dem lebten, was dort draußen erarbeitet wurde, waren ebenfalls zufrieden. Auch hier war sichergestellt, dass das System nicht an Menschen, die für die Gerechtigkeit kämpfen, zerbrechen kann. Wenn niemand vom Elend weiß, so wird es auch niemand bekämpfen wollen.
Im Grunde genommen war es einfach. Es war simpel, aber genial. Und die Hauptrolle lag bei der Stetigen. Der Computer, die Differenzmaschine, die scheinbar als Perpe-tuum mobile existierte. Für die Menschen, die im Kreise der Auserwählten leben durften, war es das Wunder, das es nicht geben durfte. Und für die Naiven, die ihr kur-zes Leben lang arbeiteten, war die Stetige das Symbol ihres Lebens.
Natürlich hatte es funktioniert. Es hatte wirklich gut funkioniert. Dreißigtausend Jahre lang.
Bis der Tag kam, an dem die Stetige stillstand.