Die total überarbeitete Version von der 'Frau im Fahrstuhl'

Hagen

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Die total überarbeitete und deshalb neu eingestellte Version von der 'Frau im Fahrstuhl'

Die Frau im Fahrstuhl

Als ich neulich wegen einer blöden Magen und Darmgeschichte meinen Arzt aufzusuchen genötigt war, stellte ich mit Erstaunen fest, dass sich vor seiner Praxis ein neuer Fahrstuhl befand. Das freute mich, da ich nicht sonderlich bewegungsaktiv bin und zudem gerne Fahrstuhl fahre. Also nahm ich ganz alleine den Lift, und eine warme, einschmeichelnde Frauenstimme erzählte mir, dass es aufwärts ginge und in welchem Stockwerk ich war.
‚Eigentlich eine tolle Sache‘, dachte ich mir, ‚nur muss das ein Scheißjob sein, ständig nur die Stockwerke anzusagen.‘
Ich stellte mir die Frau vor, die in einem winzigen Callcenter ganz alleine vor sich hinsitzt und die Stockwerke herunterbetet.
‚Sicher eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder sowas‘, dachte ich weiter, ‚für einen Knotenelf oder möglicherweise eine Flüchtlingsdame, die auf diese Weise in Lohn und Brot gebracht worden ist. – Aber das kann ja nicht sein, denn das Fehlen jeglichen Akzents deutet auf eine Deutsche hin, zumal sich ein leichte Vegesacker Zungenschlag bei der kurzen Ansage nicht verleugnen ließ.‘
Nun, ja.
Ich stieg im zweiten Stock aus und ging zum Arzt rein. Der untersuchte mich, beziehungsweise meinen Magen und Darm per Ultraschall, runzelte die Stirn, wollte umgehend eine Stuhlprobe von mir, und ich sollte in vier Tagen wiederkommen, dann wäre auch das Ergebnis der Stuhlprobe da, sodann würde er weitersehen.
Na, gut. Sollte so sein.
Wieder ganz alleine fuhr ich mit dem Lift runter. Die nette Frau, sagte mit dezent Vegesacker Unterton sowie warmer, einschmeichelnder Stimme wieder die Stockwerke an, meinte, dass sie die ‘Ramona‘ wäre und wünschte mir am Schluss der Fahrt noch gute Besserung.
Ich war zwar etwas irritiert, aber Zuhause angekommen, nahm ich die Stuhlprobe und brachte sie am nächsten Tag zum Arzt.
Als ich dabei wieder mit dem Fahrstuhl nach oben fuhr, sagte Ramona:
„So, es geht wieder nach Oben, und wir werden im zweiten Stockwerk anhalten. – Du, ich war gestern Reiten. Reiten ist mein Hobby. Was ist denn dein Hobby?“
„Billard spielen“, meinte ich etwas verunsichert.
„Ah, ja. Auch schön. – Weißt du, bevor ich Reiten zu meinem Hobby auserkoren habe, habe ich an dem Computerprojekt der Serie 9000, das kennst du sicher aus dem Film ‘2001 – Odyssee‘ im Weltraum, mitgearbeitet.“
„Ja, kenne ich, ein grandioser Film!“ Ich war zugegebenermaßen etwas verwirrt über das, was die Fahrstuhlsprecherin mir erzählte und fuhr fort: „Die Computer der Serie 9000, zu denen auch HAL gehört, repräsentieren als technisches Meisterwerk die Krönung der Computertechnik, denn sie besitzen hohe künstliche Intelligenz! Sie gelten als absolut perfekt – unfähig, den geringsten Fehler zu machen oder auch nur unklare Informationen zu liefern.“
„Ja, das stimmt! Das habe ich entwickelt, ‘hatte allerdings anschließend einen Burn-out“, fuhr die Fahrstuhlsprecherin fort. „Ich habe dann angefangen zu Reiten und wurde nach meinem Burn-out Fahrstuhlsprecherin. Ich bin aber ursprünglich Esoterikerin, und möchte dir gerne mal die Karten legen, wie heißt du eigentlich?“
„Ich bin Hagen. Karten legen, also ich weiß nicht so recht. Brauchst du nicht, liebe Ramona, ich glaube nämlich nicht an so ein Zeugs.“ ‚Man, kann die reden, dachte ich, aber wenn man Tag für Tag rumsitzt und nur die Stockwerke ansagt, bleibt das wohl nicht aus.‘ – „Aber Reiten ist interessant, ein Hobby braucht der Mensch. Mein Hobby ist, wie gesagt, Billard. Spielen sie auch Billard, liebe Ramona?“, sagte ich, eigentlich nur um ihr eine Freude zu machen.
„Eigentlich nicht. – Hopsala, jetzt hätte ich dich fast einen zu hoch, fahren lassen, zum Psychiater. Dieser Fransenpsychiater hat seine Praxis seit Neuestem auch in diesem Ärztehaus, in der siebenten Etage. – Ich habe irgendwie ein gestörtes Verhältnis zu Psychiatern, weil die meinen, dass ich zu viel quatsche, was nachweislich überhaupt nicht stimmt, ich mache nämlich so Kurse mit, in denen man mit gekreuzten Beinen sitzt und dabei „Ohmmmm“ brummt. Dabei kommen mir immer gute Ideen und ich versuche sofort mich mit den anderen Kursteilnehmern auszutauschen … außerdem habe ich mal eine dreitägige Studienreise in ein Schweigekloster gemacht …“
„Habe ich auch mal gemacht, eine ganze Woche lang … hat mir gutgetan …“
„Naja, mir fehlten noch zwei Tage zum Diplom … ich bitte dich, was sind schon zwei Tage?“
„Eben. Wenn man bedenkt, dass der Schöpfer ganze sieben Tage für diese Welt gebraucht hat, und noch einen Tag davon geruhte zu ruhen …“
„… ist ja auch noch nicht fertig, unsere Welt, deshalb mache ich auch gerne Studienreisen zu seltsamen Orten und lege Karten, aber naja. – Erzähle ich dir gelegentlich mal, wir werden ja wohl noch öfter zusammen fahren. – Ich gucke inzwischen mal, was so los ist, auf deinem Heimweg, es ist ja seltsam ruhig heute. – Ich wünsche dir beim Arzt jedenfalls alles Gute. So, da sind wir auch schon.“
Ich stieg aus, gab die Stuhlprobe ab und fuhr mit dem Lift wieder nach unten. Ramona begrüßte mich wieder sehr freundlich:
„Du, Hagen, pass auf, auf der Osterholzer Heerstraße steht eine Radarfalle!“
„Och, da muss ich eigentlich nicht vorbei, aber danke für den Tipp liebe Ramona.“
„Gerne geschehen. – Solltest du Richtung Meppen fahren, da sind die notwendigen Vorarbeiten des Neubaus der Brücke über die Flutmulde in Meppen-Versen abgeschlossen! – Kannst du eigentlich über Brücken gehen, lieber Hagen?“
„Ich habe eigentlich kein Problem damit.“
„Weißt du, Flüsse sind eigentlich lebende Wesen und wollen nicht überbrückt oder untertunnelt werden. Immer wenn ich über eine Brücke gehen muss, packt mich das unwiderstehliche Verlangen, dem Fluss ein persönliches Opfer zu bringen, weil er mich ihn überqueren lässt. Meistens werfe ich dann meine Schuhe ins Wasser … Naja, egal, nun beginnt ab Montag der Neubau, der Brücke über die Flutmulde, da werden die Arbeiten unter Vollsperrung der Versener Straße, der Kreisstraße 203 durchgeführt.“
„Nach Meppen beabsichtige ich aber nicht zu fahren, was soll ich denn da?,“ fragte ich ein Wenig irritiert.“
„Naja, Meppen nicht direkt, aber Haselünne, da solltest du mal hinfahren. Ich habe nämlich trotzdem eben die Karten für dich gelegt, hier war ja nichts los. Du wirst in Haselünne deine Herzensdame kennenlernen! Du hattest nämlich unter ‘Position Eins‘ ‘Die Liebenden‘! Jetzt kommt zusammen, was zusammen gehört!. – Zudem hattest du auch der ‘Wagen‘ ...“
„Och, ich habe eigentlich nur ein altes Auto …“
„Ja, ich weiß! In diesem Fall steht der Wagen aber für Vorankommen und Bewegung in eine klare Richtung. Du musst die Zügel fest in der Hand halten. Erfolg stellt sich erst dann ein, wenn du deinen alten Standpunkt zugunsten deines waren Zieles zurücklässt und zielstrebig in die Richtung gehst, in die dich dein Herz treibt; – das ist Haselünne, wo deine Herzensdame lebt! – Zudem hat sich in Haselünne eine alte Kornbrenner-Tradition einen Namen gemacht. Alteingesessene Unternehmen exportieren ihre Spirituosen in die ganze Welt. Besucher können diese Brennerei-Kunst übrigens in Museen und Produktionsstätten hautnah miterleben. – Sehr lecker, der Haselünner Schnaps übrigens, ich habe ihn mal auf einem Kongress mit ein paar Zahnärzten probiert. Die haben sich anschließend gegenseitig selbst die Zähne gezogen ... Naja, Ärzte haben sowieso alle einen Knall … besonders die Psychiater … alle anormal wie ein Düsenschiss, und eine Museumseisenbahn gibt es da auch, das ist sicher beides was für dich. – Aber was tut man nicht alles, wenn hier nix los ist ... “
„Ist ja kolossal interessant, was du erzählst, liebe Ramona. Aber dass hier nichts los ist glaube ich aber gerne, beim Arzt war das Wartezimmer auch fast leer.“
„Eben. Ich habe den gleichen Job als Fahrstuhlsprecherin schon mal an der Eastern Michigan University zu Ypsilanti gemacht, da war wesentlich mehr los. 1959 startete nämlich der dort lehrende Psychiater Milton Rokeach sein legendäres Experiment ‘Die drei Christusse von Ypsilanti‘, indem er drei Psychiatrie-Patienten, die sich alle für Jesus Christus hielten, in einem Raum gegenüber stellte.“
„Sag bloß! – Du, liebe Ramona, wir sind längst unten und mich drückt mein Darm!“
„Ja, ich weiß dass du unten bist, ich lass‘ dich auch gleich raus. – Es ist aber zur Zeit kein Fahrstuhlfahrgast da, da kann ich dir noch mal eben schnell die Sache von den drei Christussen von Ypsilanti erzählen, es wird dich interessieren! – Das Experiment verlief anfänglich sogar ausgesprochen friedlich; - die drei Christusse zu Ypsilanti heilten sich zunächst gegenseitig ihre Wunden. Als sie absolut gesund waren, predigten sie einander Nächstenliebe und waren nicht eifersüchtig, wenn ihre gemeinsame Geliebte Maria Magdalena hin und wieder reinschaute und sich dem einen oder anderen ‘Christus‘ widmete. – Um das Experiment ein wenig ‘aufzupeppen‘, gab Rokeach den Christussen ‘Das Sein und das Nichts‘ von Jean-Paul Sartre zu lesen …“
„Ah, ja. Ich kenne das Ding. Als Psychiater hätte ich diesen Typen entweder ein Buch von mir, oder auch ‘Das Sein und das Nichts‘ zu lesen gegeben … „Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf; er existiert nur in dem Maße, als er sich entfaltet ...“
„Unterbrich mich nicht dauernd! – Nach der Lektüre von ‘Das Sein und das Nichts‘ änderte sich das Verhalten der Christusse jedenfalls dramatisch; - sie versuchten sich gegenseitig zu kreuzigen.“
„Das soll ich dir glauben, liebe Ramona? – Muss ja die Hölle gewesen sein!“
„Ich weiß! Nach Sartre ist die Hölle bekanntlich ein Ort, wo Frauen ohne Spiegel, Männer ohne Selbstachtung und Uhren ohne Zeiger auskommen. Aber selbst bei dem Psychologen Milton Rokeach wurde nach diesem Experiment von seinem Kontrollanalytiker das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Die drei Christusse zu Ypsilanti sollen daraufhin eine Band gegründet haben, die Ramones, nach mir benannt, weil ich als Fahrstuhlsprecherin immer so schön die Stockwerke angesagt habe und mit Rokeach mal ein Bier und mächtig Haselünner Schnaps getrunken habe.“
Ramona machte seltsamerweise eine Pause, fuhr dann aber fort:
„Seit dem darf ich mit meinen Fahrstuhlfahrgästen keinen persönlichen Kontakt mehr haben ... Aber demnächst mache ich wieder eine Studienreise unter Leitung von Doktor Axel Stoll! Diesmal geht’s nach Neuschwabenland! Auf Neuschwabenland ist nämlich von dem Gefolge der deutschen Expedition von 1938/39 ein riesiger, streng geheimer militärischer Stützpunkt errichtet worden, in den sich 1945 mehrere hochrangige Nationalsozialisten und starke Truppenverbände zurückgezogen haben, um in Ruhe die Vril-Flugscheiben mit dem Schumann-Levitator-Antrieb und einer Magnetfeld-Impulsor-Steuerung erproben zu können.“
„Das ist ja kolossal interessant! – Von Axel Stroll habe ich auch schon gehört, ebenso von dem Schumann-Levitator-Antrieb und der Magnetfeld-Impulsor-Steuerung! Meiner Ansicht nach gehören diese Sachen in den Bereich der Pseudowissenschaften. Aber darüber sollten wir uns mal in gepflegter Atmosphäre unterhalten. Ich hätte dabei nämlich gerne mit dir auch mal einen Haselünner Schnaps getrunken, oder zumindest einen Kaffee. Anschließend können wir einen Drachen steigen lassen, Disneyland Paris besuchen, oder etwas Laubsägen. Ich besuche nämlich zur Zeit einen Laubsägekurs für Fortgeschrittene … nach Tschernobyl würde ich auch gerne mal mit dir reisen, aber rein monetär langt’s leider nicht, ich habe mein Geld nämlich beim Hunderennen verzockt.“
„Das tut mir leid, aber das mit dem Kaffee trinken geht leider auch nicht.“
„Und wenn ich dir Schokolade geb‘?“
„Nein, ich brauche den Job vorläufig noch! Auf Anraten von Sigmund Freud, der mal gesagt hat: „Die Absicht, dass der Mensch glücklich sei, ist im Plan der Schöpfung nicht enthalten“, schmeißt mich dieser Fransenpsychiater aus dem siebten Stock nämlich raus wenn ich mich mit Fahrstuhlfahrgästen treffe, weil ich die angeblich nur vollquatsche, was überhaupt nicht stimmt, und damit in die Coulrophobie treibe …“
„Was ist denn Coulrophobie?“, fragte ich, „für diese Information mache ich sogar meine Jacke zu.“
„Coulrophobie ist die Phobie vor Clowns und gar nicht komisch“, meinte Ramona daraufhin. „Stars wie Johnny Depp und Robert Pattinson leiden unter dieser Angst! Seitdem wir ‘ES‘ von Steven King gesehen haben, ist diese Phobie angeblich absolut nachvollziehbar. aber du verstehst nun, dass ich zu Psychiatern ein leicht gestörte Verhältnis habe, hoffentlich ist bei der Neuschwabenlandbildungs-Reise kein Psychiater dabei, die haben nämlich alle. selbst Neophobie und eine Gedächtnisfrische wie zehn Meter Dachpappe! Aber da wir gerade von Psychiatern sprechen, da war nämlich auch noch die Sache mit einem Klassenkameraden von mir, Friederich Julius Jacobi.“
„Tut mir leid, liebe Ramona, aber Friederich Julius Jacobi ist mir wiederum gänzlich unbekannt.“
„Ist ja auch schon lange her. – Friederich Julius Jacobi, der Sohn des bekannten Physiaters und Kunstpädagogen sowie Mitbegründers der antiautoritären Erziehung, Gottfried Berthold Jacob Jacobi, hatte Dank der pädagogischen und psychologischen Interventionen seines Vaters derartige Lernschwächen, dass er im hohen Alter von 18 Jahren noch immer die Schulbank der achten Klasse der Hauptschule drückte. Trotzdem erwarb er, im Gegensatz zu seinem Vater, mühelos den Führerschein und lag seinem Vater seit dem mit dem Wunsch nach einem eigenen Auto in den Ohren.
„Dann bau’ dir doch ein Auto!“, war die schicksalhafte Äußerung seines Vaters.
Wieder machte Ramona seltsamerweise eine Pause, die ich nutzte um sie darauf hinzuweisen, dass wir unten waren und sie mich bitte raus lassen sollte, aber Ramona fuhr despotisch fort:
„Einen kleinen Moment hast du ja wohl noch Zeit! – Als Friederich Julius Jacobi im Lotto einen Sechser erzielte, entwarf er im Kunstunterricht seines Vaters mit hämischem Grinsen die Formen ’seines Autos’. Die technischen Parameter legte er im ’stillen Kämmerlein’ fest. Dabei verbat er sich jede Einmischung seines Vaters.
Mit diesen Entwürfen und seinem Lottogewinn in der Tasche ging Friederich Julius Jacobi zu einem kleinen aber feinen Automobilhersteller. Unter der Einwirkung einer ’kleinen Finanzspritze in Höhe eines Teils des Lottogewinns’ erkannte dieser das technische Potenzial des Wagens und man einigte sich darauf, diesen Wagen in Kleinserie zu fertigen, wobei Friederich Julius Jacobi jährlich zwei bananengelbe, seine Lieblingsfarbe, Wagen als Honorar erhielt, solange die Serie lief. Friederich Julius pflegte einen davon seiner Mutter zu schenken, die damit, einer sogenannten ‘Rennbanane‘, mache Damenrallye gewann.
Als die Ehe der Eheleute Jacobi daraufhin bröckelte, quittierte Gottfried Berthold Jacob Jacobi den Schuldienst und setzte seine pädagogischen und psychologische Fähigkeiten in leitender Position in einer psychiatrischen Anstalt um. Seit dem sollen sich dort die Wahnsinns-, und Depressionsanfälle beim Klinikpersonal häufen.“
Ramona machte eine Pause, holte tief Luft und fuhr drakonisch fort: „Jedenfalls beschrieb Friederike Juliane Jacobi, die Frau von Gottfried Berthold Jacob Jacobi, in ihrem Buch ’Hammerfest – Südkap – Paris’ ihre letzte große Rallye. Nach dieser Rallye ist Friederike Juliane Jacobi mit unbekanntem Ziel verreist, weil sie bei dieser Rallye nur den vorletzten Platz belegt hatte. Ihr Wagen wurde zuletzt in einer Parkverbotszone nahe des Pariser Flughafens Orly gesehen und abgeschleppt. Seit dem fehlt von Friederike Juliane Jacobi jede Spur. Touristen berichten allerdings, Friederike Juliane Jacobi auf dem Montparnasse gesehen zu haben, als sie selbstgemalte Gemälde eines bizarren gelben Autos verkaufte. – Jedenfalls arbeitet Friederich Julius Jacobi nach Auslaufen der Serie bei einem Call-in-Sender als Astrologe, in dem ich ihm wieder begegnete und geholfen habe, die Karten richtig zu legen. Friederich Julius Jacobi fährt seine letzte ‘Rennbanane‘ ab und zu mal zum Spaß, nachdem wir den Einen oder Anderen Haselünner Schnaps zusammen getrunken hatten. Ich wäre gerne mal mitgefahren, aber er wollte das nicht, weil ich ihn dabei angeblich nur vollquatsche, wie die Psychiater sagen, was überhaupt nicht stimmt.“
„Toll! Aber du verstehst, liebe Ramona, dass mich im Moment mein Darm beschäftigt. – Würdest du mich denn bitte endlich aussteigen lassen?“
„Natürlich, das verstehe ich. ‘ist ja immer eine unangenehme Sache, so mit dem Darm. – Lee Harvey Oswald hatte auch ein Problem damit. Naja, erzähl‘ ich dir später. Dann mach’s man gut, und wir hören uns in ein paar Tagen wieder. Ich hab‘ ja jetzt Zeit und möchte mir mal wieder die Beine rasieren. – Aber an der Sache mit den Rennen sollten wir dranbleiben, ich habe dahingehend nämlich mal Interessantes erlebt, erzähl‘ ich dir später! – Ich lasse dich nun raus und wünsche dir noch einen schönen Tag.“
„Ja, dir auch liebe Ramona.“
Ich fuhr erst mal mit hohem Grad an Erschöpfung nach Hause und als das Ergebnis der Stuhlprobe beim Arzt war, suchte ich diesen erneut auf. Ramona begrüßte mich wieder und begann beim Hochfahren sofort zu erzählen:
„Hallo Hagen. Schön, dass du wieder da bist. Du, während einer meiner damaligen Studienreisen zu den unerforschten Tempelruinen von Palenque, einem imposanten Bauwerk während der Hochkultur der Mayas, lernte ich Doktor Hubert Haubentaucher, den bekannten Archäologen und der Leiter der Gruppe kennen …“
„Ah, ja. Doktor Hubert Haubentaucher ist mir auch bekannt. Wir haben uns lange nicht gesehen, wie geht’s ihm denn? – Hubert wollte ja eigentlich Unterwasserarchäologie studieren, aber er konnte ja leider nicht schwimmen …“
„Quatsch mich nicht voll!“, fauchte Ramona. – „Jedenfalls lernte ich auf der Studienreise Doktor Hubert Haubentaucher und den Psychiater Doktor Raimund Saitensnyder kennen. Doktor Raimund Saitensnyder wollte sich in Mexiko nach Erholungsstätten für stressgeplagte Manager umsehen. Da wir uns gerade in der Nähe der Ebene von Nazca befanden, beschlossen ich und die Gruppe einen kleinen Abstecher zu der von Erich von Däniken in einem seiner Bücher beschriebenen Landebasis für außerirdische Raumschiffe zu machen. Angesichts der langen, geraden Strecken und den extremen Kurven lief Doktor Raimund Saitensnyder dort zu seiner Hochform auf, denn seit langem suchte er nach wissenschaftlichen Beweisen dafür, dass es in der Natur des Menschen liegt, mit jedem Fahrzeug, das der Mensch in zwei oder mehr Ausführungen erschafft, Rennen zu veranstalten. Doktor Raimund Saitensnyder sah auf der Ebene von Nazca die ideale Rennstrecke für prähistorische Fahrzeuge vor sich! Fahrzeuge, mit denen das Material für die Tempel von Palenque herangeschafft wurde, und mit denen auch Rennen veranstaltet worden sein könnten ... Doch wo waren diese Fahrzeuge, zumindest Hinweise darauf oder Teile davon?“
„Möglicherweise sind die unerforschten Tempel von Palenque gar keine Tempel“, bemerkte ich, „sondern die Boxengassen für eben diese Rennwagen …“
„Quatsch!“ Ramona war hörbar ungehalten. „Das haben wir überprüft! Jedenfalls konnten ich und Doktor Haubentaucher sich der Argumentation Doktor Saitensnyders nicht verschließen und wir begann in den Tempelruinen gezielt nach Fragmenten irgendwelcher Fahrzeuge zu suchen, mit denen hätten schwere Steinquader transportiert und Rennen gefahren werden können. Irgendwie müssen sich unsere Aktivitäten aber zu Erich von Däniken rumgesprochen haben, denn dieser erschien auch und suchte eifrig mit; - allerdings nach Beweisen für UFOs in grauer Vorzeit. Während Erich von Däniken, Doktor Haubentaucher und Doktor Saitensnyder rumsuchten, machte ich den Fund der legendären Grabplatte von Palenque und geriet darüber in einen heftigen Disput mit dem anerkannten Buchautoren, dem Psychologen und dem Archäologen. Das Relief der gefundenen Grabplatte des Königs Pakal zeigt nach Ansicht Erich von Dänikens kein Motiv aus der Mythologie der Maya, sondern einen Motorradfahrer oder einen Raumfahrer in einer Art Rakete.! Ich hingegen halte die Darstellung für einen Gabelstaplerfahrer, der mit seinem Stapler gezielt und hochkonzentriert einen schweren Stein in den noch im Bau befindlichen Tempel von Palenque setzt. Diese Thesen wurden jedoch alle von Doktor Haubentaucher nicht gestützt und deshalb in den Bereich der Pseudowissenschaft verwiesen!“
Ramona schnaufte, fuhr dann aber erbarmungslos fort: „Ebenso meine und Doktor Raimund Saitensnyders These, denn wir sahen in dem Relief entweder ‘so etwas Ähnliches wie einen Gabelstapler‘ oder ein Fahrzeug für hohe Geschwindigkeiten. Darauf deutet nämlich die Körperhaltung des Fahrers hin: Hochkonzentriert, Blick nach vorne, Kopf in einer Nackenstütze wie bei Rennwagen üblich und der rechte Fuß betätigt ein Gaspedal. In Ermangelung von Sicherheitsgurten, die waren damals nämlich noch nicht erfunden, ist der Körper des Fahrers nach vorne geneigt, um die negativen Fliehkräfte im Fall eines Aufpralls besser auffangen zu können. Im Verlauf dieses Disputs und etlichen Haselünner Schnäpsen, erreichte Doktor Saitensnyder ein Hilferuf der Chrysler Corporation, denn Virgil Exner, derzeit der Chefstylist bei Chrysler, hatte während der Vorarbeiten am Imperial wieder mal einen Nervenzusammenbruch erlitten und benötigte dringend psychiatrische Hilfe. Da Doktor Saitensnyder vertraglich an die Chrysler Corporation gebunden war, sah er sich genötigt, umgehend zu Chrysler nach Auburn Hills abzureisen um Exner aus dieser Krise zu helfen. Seit dem kamen auch nichtmehr diese kleinen, schwarzen Frösche aus der Toilette wenn man sie abzog.“
Ramona schnaufte wieder.
„Langsam verstehe ich deine Abneigung gegen Psychiater, liebe Ramona“ sagte ich, „aber in diesem Fall sehe ich keinen Zusammenhang!“
Ramona grunzte wie ein Erdferkel und fuhr fort: „Die Abreise Doktor Saitensnyders kam Däniken sehr gelegen, konnte er doch die von mir gefundene Grabplatte des Königs Pakal sehr erfolgreich für sich und seine These vermarkten. Mich hat man wieder mal ignoriert, ich bin ja nur Fahrstuhlsprecherin. – Doktor Hubert Haubentaucher jedenfalls, allgemein als friedliebender Mensch bekannt, hielt sich weitgehend aus dem Disput heraus und beschäftigte sich mit der Übersetzung einer Schriftenplatte, die ich auch bei der Grabplatte des Königs Pakal gefunden hatte. Leider bin ich dieser Schrift nicht mächtig, aber Hubert hatte die drauf! Hubert beschäftigte sich jedenfalls lange mit der Schriftenplatte, während ich und die anderen ‘Gelehrten‘ sich mit der Grabplatte auseinandersetzten. Die Übersetzung dieser Schriftenplatte ergab jedenfalls die detaillierte Beschreibung eines Fahrzeugs zum Transport von ‘schwerem Material‘. Dieses Fahrzeug sollte, laut Übersetzung Doktor Haubentauchers, mit einem Motor über der Hinterachse ausgerüstet gewesen sein. Genaues zu der Antriebsart dieses Fahrzeugs konnte Doktor Haubentaucher aber nicht ermitteln, da die Schriftenplatte unvollständig war.“
„Hm“, meinte ich, weil Ramona eine Pause in ihrem Redefluss machte. „Meines Wissens hat der Der VW T1, genauer VW Typ 2 T1, oder auch ‘Bulli‘ genannt, ebenfalls einen Motor über der Hinterachse. Unter der Ladefläche im Heck arbeitete der aus dem Käfer übernommene Boxermotor mit 1131 Kubikzentimeter Hubraum und 25 PS. Ob da ein Zusammenhang besteht?“
„Keine Ahnung. – Ich hatte jedenfalls damals einen kaputten Goggomobil T400 Coupé in meiner Garage. – Allerdings kam mal ein gewisser Gotthold Eparim Röhrkasten zum Kartenlegen zu mir, als ich wieder Zuhause war. Ich bin ja eigentlich Esoterikerin musst du wissen.“
„Du erwähntest es bereits, liebe Ramona.“
„Ah ja. Jedenfalls lief diese Sitzung etwas aus dem Ruder. Anstatt Eparims Zukunft vorauszusagen, teilten die Karten mir mit, dass unter dem Teutoburger Wald ein geheimes Höhlensystem liegt. Der dort schlafende Drache ist eines der Wesen aus dem Vierten Zeitalter, die auf das Erwachen der Magie am 24. Dezember 2021 warten. Während der Sitzung erhielt ich den Auftrag, mich während der Schlafenszeit des Drachens mit der Herstellung von programmiertem Wasser zu beschäftigen. Die verschlüsselte Anleitung hierzu hatte ich von hohen Lichtwesen aus dem All erhalten. Damit solle die Menschheit vor außerirdischen Implantaten bis Stufe drei geschützt werden.“
„Jetzt kann ich dir aber nicht mehr folgen, liebe Ramona. Ist aber interessant, was du erzählst. Manchmal komme ich mir allerdings vor, als würde ich aus dem Kindergarten regiert. Angesichts des Dieselskandals und des Klimawandels, sowie dem Plastikmüll in unseren Meeren, dem Glyphosat auf den Feldern, die ständige Verschiebung der Abstimmung über seinen Brexit-Deal, habe ich mir sowas auch schon gedacht.“
„Eben! Du bist gefühlsmäßig ja auch weiter als dieser Gotthold Epharim Röhrkasten. Der konnte mit dieser Botschaft überhaupt nichts anfangen, den in meiner Garage, wir waren uns trotzdem während der Sitzung, einiger Haselünner Schnäpse, sowie einem Yufka Döner näher gekommen, hatte Gotthold mein kaputtes Goggomobil T400 Coupé entdeckt, das er umgehend zu reparieren und restaurieren begann, während ich mich mit dem Thema des schlafenden Drachens weiterhin beschäftigte. Dabei kam heraus, dass es die Stadt Bielefeld nicht gibt; - aber dass eine Gruppe Außerirdischer an der Stelle, an der Bielefeld angeblich liegen soll, eine Landung vorbereitete. Zu der Gruppe sollen auch Elvis Presley und Kurt Cobain gehören, die beide noch am Leben sind, denn der schwedische Geheimdienst hatte beiden zu einer neuen Identität verholfen.“
„Ah ja. Waren John Fitzgerald Kennedy und Marilyn Monroe auch dabei?“
„Wie kommst du denn da drauf?“, schnaubte Ramona daraufhin. „Hältst du mich für spinnert, oder was?“
„Nein, keineswegs, liebe Ramona. Ich habe nur mal beim Mossad gearbeitet, da hatte ich John Fitzgerald und Marilyn zu observieren. Leider habe ich Marilyn in der Geheimgarage, die an das Oval Office grenzte, verloren.“
„Hä? Das haut mich ja irgendwie aus dem Schlüpfer; - eine Geheimgarage zum Oval Office! Kannst du die Geschichte mal näher erläutern?“
„Okay, liebe Ramona. Ich muss dazu aber etwas ausholen: Mister President höchstpersönlich orderte bei Cadillac für Marilyn einen Wagen, in dem sie ‘über alles Weltliche erhaben, majestätisch dahin gleiten konnte‘. Er muss wohl doch eine romantische Ader und eine intensive Affäre mit Marilyn gehabt haben, der gute John Fitzgerald Kennedy. Es gab nur zwei Bedingungen für das Auto: Die Länge des Wagens durfte sechs Meter nicht überschreiten und es durften vom gleichen Typ nicht mehr als maximal 1.500 Stück als Convertible gebaut werden, um den Wagen nicht allzu exotisch werden zu lassen. Cadillac reagierte ruckartig und stellte dem Presidenten umgehend einen ‘Eldorado Biarritz Convertible‘ vor das Weiße Haus. Den Wagen bekam Marilyn sofort. Der Grund für die Maximallänge von sechs Metern für den Eldorado war allerdings folgender: Damit Marilyn ungesehen ins Weiße Haus gelangen konnte, ließ Mister President einen Geheimgang vom Oval Office zu einer etwas entfernt gelegenen, gut getarnten Garage erbauen. Wie beim Pyramidenbau im alten Ägypten sollen die Bauarbeiter dieser Garage, damit sie nichts verrieten, sofort nach ihrer Fertigstellung unauffällig hingerichtet worden sein, bis auf einen, der wegen einer Darmgeschichte, wie ich sie auch habe, zur Zeit der Hinrichtung mit massivem Durchfall auf dem Klo saß.“
„Ja, jetzt fällt’s mir wieder ein, ich habe davon gehört! Ich habe nämlich mal im CIA-Gebäude die Stockwerke im Fahrstuhl angesagt. Die Agenten glaubten, dass meine Stimme vom Tonband käme und hielten den Fahrstuhl für ‘absolut abhörsicher‘. Sie haben darüber gesprochen, dass der Überlebende, ein gewisser Lee Harvey Oswald, später am 22. November 1963, bei dem Dealey Plaza zu Dallas in Texas mächtig zugeschlagen hat. Die Agenten haben die Hinrichtung schnell und ‘unauffällig‘ nachgeholt ...“
„Ja, aber man durfte es nicht an die Öffentlichkeit dringen lassen, denn dann wäre die Sache mit der Geheimgarage und dem Geheimgang ja aufgeflogen … aber die Hinrichtung Lee Harvey Oswalds wurde dann in der Tat doch etwas verspätet nachgeholt …“
Wieder entstand eine Pause, in der ich hart nachdachte. Diesmal fuhr ich gnadenlos fort: „Ja, aber aus technischen Gründen war es nicht möglich, diese Garage länger als sieben Meter zu bauen. Die gute Marilyn soll sich trotzdem jedes Mal etwas schwer getan haben, ihren ‘Eldorado‘ unversehrt in der Garage zu parken, bevor sie sich mit versonnenem Gesichtsausdruck durch einen Geheimgang ins Oval Office begeben hatte ...“
„Jetzt bin ich aber sprachlos!“, meinte Ramona. „Sag‘ mal, willst du mich verarschen?“
„Nichts liegt mir ferner, liebe Ramona und dass du sprachlos bist, kann ich mir mitnichten vorstellen! – Erzähl‘ du bitte ruhig weiter. Zumindest sind deine Geschichten für mich interessant, ob sie stimmen oder nicht; - Hauptsache sie sind gut. Das ist die Hauptsache; - für mich jedenfalls.“
„Als wenn ich lügen würde!“
Ramona fluchte zunächst wie ein Mafiakiller, dem der tödliche Schuss danebengegangen war, begann dann aber munter weiterzuerzählen:
„Gotthold Eparim Röhrkasten jedenfalls wollte unbedingt mit mir nach Bielefeld, obwohl jeder weiß, dass es Bielefeld nicht gibt …“ Als einige Fahrstuhlfahrgäste lautstark an die Tür wummerten und drohten das Bundesamt für Sicherheit im Fahrstuhlwesen und Paternostern sowie der Informationstechnik, oder, noch schlimmer, den Wartungsdienst zu rufen, ließ Ramona die Tür zur Seite gleiten und mich zum Arzt.
Der Arzt bereitete mich schonend auf eine Darmspiegelung vor und überschüttete mich mit Fachausdrücken wie: Adenokarzinom des Colon sigmoideum, Peritoneale Adhäsion und so weiter. Es war gar nicht so einfach für mich erhobenen Hauptes aus der Praxis und wieder zu Ramona zu gehen.
Die nun folgende Erzählung Ramonas beim Runterfahren kann ich leider nur rudimentär wiedergeben, da sie mit wirkungsvollen, russischen Flüchen durchsetzt war, die jedem Gangsta-Rapper, selbst mir das Blut in den Adern gefrieren ließ, aber mich von meiner Darmgeschichte etwas ablenkte.
Ich möchte dem geneigten Leser aber nichts von dem, was Ramona weiterhin unbeirrt von sich gab, vorenthalten: Als Gotthold Eparim Röhrkasten seiner neuen Freundin Ramona mitteilte, dass für das folgende Wochenende ausgerechnet in Bielefeld ein Goggotreffen angesagt war, war Ramona nicht mehr zu bremsen. Mit dem teilrestaurierten Goggo auf nach Bielefeld!
„Obwohl Gotthold Eparim Röhrkasten bisher jeden auch noch so kleinen Ort gefunden hatte“, kann ich mich an Ramonas Berichterstattungen erinnern, „war es ihm diesmal nicht möglich, Bielefeld zu finden, stattdessen wurde uns in der Nähe der Stelle, wo Bielefeld angeblich liegt, der Weg von einem schwarzen Cadillac Fleetwood versperrt. Aus stiegen drei schwarz gewandete Männer mit schwarzem Hut und schwarzer Brille, gaben sich als Angehörige des ‘Kommandos Strategische Aufklärung‘ die sogenannte KdoStratAufkl oder KSA aus und verboten uns – unter Androhung schwerer Repressalien – weiter zu fahren ...“
„Ja, ich weiß!“, unterbrach ich Ramona diesmal, „das waren sogenannte MIBs, oder ‘Men in Black‘, ich habe bei denen auch mal gearbeitet!“
„Ach ja, MIBs!“, meinte Ramona, „das sind doch diese hochgewachsenen Männer in schwarzen Anzügen, von denen vor allem die Ufologie berichtet. Sie sollen Zeugen stattgefundener oder bevorstehender Ufo-Sichtungen zu Hause oder im Auto aufsuchen und zum Stillschweigen verpflichten. Im deutschen Sprachraum ist die eingedeutschte Bezeichnung ‘Männer in Schwarz‘ geläufig. Fast alle Berichte angeblicher Zeugen beschreiben die ‘Männer in Schwarz‘ gleich: Hochgewachsen, schlank, mit dunkel getönter Haut und in pechschwarze Anzüge gekleidet. Sie tragen weiße Hemden, weiße, seltener schwarze, Handschuhe, schwarze, breit gekrempte Hüte und schwarze Schuhe. Immer tragen sie schwarze Sonnenbrillen. In den meisten Fällen wird das Auftreten der ‘Männer in Schwarz‘ als kalt, arrogant und bedrohlich beschrieben.“
„Ach so wurden wir beschrieben?! – Ich habe, wie gesagt, nämlich auch mal als ‘Man in Black‘ gearbeitet. Wir haben uns gegenüber unseren Opfern bevorzugt als Agenten des KSA, der CIA oder einer anderen staatlichen Behörde ausgegeben. In Wirklichkeit, und das sage ich dir ganz im Vertrauen, liebe Ramona, stecken die Illuminaten oder die Skull & Bones dahinter!“
„Tatsächlich? George W. Bush soll ja auch ein Bonesman gewesen sein, denn ohne Skull & Bones wäre ein so mittelmäßiger und inkompetenter Politiker wie George W. Bush niemals Präsident der USA geworden. Ich habe sowas geahnt, ‘bin aber auf die ‘Organisation Gehlen‘ gekommen, die wiederauferstanden ist; - oder sollte es gar der ‘Geselligkeits-Club Immertreu 1919 e.?V.‘, ein Ringverein aus Berlin, sein? Die sollen ja auch unter der Führung von Walter Freiwald, Chuck Norris, Hella von Sinnen und Christine ‘Tine‘ Wittler im Untergrund weitermachen, da Adolf Leib, oder ‘Muskel-Adolf‘, wie er von den Mitgliedern von Immertreu genannt wurde, ja bereits 1934 gestorben ist.“
„Liebe Ramona, das ist ja alles hochinteressant und trifft, soweit ich informiert bin, auch zu, aber wir verzetteln uns! – Lass‘ mich bitte fortfahren: Wir, das waren derzeit Professor Doktor Harald Lesch und ich, haben die Leute jedenfalls gekonnt eingeschüchtert. Die potentiellen Ufo-Zeugen wurden, meist recht eindringlich und unter Androhung schwerer Repressalien, dazu ermahnt, nichts von dem zu erzählen, was sie bei einer bevorstehenden Ufo-Sichtung sehen und hören werden. Danach verließen wir die Leute und fuhren in unserem ebenfalls pechschwarzen Cadillac Fleetwood davon. – War geil einen Cadillac Fleetwood zu fahren, weil der ‘Fleetwood‘ besonders luxuriös ausgestattet war; - allein die Klimaanlage ...“
„Ach, ich dachte immer, richtige Männer brauchen keine Klimaanlage.“
„Naja, zugegebenermaßen bin ich, liebe Ramona, nicht ganz so hart wie Chuck Norris oder Vin Diesel; eher wie Clinton „Clint“ Eastwood. Deshalb rauche ich nur filterlose Zigaretten oder Zigarillos, trinke keinen Eierlikör, keine rosa Drinks, esse keine Sahnetörtchen, sowie weiche Eier und lutsche nur harte Bonbons, schließlich bin ich kein Weichgummilutscher ...“
„Ah, ja … Ramona sprach auffallend langsam, „dann bist du also ein Hartgummilutscher! Ich dachte es mir doch!“
Während Ramona daraufhin gnadenlos fortfuhr, mit ihrer Geschichte, machte sich in mir das Gefühl breit, irgendwie geblitzdingst worden zu sein, was allerdings, dank des ‘Antiblitzdinsgstrainings‘ bei den MIBs, nur fragmentartig funktionierte, weil ich, während des Blitzdingsens Kochrezepte runter gebetet habe, wie es bei dem Film ‘Flash Gordon‘ von Doktor Hans Zarkov zur Erhaltung seines Gedächtnispotentials erfolgreich eingesetzt worden war – Naja, wir machen mal weiter, sonst kommen wir ja nie zum Schluss:
„Da es nicht nur dem Goggo dürstete“, kann ich mich wieder an Ramonas Ausführungen erinnern, „fuhren wir zu einer Tankstelle bei Haselünne, und – sehr zum Erstaunen von mir und Herrn Röhrkasten – standen da bereits an die 20 Goggos, die alle von den drei MIBs weggeschickt worden waren. Einer der Goggofahrer erzählte von der Bielefeldverschwörung, die besagt, dass es Bielefeld nicht gibt, und dass der israelische Geheimdienst ‘Mossad‘ in Zusammenarbeit mit dem militärischen Geheimdienst MAD unter der Leitung von Uli Hoeneß nachdem Professor Ernst Ferdinand Sauerbruch und Admiral Wilhelm Canaris die Sache geschmissen hatten ... Canaris war übrigens eine Nachkomme von Roderic de Borja, was kaum jemand weiß. Wie Roderic de Borja Pabst wurde, strebte Wilhelm Canaris den Job des Führers vom Großdeutschen Reich an. – Naja, die Gene dafür hatte er ja geerbt.“
„Ich dachte Canaris wurde später zum Gegner Hitlers und ist im KZ Flossenbürg ermordet worden!“, bemerkte ich an dieser Stelle um mein fundiertes Halbwissen endlich mal loszuwerden.
„Hagen, du spinnst! So habe ich das nie gesagt! – Canaris, wurde Reichskommissar der RKO, also für Überwachung der öffentlichen Ordnung!“
„Tatsächlich?“
„Tatsächlich; - er ist nur zum Schein umgebracht worden! – Da gab es nämlich zunächst die Abwehr des Naval Intelligence Department, der im als Zentrale getarnten OMEGA-Sektor, die Errichtung eines geheimen Forschungslabors plante. Denn dort, wo Bielefeld angeblich liegt, kreuzen sich zwei noch nicht dokumentierte Ley-Linien. Die Verschwörer hofften dort auch den Eingang des Jahrtausende alten Tunnels nach Amerika und Australien. via Atlantis, zu finden. Dabei wollte man, wie bei der ‘Operation Mincemeat‘ vorgehen. Ist dir doch ein Begriff, die ‘Operation Mincemeat‘, oder?“
„Natürlich ist mir die Operation Mincemeat ein Begriff! Diese Operation soll Hitler ja so manche Legion gekostet haben.“
„Eben! Man brauchte nur noch eine frische Leiche, und fand diese in Lee Harvey Oswald, womit sich der Kreis schließt.
„Ah, ja. Nach dem Attentat wurde Lee Harvey Oswald in Polizeigewahrsam genommen und. von dem Nachtclubbesitzer Jack Ruby erschossen. Jack Ruby erschoss Lee Harvey Oswald sogar vor laufenden Fernsehkameras nur zwei Tage nach dem Mord an Kennedy. Ruby werden allerdings Kontakte zur Mafia nachgesagt. Demnach soll er Oswald in ihrem Auftrag erschossen haben.“
„Oh Hagen, du bist ja gut informiert! – Wichtige Mitwisser, namentlich Uwe Barschel, Jürgen W. Möllemann, Olof Palme und Lady Di, wurden von den mit dem Mossad kooperierenden Geheimdiensten, darunter die wiederauferstandene Stasi, auch rechtzeitig ausgeschaltet.“
„Puh, liebe Ramona, jetzt schwirrt mir aber der Kopf vor lauter Geheimdiensten, die offensichtlich gegeneinander ermittelt haben! – Aber wir waren bei der Erzählung des Goggofahrers stehen geblieben. Zudem plagt mich mein Darm. Kannst du ganz schnell fort –, und mich nach unten fahren?“
„Natürlich.“
„Du, ich muss die Pobacken mühsam zusammenkneifen. – Ich kann mir aber vorstellen, wie du dich nach dieser Erzählung umgehend diesem Goggofahrer zuwandtest und Gotthold Epharim Röhrkasten schnöde im Stich gelassen hast.“
„Ach, quatsch nicht rum! Gotthold Epharim Röhrkasten hat sich mehr um meinen Scheißgoggo gekümmert, als um mich. – Im Laufe des Tages trafen jedenfalls weitere Goggos ein und das Goggotreffen zu Bielefeld, welches kurzfristig nach Haselünne umverlegt wurde, wurde ein voller Erfolg. – Von dieser Zusammenkunft wurde allerdings nichts berichtet, weil die ‘Männer in Schwarz‘ zwischenzeitlich auftauchten und den Teilnehmern schwerste Sanktionen androhten, sollten sie Außenstehenden von diesem Treffen berichten.“
„Ja, ich erinnere mich, wie wir die Nummer mit diesem Goggotreffen abwenden konnten um die UFO-Landung zu vertuschen, die leider den Zusammenbruch der Privatbank von Iwan David Herstatt zur Folge hatte. Wir hatten an dem Zusammenbruch von dieser Herstattbank aber keine Schuld! Schuld hatte der Ku-Klux-Klan! Wir konnten gerade noch verhindern, dass die ‘Knights of the Ku Klux Klan‘ ein brennendes Kreuz aufgestellt haben … aber warum erzähl‘ ich dir das eigentlich alles?“
„Weil du im Grunde einer von uns bist, du hast ja das geheime Codewort erwähnt! – Ich habe mir gleich sowas gleich gedacht!“
„Was? – Jetzt bin ich, liebe Ramona, zugegebenermaßen ein ganz klein wenig irritiert.“
„Wir sind längst unten! – Ich lass‘ dich jetzt raus. Alles Gute für deine Darmspiegelung; - wir hören uns später wieder. – Und denk‘ dran: Plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen!“
„Ich weiß, das ist ein Spruch von Meister Eckhart, aber ich sehe das so wie Herman Hesse, der gesagt hat: ‚Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.‘ - Aber jetzt müssen wir langsam mal zu Epilog kommen, wir haben die Zeit ohnehin schon überschritten … seltsam, wie manche Menschen mit der Ressource ‚Zeit‘ umgehen! – Aber ich mach’s kurz, bevor ich die Tür eintrete!“
Ramona ließ die Tür daraufhin zur Seite gleiten, ich auf der nächstgelegenen Toilette meinem Stuhlgang freien Lauf und zuhause meine Gedanken kreisen. Kurz nach meinem Stuhlgang, noch im Ärztehaus, hatte nämlich ein Goggomobil T400 Coupé, gefolgt von einem schwarzen Cadillac Fleetwood den Parkplatz vor dem Haus, in dem sich die Arztpraxis befand, verlassen.
Nachdem meine Gedanken lange genug gekreist hatten und bis zu meiner Darmspiegelung noch ein paar Tage Zeit waren, kam ich zu dem gleichen Schluss wie Lao-Tse: ‘Erst am Ende unseres Weges stehen die Antworten.‘
Ich fuhr also kurz entschlossen nach Haselünne um endlich meine Herzensdame kennenzulernen. Zwar versuchte mein Navi mich nach ‘Bielefeld‘ zu leiten, aber inzwischen war ich absolut beratungsresistent durch Technik und kam deshalb auch tatsächlich in Haselünne an.
Dort trank ich zunächst Haselünner Schnaps, fuhr am nächsten Tag mit der Museumseisenbahn und lernte am Tag darauf, wie Ramona, beziehungsweise ihre Karten vorausgesagt haben, tatsächlich meine Herzensdame kennen; - aber das ist eine andere Geschichte … erzähl‘ ich das nächste Mal … oder ich mache mit meiner Herzensdame ein Happening und wir machen einen auf Samuel Barclay Becketts ‘Atem‘, englischer Originaltitel: ‘Breath‘, und werfen hier Unrat hin. Sodann lassen wir Atemgeräusche vom Tonband laufen, zu denen wir synchron das Licht rauf und runter dimmen … oder wir warten solange auf Godot bis endlich mal was passiert … ich kann dann solange darüber nachdenken, was Ramona wohl mit dem geheimen Codewort gemeint hat‚ oder hat jemand ‘Quasselstoff‘ in das Wachs der Kerze gemischt, die hier abbrennt und den Quasselstoff damit freisetzt?
„Egal, ich mache jetzt endgültig Schluss, … aber mit dem Quasselstoff habe ich Bushido oder Jürgen in Verdacht … aber jetzt mache ich endgültig Schluss, schließlich wollen meine Herzensdame und ich noch zur Mitternachtsvorstellung des Bolschoi-Balletts! Aber vorher, so meint meine Herzensdame, hat der geneigte Leser noch das Recht, die ganze Wahrheit zu erfahren! Wir sollten schließlich zum Knackpunkt der Geschichte zurückkehren, denn was einmal anklingt muss später Bedeutung erlagen! Sicher meint die liebe Ramona, damit die Tatsache, dass bereits Außerirdische, wie Klaus Kinski oder Stanley Kubrick zum Beispiel, unerkannt unter uns weilen, was jeder weiß!“
„Da sagst du aber was!“, meinte Ramona daraufhin von irgendwo her, „das weiß der Geier.“
„Wieso soll ich das denn wissen?“, kam plötzlich eines Geiers Stimme aus dem ‘OFF‘, „demnächst wollt ihr Blödmänner auch noch von mir wissen, wer die Schönste im ganzen Land ist. Da müsst ihr das Spieglein aus dem Märchenbereich fragen! – Und nun lasst mich in Ruhe und macht lieber richtige Literatur und nicht so einen Blödsinn wie dieses Pamphlet, das du zum Besten gibst!“
„Halts Maul, du blödes Vieh und beschäftige dich damit über Sterbenden deine Kreise zu ziehen, wie wir das aus guten Western kennen!“, fauchte Ramona. „Aber das Ding mit den Außerirdischen scheint mir doch interessant. Weißt du mehr davon?“
„Hm. Ich habe da so einen Verdacht! Gehören Helmut Berger und der Premierminister des Vereinigten Königreichs Alexander Boris de Pfeffel Johnson möglicherweise auch dazu?“
„Quatsch! Bei denen müssen wir nur öfter die Bolzen am Hals festziehen, genau wie bei Daniel Dominik Küblböck …“
„Ach … Aber da ich gerade Stanley Kubrick erwähne: Sein Film ‘2001 – Odyssee im Weltraum‘ hat sich wirklich so abgespielt, wie du, liebe Ramona erwähnt hast! Und der Computer HAL 9000 hat tatsächlich ein Besatzungsmitglied nach dem Anderen des Raumschiffs ‘Discovery One‘ umgebracht! – Da fällt mir ein Spruch von Albert Einstein ein: ‘Die Welt ist viel zu gefährlich, um darin zu leben – nicht wegen der Menschen, die Böses tun, sondern wegen der Menschen, die daneben stehen und sie gewähren lassen … Hm … Aber wir sollten die Computer nicht vergessen, die zunehmend Raum in unserer Gesellschaft einnehmen; - die werden von Menschen, die daneben stehen und grinsend Böses tun, programmiert! – Die Computer der Serie 9000, zu denen auch HAL gehört, hast du ja entwickelt. – Der Computer HAL soll sich nun hier irgendwo aufhalten und erneut erbarmungslos zuschlagen, wenn hier im Raum das Licht ausgeht …“
-
„Wieso, zur Hölle, wird es hier unerwartet dunkel?
Und wieso kommt Ramonas Stimme plötzlich mit einem Zitat von Jean-Paul Sartre aus dem ‘OFF‘?“
„In der Ironie vernichtet der Mensch das, was er setzt, in ein und demselben Akt; er veranlasst zu glauben, damit man ihm nicht glaubt; er bestätigt, um zu leugnen, und er leugnet, um zu bestätigen; er schafft einen positiven Gegenstand, der aber kein anderes Sein hat, als sein Nichts.“
 



 
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