Meckie Pilar
Mitglied
Fortsetzung 4
Herbert fand in Dresden leicht Kontakt zur kleinen Gemeinde der Hofkirche und schloss sich dort sehr bald wieder der katholischen Jugend an. Hier fand er Gleichgesinnte und Freunde, konnte mit ihnen wieder Fahrten und Radtouren unternehmen, sang mit ihnen zur Gitarre die alten Lieder, fand Bundesgenossen im Kampf gegen Hitler und hatte viele Freunde, die wie er den Krieg mit Abscheu und Entsetzen beobachteten.
Herbert war noch immer ein unauffälliger, junger Mann mit einem Milchbubengesicht. Den Mädchen in der Jugendgemeinde fiel der schlanke, dunkelblonde Soldat nicht besonders auf. Für sie war er ein Kumpel, auf den man sich verlassen konnte, mehr nicht. Für Herbert allerdings gab es sehr wohl Mädchen, die ihm gut gefielen. Und er fand, dass auch die Mädchen hier anders waren, freier, fröhlicher. Ganz besonders gefiel ihm Margot mit ihren brauen Locken, ihrer lustigen Art und ihren übersprudelnden Ideen. Er beobachtete sie aus der Ferne und traute sich lange nicht, sie anzusprechen. Margot wurde von vielen jungen Männern umschwärmt. Wenn sie nach einer Aufführung der Theatergruppe, die sie leitete, den Applaus entgegennahm, wurde sie mit Blumensträußen begeisterter Verehrer überschüttet. Gleichzeitig sah Herbert sehr wohl, dass sie nicht immer nur lachte und fröhlich war. Er beobachtete in ihren Zügen manchmal eine Traurigkeit und Verletztheit, die er sich nicht erklären konnte. Aber das zog ihn nur noch mehr zu dem zierlichen, lebendigen Mädchen hin.
Herbert lebte schon fast zwei Jahre in Dresden, als er auf einer Radtour im Juni endlich die Gelegenheit beim Schopf fasste. Er flickte Margots Rad, das auf dem Vorderreifen platt war. Sie war ihm dankbar für die Pannenhilfe und schien ihn heute zum ersten Mal richtig wahrzunehmen. Am Abend saßen sie nebeneinander am Lagerfeuer und sprachen lange und intensiv miteinander. Nachdem er seine Schüchternheit überwunden hatte, berichtete er viel über sich. Darüber war er selbst verwundert. Was aber das Mädchen von sich und ihrem Leben erzählte, löste Staunen und Rührung bei ihm aus: Sie sei die einzige und uneheliche Tochter einer Frau, die aus einer Künstlerfamilie stamme, erzählte sie ihm. Am liebsten wäre sie auch Schauspielerin geworden, aber sie müsse ja Geld verdienen und in diesen Zeiten ginge eben nicht alles so, wie man es sich wünsche. Sie habe Rechtsanwaltsgehilfin gelernt, plane jetzt aber eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.
Wenn sie in diesem Sommer mit der Gruppe auf Fahrt waren, saßen sie häufig nebeneinander, unterhielten sich, sangen zusammen. Sie bewunderte seine Zähigkeit, mit der er sich das Gitarrenspiel beigebracht hatte und seinen Fleiß beim Studium. Er schien es mit seinem Schicksal aufzunehmen. Das imponierte ihr. Auch sie war nicht bereit gewesen, ihr Schicksal einfach hinzunehmen.
Gegen Ende des Herbstes gestand er ihr seine Liebe. Margot gefiel der intelligente, schüchterne junge Mann. Sie verliebte sich in Herbert und fortan galten die beiden als Liebespaar.
Nie hätte Herbert es früher für möglich gehalten, dass er ein so hübsches, lebenslustiges und allseits beliebtes Mädchen für sich gewinnen könnte. Dazu war sie auch noch eine Kampfgefährtin und teilte seine Meinungen über Hitler und den Krieg. Beide verband die Hoffnung auf eine bessere Welt und die Zuversicht, alles zu können und zu erreichen, wenn man nur hartnäckig genug darum kämpfte und daran glaubte.
Manchmal ging es ihm durch den Kopf, dass Margot in den Augen seiner Eltern vermutlich einigen Makel aufwies. Herbert konnte sich richtig vorstellen, wie seine Mutter blass werden und ihr spitzes Gesicht bekommen würde, wenn sie erführe, ihr Sohn Herbert hätte ein Mädchen, das unehelich war und auch noch aus einer Künstlerfamilie stammte. Herbert lächelte wehmütig und schüttelte den Kopf. Waren sie nicht mit dem Anspruch angetreten, alle Vorurteile über Bord zu werfen und jeden Dünkel abzulegen? Er liebte Margot gerade wegen dieser angeblichen Makel um so mehr. Er liebte auch ihr exaltiertes Wesen, ihre ausgefallenen Ideen und ihren Übermut. Es war eben alles anders hier als in seiner Heimat. Und auch er war ein anderer geworden.
Im Frühjahr bekam Herbert Besuch von seinem großen Bruder, der mit seiner Verlobten auf der Durchreise war. Stolz präsentierte er den beiden sein Mädchen und seine neue Heimat. Sie saßen zu viert in dem kleinen Café, in dem er mit Margot schon so oft gesessen und ihr verliebt und glücklich in die Augen gesehen hatte. Aber irgend etwas an diesem Treffen lief von Anfang an schief. Der Verlobten schmeckte der Kuchen nicht und die Bedienung war ihr zu langsam. Und als sein Bruder sich unbeobachtet glaubte, warf er einen abschätzenden Blick auf Margot. Herbert sah es und es machte ihn wütend. Aber er wusste nicht, was er hätte tun können. Und dann passierte es: Die Verlobte fragte Margot, was denn ihr Vater beruflich mache und Margot antwortete auf ihre trotzige Art, sie hätte eigentlich gar keinen Vater gehabt sondern nur eine Mutter. Keiner lächelte.
Später schrieb die Mutter Herbert in einem besorgten Brief, er solle sich gut überlegen, ob er sich wirklich mit einem Mädchen verbinden wolle, das von unehelicher Geburt sei. Natürlich könne seine Margot nichts dafür, aber solche Menschen hätten doch eine ganz andere Kindheit gehabt und wären wohl kaum in der Lage, eine eigene Familie richtig zu führen und selbst Kinder zu erziehen.
Der Brief ärgerte Herbert sehr. Er wagte lange nicht, ihn seiner Liebsten zu zeigen. Als er es doch tat, lachte die bitter und meinte nur, das sei sie gewohnt. Wichtig sei für sie allein, dass er zu ihr stehe und sich nichts daraus mache, wenn seine Eltern an ihr herum kritisieren würden. Herbert nahm sie in die Arme und küsste sie voller Rührung.
Seinen Eltern schrieb er, sie hätten von Margot ein völlig falsches Bild. Sie sei wirklich ein sehr ehrliches und verantwortungsvolles Mädchen und sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen.
Herbert fand in Dresden leicht Kontakt zur kleinen Gemeinde der Hofkirche und schloss sich dort sehr bald wieder der katholischen Jugend an. Hier fand er Gleichgesinnte und Freunde, konnte mit ihnen wieder Fahrten und Radtouren unternehmen, sang mit ihnen zur Gitarre die alten Lieder, fand Bundesgenossen im Kampf gegen Hitler und hatte viele Freunde, die wie er den Krieg mit Abscheu und Entsetzen beobachteten.
Herbert war noch immer ein unauffälliger, junger Mann mit einem Milchbubengesicht. Den Mädchen in der Jugendgemeinde fiel der schlanke, dunkelblonde Soldat nicht besonders auf. Für sie war er ein Kumpel, auf den man sich verlassen konnte, mehr nicht. Für Herbert allerdings gab es sehr wohl Mädchen, die ihm gut gefielen. Und er fand, dass auch die Mädchen hier anders waren, freier, fröhlicher. Ganz besonders gefiel ihm Margot mit ihren brauen Locken, ihrer lustigen Art und ihren übersprudelnden Ideen. Er beobachtete sie aus der Ferne und traute sich lange nicht, sie anzusprechen. Margot wurde von vielen jungen Männern umschwärmt. Wenn sie nach einer Aufführung der Theatergruppe, die sie leitete, den Applaus entgegennahm, wurde sie mit Blumensträußen begeisterter Verehrer überschüttet. Gleichzeitig sah Herbert sehr wohl, dass sie nicht immer nur lachte und fröhlich war. Er beobachtete in ihren Zügen manchmal eine Traurigkeit und Verletztheit, die er sich nicht erklären konnte. Aber das zog ihn nur noch mehr zu dem zierlichen, lebendigen Mädchen hin.
Herbert lebte schon fast zwei Jahre in Dresden, als er auf einer Radtour im Juni endlich die Gelegenheit beim Schopf fasste. Er flickte Margots Rad, das auf dem Vorderreifen platt war. Sie war ihm dankbar für die Pannenhilfe und schien ihn heute zum ersten Mal richtig wahrzunehmen. Am Abend saßen sie nebeneinander am Lagerfeuer und sprachen lange und intensiv miteinander. Nachdem er seine Schüchternheit überwunden hatte, berichtete er viel über sich. Darüber war er selbst verwundert. Was aber das Mädchen von sich und ihrem Leben erzählte, löste Staunen und Rührung bei ihm aus: Sie sei die einzige und uneheliche Tochter einer Frau, die aus einer Künstlerfamilie stamme, erzählte sie ihm. Am liebsten wäre sie auch Schauspielerin geworden, aber sie müsse ja Geld verdienen und in diesen Zeiten ginge eben nicht alles so, wie man es sich wünsche. Sie habe Rechtsanwaltsgehilfin gelernt, plane jetzt aber eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.
Wenn sie in diesem Sommer mit der Gruppe auf Fahrt waren, saßen sie häufig nebeneinander, unterhielten sich, sangen zusammen. Sie bewunderte seine Zähigkeit, mit der er sich das Gitarrenspiel beigebracht hatte und seinen Fleiß beim Studium. Er schien es mit seinem Schicksal aufzunehmen. Das imponierte ihr. Auch sie war nicht bereit gewesen, ihr Schicksal einfach hinzunehmen.
Gegen Ende des Herbstes gestand er ihr seine Liebe. Margot gefiel der intelligente, schüchterne junge Mann. Sie verliebte sich in Herbert und fortan galten die beiden als Liebespaar.
Nie hätte Herbert es früher für möglich gehalten, dass er ein so hübsches, lebenslustiges und allseits beliebtes Mädchen für sich gewinnen könnte. Dazu war sie auch noch eine Kampfgefährtin und teilte seine Meinungen über Hitler und den Krieg. Beide verband die Hoffnung auf eine bessere Welt und die Zuversicht, alles zu können und zu erreichen, wenn man nur hartnäckig genug darum kämpfte und daran glaubte.
Manchmal ging es ihm durch den Kopf, dass Margot in den Augen seiner Eltern vermutlich einigen Makel aufwies. Herbert konnte sich richtig vorstellen, wie seine Mutter blass werden und ihr spitzes Gesicht bekommen würde, wenn sie erführe, ihr Sohn Herbert hätte ein Mädchen, das unehelich war und auch noch aus einer Künstlerfamilie stammte. Herbert lächelte wehmütig und schüttelte den Kopf. Waren sie nicht mit dem Anspruch angetreten, alle Vorurteile über Bord zu werfen und jeden Dünkel abzulegen? Er liebte Margot gerade wegen dieser angeblichen Makel um so mehr. Er liebte auch ihr exaltiertes Wesen, ihre ausgefallenen Ideen und ihren Übermut. Es war eben alles anders hier als in seiner Heimat. Und auch er war ein anderer geworden.
Im Frühjahr bekam Herbert Besuch von seinem großen Bruder, der mit seiner Verlobten auf der Durchreise war. Stolz präsentierte er den beiden sein Mädchen und seine neue Heimat. Sie saßen zu viert in dem kleinen Café, in dem er mit Margot schon so oft gesessen und ihr verliebt und glücklich in die Augen gesehen hatte. Aber irgend etwas an diesem Treffen lief von Anfang an schief. Der Verlobten schmeckte der Kuchen nicht und die Bedienung war ihr zu langsam. Und als sein Bruder sich unbeobachtet glaubte, warf er einen abschätzenden Blick auf Margot. Herbert sah es und es machte ihn wütend. Aber er wusste nicht, was er hätte tun können. Und dann passierte es: Die Verlobte fragte Margot, was denn ihr Vater beruflich mache und Margot antwortete auf ihre trotzige Art, sie hätte eigentlich gar keinen Vater gehabt sondern nur eine Mutter. Keiner lächelte.
Später schrieb die Mutter Herbert in einem besorgten Brief, er solle sich gut überlegen, ob er sich wirklich mit einem Mädchen verbinden wolle, das von unehelicher Geburt sei. Natürlich könne seine Margot nichts dafür, aber solche Menschen hätten doch eine ganz andere Kindheit gehabt und wären wohl kaum in der Lage, eine eigene Familie richtig zu führen und selbst Kinder zu erziehen.
Der Brief ärgerte Herbert sehr. Er wagte lange nicht, ihn seiner Liebsten zu zeigen. Als er es doch tat, lachte die bitter und meinte nur, das sei sie gewohnt. Wichtig sei für sie allein, dass er zu ihr stehe und sich nichts daraus mache, wenn seine Eltern an ihr herum kritisieren würden. Herbert nahm sie in die Arme und küsste sie voller Rührung.
Seinen Eltern schrieb er, sie hätten von Margot ein völlig falsches Bild. Sie sei wirklich ein sehr ehrliches und verantwortungsvolles Mädchen und sie bräuchten sich keine Sorgen zu machen.