Die ungeschriebene Geschichte des Menschen

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Bastian

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Die ungeschriebene Geschichte des Meschen




Es war die Zeit in der Menschen und Tiere einander nicht nur verstanden, sondern auch jene in der sie miteinander lebten.
Es gab Menschen die in Städten lebten und Tiere mit ihnen, genauso wie es Tiere gab die Menschen in ihren Wäldern und Steppen willkommen hießen. Man achtete und respektierte sich gegenseitig und lernte so Manches von seinem Gegenüber.
So lernten die Tiere sich zu kleiden, zu rechnen und zu schreiben und die Menschen lernten die Sprache der Natur, erfuhren davon was das Rauschen der Blätter in den Bäumen zu bedeuten hatte und verstanden die Jahreszeiten und ihren Wechsel zu nutzen.
Vor allem aber lernten sie mit ihrer großen Mutter zu leben, die sie einst verstoßen hatte, in einer dunkleren Zeit, über die man selbst in jenen fröhlichen Tagen nicht mehr sprechen mochte, denn einst hatte sie sich von ihren Kindern abgewendet, so sagten sich die Menschen.
Doch wirklich war es so, dass der Mensch, unzufrieden mit dem ihm von seiner Mutter bestimmten Platz im Gefüge der Lebewesen, sich von ihr abgewendet hatte.
Er verließ eilig die Wälder seiner Kindheit, trat hinaus in das weite Land und unfähig sein altes Leben in gewohnter Weise fortzuführen, veränderte er die Welt um sich herum, wurde sesshaft und errichtete „Orte“, erfand „Kultur“ und alles was ihm nützlich schien.
Er versuchte sogar sich seine Mutter untertan zu machen!
All zu oft stieß er hierbei an seine Grenzen ließ dabei jedoch trotz aller Widerstände nichts unversucht seinen Willen durchzusetzen.
Denn obwohl er seit seinem Fortgang vieles gelernt und hervorgebracht hatte, war er dennoch nicht in der Lage die Gesetze der Natur zu durchbrechen, so oft er es auch versuchte.
Und je öfter er es versuchte, desto dringlicher schien ihm sein Tun, desto beharrlicher und gewaltiger wurde das Ausmaß seiner Versuche, damit er endlich bekäme wonach ihm der Sinn stand.
Seine Mutter jedoch war voller Trauer über die Unzahl der Taten, die ihr Sprössling gegen sie unternahm.
Sie erbebte vor Gram und Sorge um ihre Kinder, nicht nur die Menschen, sondern auch um ihre anderen, gegen die der jüngste Stamm einen nicht enden wollenden Krieg zu führen schien.
Alsbald stieß er in Bereiche vor die kein je Lebewesen entdecken sollte.
Der Mensch wollte selbst zur Natur werden, sie gänzlich ihres Amtes entheben, nicht ahnend, welche Bürde und welche „übermenschliche“ Sorgfalt sein Bestreben erfordern würde.
Blind in seinem Wahn und von kindischem Übereifer ergriffen übersah man die frühen Zeichen und arbeitete unentwegt daran eine Aufgabe zu vollenden, für welche die Lebenszeit des ganzen Menschengeschlechtes viel zu kurz war.
Das Ende dieser Arbeite war auch das scheinbare Ende des Menschen.
Er war seiner selbst überdrüssig geworden, trachtete nun nicht nur mehr danach die Gaben seiner Mutter zu verbessern( in seinem Sinne), sondern von jetzt an auch sich selbst in unbekannten Ausmaßen.
Er wurde so mehr Mensch als alle Menschen vor ihm, wurde mehr Tier als je ein Geschöpf zuvor und verwandelte sich selbst so vom Wesen zum Unwesen. Er richtete sich gegen sich selbst. Dies war die Strafe seiner Mutter!
Denn anstatt ihm Einhalt zu gebieten, gewährte sie ihm alles, jedoch nicht die letzte Erkenntnis.
Er holte zu einem letzten Schlag gegen die Schöpfung selbst aus und schlug mit einer Gewalt zu, die in anderen Sphären Welten und Leben erschaffen hätte. Doch stattdessen fegte der Mensch bloß sein entstelltes Selbstbildnis vom Angesichte einer immer noch trauernden Mutter, begrub sich selbst unter Äonen von Staub und Erde, machte sich selbst vergessen und vergaß sich selbst.
Lange ist dies her und schwer war es seiner Mutter gefallen ihrem übelsten Kinde wieder Vertrauen entgegen zu bringen. Und da sie es nicht wagte das Menschengeschlecht wieder in ursprünglicher Freiheit auf ihrem Boden wandeln zu lassen, stellte sie ihm das Tierreich zur Seite, denn von nun an sollte der Mensch mit ihnen sprechen können.
Zu schwierig wäre es sonst für ihn gewesen, in dieser ihm erneut fremden Welt, ohne die einstigen Gaben seiner Mutter zu überleben.
Die Tiere aber konnten so zu seinen Lehrern werden. Sie zeigten ihm wie wichtig es ist die Mutter zu ehren, ihren Gang zu beobachten und das zu nutzen was sie einem gibt. Sie verhalfen ihm, mit ihrer nie versiegten Weisheit und ihrem aus Urzeiten überlieferten Wissen, sich erneut einen Platz in ihrer Mitte zu verdienen und schon bald erblühte das Menschengeschlecht wieder, dehnte sich aufgrund seiner Fähigkeiten wieder aus und wurde eine feste Größe im Gefüge des Lebens.
Doch mehr als das wollte ihm seine Mutter nicht mehr zugestehen. Denn auch sie hatte aus ihren Fehlern gelernt und so hatte sie ihm die Tiere nicht nur als Lehrmeister, sondern auch als Wärter zur Seite gestellt, denn sie kannte das Wesen ihres Missratensten nur zu gut.
Denn nicht nur der Mensch konnte nun die Tiere verstehen und von ihnen lernen, sondern auch sie waren durch die nun gemeinsame Sprache im Geiste zu gleichem in der Lage.
Dies war ein schlauer Plan der großen Mutter!
Denn auch wenn der Mensch sich dessen in seiner ersten Hochzeit nie wirklich bewusst war, waren ihm die Tiere stets an großer Zahl überlegen und ähnlich wie es ihnen während der scheinbaren Herrschaft des Menschen erging, waren sie nun die wahren Hüter über das Wohl „ihrer“ Welt.
Und sie verstanden viel von den Bestrebungen ihrer neuen Brüder und verstanden es noch besser diesen rechtzeitig Einhalt zu gebieten.
Und so lebten sie denn in großer Eintracht miteinander bis zur heutigen Zeit, in der das geschriebene Wort keine Bedeutung mehr hat und der große Gedanke des Ursprungs über allem steht.
 



 
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