Die Vergessenen

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Kaetzchen

Mitglied
Noch immer hat sich hier nichts geändert. Der Fortschritt erreichte diese Gegend nie, auch nicht der Wohlstand.
Gebeugt und verkeilt stützen sich die Häuser gegenseitig. Ihre unverputzten Mauern aus grob gehauenen Steinen dulden selten Licht in ihrer engen Gasse. Schatten legen sich wie graue Tücher über die Farben der Jahreszeiten, lassen nur kühle oder kalte Tage gelten. Oft bahnt sich Feuchtigkeit in Rinnsalen ihren Weg. Nachts, wenn die Laterne in der Zugluft schaukelt, schweben die Ahnen an den Wänden entlang, doch hinter den beschlagenen Toren und hölzernen Fensterläden wohnt Geborgenheit.
Dieser Ort ist für seine Bewohner Obdach und Kirche zugleich. Manchmal, wenn eine Alte mühsam die Pflastersteine erklimmt und dabei der Predigt ihrer kleinen Schritte lauscht, kommt es vor, dass sie innehält. Hoffnungsvoll hebt sie ihre Augen, auf ein Zeichen wartend, vielleicht einen Sonnenstrahl oder ein Vogellied. Sobald sie etwas davon erhaschen kann, durchflutet Freude ihr Herz und gibt ihrem angehaltenen Leben eine Bedeutung. Auf ihr Gesicht legt sich ein wenig Anmut und ein stilles Lächeln. Sie verharrt eine Weile und es scheint, als ob sie betet. Für diesen Augenblick kommt sie jeden Tag wieder.
Ob sie um Erlösung bittet?
 

Albert

Mitglied
Hallo Kaetzchen
Gut geschrieben, gefällt mir. Solche Gassen gibt es auch heute noch. Ich sah es in Italien. Besonders gefällt mir: graue Tücher über die Farben der Jahreszeiten.
Viele Grüße
Albert
 

Kaetzchen

Mitglied
Hallo Albert,
danke fürs lesen und die Bewertung.
Ja, auch in anderen Ländern gibt es noch solche Gassen, sie sind tatsächlich bewohnt.
Da sind die Häuser älter, als die Generationen, die darin wohnten.
LG
Kaetzchen
 



 
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