Die Vorrichtung

Hospitalist

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Das Problem mit dem Tod ist, dass man danach nicht mehr weiß, ob man je existiert hat, da man nicht mehr existiert. Also hört man im Leben schon auf zu existieren. jeden Tag ein bisschen. Dessen war sich Samuel bewusst, obwohl er nicht genau wusste, was nach dem Tod mit einem geschieht, aber das war ihm auch egal. Er war sich sicher: "heute nehme ich mir das Leben" diese Feststellung beruhigte ihn sehr. Und wie sehr er die Ruhe liebte. Leider hatte er in seinem recht jungen Leben viel weniger davon als er gern hätte. Aber auch das spielte keine Rolle mehr für ihn. Abenddämmerung. Nieselregen. Samuel hatte noch einen weiten Weg vor sich mit einem Spaten in der Linken und einem recht schweren Rucksack gerüstet ging er mit einem entschlossenen Tempo in den Wald. Es war Herbst und er watete durch den Teppich aus heruntergefallenen Blättern. Samuels Ziel war die tiefste Stelle im Wald.
"Weil du mich nicht verstehst", hatte Elvira zu ihm gesagt. An diesem Tag war es heiß. Sie trug ein violettes Kleid. Der Pfad auf dem Samuel ging, begann langsam ins Leere zu verlaufen. Es wurde immer dunkler, aber nicht so dunkel dass er sich genötigt sah die Taschenlampe herauszuholen. Der Regen wurde stärker. Er blieb stehen, schloss die Augen und atmete tief durch. Wenn man durch Wälder geht dann muss man aufpassen dass man nicht versehentlich im Kreis läuft, hatte mal jemand gesagt. Sich im Kreis bewegen, ja, das kannte er gut. Er musste die perfekte Stelle finden. Aber vielleicht würde er die perfekte Stelle erst erkennen, wenn er 2-3 mal daran vorbei gelaufen ist. Das würde bedeuten es würde sogar Sinn machen, wenn er weiter im Kreis laufen würde. "Er hat all unsere Sünden auf sich genommen" sagte seine Mutter dem sechsjährigen Samuel und zeigte dabei auf das Kreuz das an der Wand hing. Draußen gewittert es. Auf dem Küchentisch brannten zwei Kerzen. Er musste jetzt aufpassen, dass er nicht über Äste und Wurzeln stolpert.
Eine Beerdigung kostet im Schnitt 7000 €. Dazu kommt noch der Selbstmord an sich, der je nachdem wie er ausgeführt wird auch viel kosten verursacht. Brächte sich beispielsweise jemand um, indem er vor einen Zug springt zöge das Polizei Feuerwehr und Krankenwagen Einsätze nach sich. Die Bahn würde sich enorm verspäten und der Bahnfahrer hätte einen Schock fürs Leben. Das alles wollte er nicht. Er wollte leise sterben.
Da war sie endlich, die ideale Stelle. Vier Eichen in einem Quadrat angeordnet. Samuel legte den Rucksack ab und begann mit der Arbeit. Ein Loch zu graben würde viel Zeit und Energie beanspruchen. Aber ihm blieb nichts anderes übrig.
Zuerst scharrte er die Blätter bei Seite, um zu sehen, Wie die Wurzeln Der Bäume verliefen. genau in der Mitte war die Stelle frei und er begann zu graben. Bereits nach den ersten Stichen brach Samuel in Schweiß aus. Er war nicht besonders sportlich. Unweigerlich kamen ihm Erinnerungen aus seiner Schulzeit ins Gedächtnis. " wir wollen Samuel nicht", "aber Er ist der einzige, Und ihr müsst ihn wählen, sonst sind nicht gleich viele in den Mannschaften". “ Oh nö, buh, Samuel stinkt".
Samuel stinkt.
Etliche Stunden später war das Loch fertig. Mit Stolz betrachtete Samuel die Grube. Aber jetzt begann die eigentliche Arbeit. Er holte aus seinem Rucksack eine dünne, Aber große, dunkle Decke und dazu einige Seile mit einer Länge von ca. 1,5 Metern. Diese befestigte er an den vier Eichen und knotete sie an allen vier Seiten der Decke zusammen. Die Decke hing etwa 50 Zentimeter über der Grube. Wieder den Spaten in die Hände nehmend, warf Er die sich angehäufte Erde auf die Decke. Dann legte er sich in die Grube und kramte mehrere Blister Schlaftabletten aus dem Rucksack, den er zu sich zog. Er hatte vorher ausgerechnet, Wie viele Er braucht. Es waren genug. Mehr als genug.
"Du bist nur eine schlechte Kopie deines Bruders", sagte sein Vater.
"obwohl ihr Zwillinge seid; schau ihn an. Und jetzt schau dich an. Du Versager. Komm mir nie wieder mit einer vier nach Hause." Seine Wange brannte noch, als er sich in den Schlaf weinte.
Langsam begannen die Tabletten an zu wirken. Jetzt war es soweit. Der ganze Clou an der Sache. Samuel zog an einem Seil und die Decke mit der Erde löste sich und begrub ihn. Seine Vorrichtung.
"Hier findet mich keiner. Jetzt mache ich niemandem mehr Ärger.
Niemand konnte mich retten... außer Elvira...Elvira vielleicht... EL..."
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Hospialist,

Dein Text ist besser hier bei den Kurzgeschichten als bei den Erzählungen aufgehoben.

Viel Freude bei der Leselupe und viele Grüße,

DS
 



 
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