Die Weberin und der Dichter

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Sie blicken müden Mündern gleich.
Gefaltet in die stillen Ecken.
Und außen steif und innen weich.
Verschwiegen. Reich bestickte Decken.

Sie trägt das Tuch zur Ecke hin.
Die kleinen Hände beben.
Nach Plaudern stand ihr nie der Sinn
Verschwendung. Nur das Weben.

Das leise Weben: Gold in Garn
vermag die Zeit zu halten.
Und der Geruch von fernem Farn
in überreinen Falten.

(So schufen schon die Alten)

Das Schweigen kam nicht mit der Zeit.
Es stieg nicht aus der Mühe.
Es kam ganz wie ein Hochzeitskleid
in dunkelblauer Frühe.

Und sieht man ihren schönen Mund
so schweigend bei den Falten,
man denkt sich: Der ist müde und
ganz aufgezehrt vom Walken

Der Worte, die sie niemals sprach.
Die in der Kehle stecken.
Und deshalb ist ihr Atem flach.
Und deshalb steift sie
Decken.

Sie wissen nicht, dass in der Früh,
der dunkelblauen Frühe,
ein Lachen stieg aus ihrer Müh‘
Und sprach zum Kleid: Erblühe!

Die Decken werden Schlüssel sein
für ihren blinden Dichter.
Und all die feinen Stickereien
in seinem Dunkel
Lichter.
 

Tula

Mitglied
Hallo Dio
Wunderbares Gedicht! Auf jeden Fall eine besondere Empfehlung wert, somit hier mein Vorschlag.

Das Schweigen kam nicht mit der Zeit.
Es stieg nicht aus der Mühe.
Es kam ganz wie ein Hochzeitskleid
in dunkelblauer Frühe.


Genau wie du hier als Dichter ;)

LG
Tula
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Dio,

ein wunderbares, melancholisches und zärtliches Gedicht.
Ich empfehle es!

Liebe Grüße
Manfred
 

Mimi

Mitglied
Lieber Dionysos,
hier ist Dir ein überaus schönes Stück Poesie gelungen ... ich bin wirklich begeistert!
Dass ich den zart-melancholischen Dio-Sprachstil in Deinen Gedichten sehr schätze, weißt Du ja bereits ...

Gruß
Mimi
 
Hi,

ich möchte mich sehr herzlich bedanken für die so schönen Reaktionen auf den Text und die Empfehlung !

Bin etwas sprachlos... wie unsere Weberin.

@Tula wie schön Du meinen text auf mein Hiersein wendest , freut mich einfach
@Franke vielen Dank, Manfred für deinen Eindruck, Da finde ich alles wieder!
@Mimi ich danke Dir sehr hezlich. Ich freue mich sehr, dass Du meine Sachen liest und schätzt. beruht auf Gegenseitigkeit !

mes compliments

le poète aveugle
 
Zuletzt bearbeitet:

sufnus

Mitglied
Ja das ist wirklich ganz beeindruckend schön!
Ich trau mich jetzt aber doch mal zu fragen, was hier besungen wird. Bei den Stichworten Weben und Dichten denk ich an Heine und die Schlesischen Weber, aber Dein Lied klingt älter, beinahe schwingt etwas Vormodernes mit.
Gibt es zu den, beinahe etwas balladesken, Zeilen eine überlieferte Begebenheit oder einen Erzählstoff?
LG!
S.
 
Ja das ist wirklich ganz beeindruckend schön!
Ich trau mich jetzt aber doch mal zu fragen, was hier besungen wird. Bei den Stichworten Weben und Dichten denk ich an Heine und die Schlesischen Weber, aber Dein Lied klingt älter, beinahe schwingt etwas Vormodernes mit.
Gibt es zu den, beinahe etwas balladesken, Zeilen eine überlieferte Begebenheit oder einen Erzählstoff?
LG!
S.
Hi suf

es gab keine bewusste Begebenheit oder Erzählstoff, die dem Text zu Grunde liegt. Das Thema hat sich aus dem Bild der sorgsam gewebten, bestickten und gefalteten Tischdecken, auf deren Stickerei die Morgensonne durch ein Bauernhoffenster am Morgen hineinscheint, und die die Stickereien fast wie Strähnen von Gold erscheinen lässt, ganz von selbst entwickelt.

Für mich wird letztlich eine gewisse Form der *Wahrhaftigkeit* besungen, die Blinde sehen lassen und Stumme sprechen lassen kann und zwar in der Form, dass sie aneinander ganz werden, mehr als die Summe ihrer Teile..

mes compliments

Dio
 

sufnus

Mitglied
Ah.... vielen Dank! Ja, jetzt sehe (fühle) ich klar! :)
Und... hopsti... hab mal wieder die Sterne vergessen dazulassen... schnell nachholen...
LG!
S.
 
Hi @Walther

vielen Dank für die schöne Überraschung und die große Ehre! Ich schaue es mir in Ruhe an und MAIL.de mich

mes compliments

Dio

PS: Ich hab gar nichts eingestellt, dass man mir keine Nachrichten schreiben kann. Ist glaube ich ein Bug, den andere auch schon hatten ? Über Post vom "Sonettkönig" freu ich mich selbstverständlich immer ganz besonders ;-)
 

sufnus

Mitglied
Hey Dio!
Weil Walther bei mir das gleiche Problem hatte wie bei Dir, hab ich mir erlaubt, mal testweise zu versuchen, Dir eine Nachricht zu schicken - quasi von PN-Fail zu PN-Fail. Tatsächlich bin ich bei diesem Unterfangen unter Zuruf einer Oops-Fehlermeldung des Lupensystems glatt gescheitert (wahrscheinlich wäre es klug gewesen, wenn ich meine Nachricht etwas weniger wortreich verfasst hätte, jetzt war es doch einigermaßen signifkant viel verschwendete Lebensenergie ;) - aber nur "test test" wäre mir doch zu wenig gewesen...
Je nun... ich frag mal in der Abteilung Technik nach, woran es liegen könnte. Eigentlich find ich nämlich in den Einstellungen nix, wo ich bzgl. PN-Zustellbarkeit etwas erlauben oder nicht erlauben könnte.
LG!
S.
 

Feivel Veys

Mitglied
Hey Dion,
Auch wenn du es hier schon mehrfach gehört hast - das hier ist ein tolles Gedicht und eine wirklich gelungene Form. Allein, dass "Schönheit" und "Falten" in einem Doppelvers/Satz erwähnt werden, verdient Respekt. Das findet man viel zu selten.

Halte deine Federn am Schreiben
Feivel
 



 
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