Hey!
Ich hab mich ja auch dann & wann (ohne Kenntnis der Hintergründe) schon verwundert gezeigt, warum Gedichte, in denen offensichtlich ein klassisch geformter End-Reim als Strukturelement dient (auch wenn er ggf. nicht in regelhaften Paar-, Kreuz-, Schweif-, usw.-Reimen Niederschlag findet), warum also ein offensichtliches Gedicht mit vielen Reimen unter "Ungereimtes" auftaucht. Ich denke, falls hier ein einzelner Herr, der kein Foren-Oberguru ist, eine abweichende Meinung äußert, ist das keineswegs ein Grund, dem nachzukommen.
Vielleicht lohnt sich aber mal ein Austausch in einem entsprechenden Meta-Faden über die Frage, was ein Gedicht zum Reimgedicht macht.
Es könnten sich dabei durchaus auch interessante Erkenntnisse zur Frage ergeben, was ein Reim überhaupt ist bzw. was als ein solcher zählen kann.
Zum Gedicht selbst noch:
Was mir ganz besonders gut gefällt ist das Spiel mit dem Namen im Titel, "Hohenschönhausen": Das klingt doch auf eine altmodisch-anheimelnde Weise nach einer malerischen Burg, wahrscheinlich ein Nachbau aus dem 19. Jahrhundert mit vielen "gotischen" Türmchen, Erkerchen und jeder Menge Zinnen, die zugleich majestisch, wie märchenhaft-verspielt auf einem Bergkegel thront. Kein Wunder, dass es da dann eine Zauberin gibt.
Und dann ist es der verbrauchertäuschende Name einer Hochhaussiedlung. Märchenromantik ade? Wie man sieht: Mitnichten!
Das ist, finde ich, ein großartiger Einfall!
Und zuletzt noch: Ist fatigant nicht ein ganz wunderbares Wort? Eins der schönsten, das ich hier zu lesen bisher die Ehre hatte! Es ist zwar in seiner Standardbedeutung (bei einem praktisch ausgestorbenen Wort von einer solchen zu sprechen, ist beinahe ein Paradoxon) eher aktivisch aufzufassen (wie die meisten -ant-Wörter), während es hier im Text eher passivisch benutzt wird; aber das tut nichts zur Sache - im Gebrauch in diesem Text folgt es eben mehr dem Adjektiv flamboyant, welches im übertragenen Sinne (eher nicht im pyrotechnischen
) flammend/entflammend (mitreißend, provozierend, begeisternd, auftrumpfend) bedeuten kann, aber auch geflammt/entflammt (gekünstelt, geschmückt, verstiegen).
... und damits jetzt nicht missverstanden wird: Mein Vergleich fatigant - flamboyant bezieht sich darauf, ob das Wörtchen eher anzeigt, dass vom Attribuierten eine Wirkung ausgeht (aktivisch oder ob sie ihm innewohnt oder ob etwas auf ihn einwirkt (passivisch). Inhaltlich sind die Wortfelder von fatigant und flamboyant natürlich nicht überlappend. Fatigant = ermüdend oder (hier eher und etwas im Unterschied zu einschlägigen Wörterbuch-Einträgen) müde/schwach/erschöpft.
LG!
S