Die Zeichen

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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Die schwarze Magie der Isomorphie
lieber Andri,

bedeutet, wenn ich es so unmittelbar nehme, wies vor mir dasteht, daß die schwarzen Buchstaben hier in der weißen Fläche, die sich gleich in dunkelgrüne auf hellgrünem Hintergrund verwandeln,
1. eine Isomorphie mit dem Inhalt haben und
2. schwarzmagisch sind.

1. Nein, Schrift trägt sprachliche Mitteilungen, diese tragen Inhalte. Die Inhalte sind mit ihren sprachlichen Formulierungen nicht identisch, und die Sätze sind nicht mit den Schriftzeichen identisch. In diesen Differenzen schichtet sich das System gegeneinander beweglicher Strukturebenen. Die einzige mir bekannte Information, die mit ihrem Kanal identisch ist, ist das Licht. Unsere sprachlichen Mitteilungen dagegen laufen schon über verschiedene Formulierungsmöglichkeiten eines überzeitlichen Inhalts selbst innerhalb einer Sprache durch die Zeit, und dann haben wir schon die Übersetzungsdifferenz, wenn es nicht dieselbe Sprache ist, sodann greifen wir uns den Luftraum zur nächstmöglichen Mitteilung, oder das weltweite Gewebe für diese hier, und jetzt tippe ich noch auf meine schwarzen Tasten, um vor mir die Buchstaben erscheinen zu lassen, die sich gleich in grüne verwandeln.
Das mit der Isomorphie hat Wittgenstein im Tractatus versucht, aber das hat er schon innerhalb des Werkes wieder aufgehoben, weil die inhaltliche Identität eben nicht und nimmer über die Isomorphie der Zeichen läuft, sondern - wie er es später versucht hat - eher über "Sprachspiele", d.h. die praktische Dimension der kommunikativen Akte.
Isomorphie von Kanal und Information kenne ich - wie gesagt - nur beim Licht.

2. "schwarze Magie" ist eine schöne Metapher für die schwarze Kunst des Buchdrucks. Natürlich besteht in dieser Metapher, die hier für eine andere Metapher eingesetzt wird, keine Isomorphie zwischen Kanal und Information, weder im alten Wortspiel der "schwarzen Kunst" noch hier in Deinem Vers.

Ich selbst finde Dein Gedicht nicht so unpoetisch, es berührt einen höchst diskussionswürdigen Gedanken, und ordnet ihn in Versen, - es geht auch nicht im Abyssus des Unbeachteten unter, das ist schon mal gut.

grusz, hansz
 



 
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