Die Zeit als Brieffreundin

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I

Im Schatten der Kastanien träumten
wir: Geflüster aus den Seelendingen.
Und zu dem Rauschen dunkelblauer
Schwingen --.
Schon in der ersten Nacht
unter den Bäumen,
-,Eisvögel in den Augen-
zu gierig voneinander
trinkend.

In diesen Schlücken war ein Klingen,
das kann man nirgendwo erlauschen.
Und alles Atemholen, das wir tauschten,--
heftiges Ineinanderdringen

Dir: Der Mnemosynerinnen
wahrste, klarste
Opfergabe bringen
Mir: Die Nacht zu einem Schicksal spinnen.
Und in der Spindel Seelenfaden schlingen
Erato und Melpomene den Dingen
meines Weiterlebens alle Sinne ab,
die nicht mit dir beginnen

(und enden auf demselben Blatt,
auf das ich deinen Namen schrieb:
Du nur, nur du)

II

Das ew'ge Spiel von Nähe und von Ferne,
Der Tanz von Trieb tief in der Worte Wärme.
Wie gerne wandten wir uns solchen Worten zu.
Ein jeder halb, als sei er ganz ins Spiegelbild getrieben
worden: Lasen uns, aus Briefen, die wir schrieben,
gönnten unserer Sehnsucht keine Ruh.
Du: Die mich mit ihrer Blindheit schlug.
Ich: Der dich wie einen
Hauptgewinn ertrug.

Nach Dir
war nichts mehr
wie vorher

(Das Blaue in dem Abend rauscht
Wie dieses dunkelblaue Kleid,
das Mutter trug...)

III

Kastanien tragen nun ihr grünes Kleid.
Ihr Schatten aber bleibt
im schweren, dunkelgrünen Traum.

Ich trinke gierig von der Einsamkeit.
Dein Fehlen wie ein Fehler in dem Raum,
der mich umkreist,- wie Leben.

Das Blaue in dem Abend ist schon ganz an mich vergeben.
Dein Name ist die Zeit.
Und an dem dunkelblauen Kleid
der schwarze, schwere
Saum
 
Zuletzt bearbeitet:

Tula

Mitglied
Hallo Dio
Wenn ich mich wieder kurz fassen darf: hat etwas 'Elfisches in blauer Stunde' mit einem leichten Düsterhauch von Heym und Trakl ;)

LG
Tula
 



 
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