Missbilligende Blicke wandern durch das Abteil und bleiben an mir hängen.
Was gefällt ihr nicht an mir dieser Frau mir gegenüber? Findet sie mein weißes Seidenkleid unpassend oder kann sie sehen was ich denke, was ich getan habe? Ich schließe meine Augen und weiß, dass da draußen die Landschaft vorbei zieht und mein altes Leben mit sich nimmt in die Vergangenheit, eine Vergangenheit die nichts mehr mit mir zu tun hat.
Alles hatte als ein Spiel begonnen. Ich war dir nachgegangen. Ich hatte nichts mit dir zu tun, fühlte mich einsam und ich folgte dir als ob wir den gleichen Weg hätten. Du warst eine Fremde, zufällig ausgewählt. Ich wollte einfach eintauchen ins Vergessen, einen Weg gehen dessen Ziel ich nicht kannte. Ich versuchte du zu sein um für eine kurze Zeit nicht ich sein zu müssen.
Das Bistro war so früh am Morgen fast leer. Die Einrichtung trostlos und es hing ein Geruch in der Luft der mich immer mehr zusammendrückte. „ Heute kommt es darauf an“ hatte ich mir beim Aufstehen gesagt und mich angezogen. Das teure Kleid das ich mir für diesen Moment gekauft hatte war unglaublich schön. Beides kann ich mir nicht leisten. Geld habe ich keines und „schön“ passt nicht zu mir.
Es ist aus weißer Seide und dazu gehörte ein wunderschöner blauer Seidenschal. Das Blau mache meine blauen Augen noch blauer, sagte die Verkäuferin, „das i-Tüpfelchen“. Der sanfte, anschmiegsame Fall der kühlen Seide des Kleides umschmeichle meinen Körper und mache ihn schmaler, so meinte sie.
In diesem Bistro hätte ich nicht sitzen dürfen, in einer halben Stunde müsste ich in diesem noblen Hotel sein in dem ich mich als Bankettleiterin bewerben sollte. „Festmahle für Betuchte organisieren, das wäre doch was für dich“ meinte Inge, meine Freundin, als sie mir diesen Job vorgeschlagen hatte.
Ich nippte an meinem Pastis, der mich von Inges Meinung doch noch überzeugen sollte und starrte vor mich hin.
Da gingst du an mir vorbei und etwas an der Art deines Gangs ließ mich aufsehen und dir folgen, das Spiel begann.
Du warst eher klein und zierlich, anmutig. Das Gegenteil von mir, „du hast so viel Anmut wie ein Ackergaul“ pflegte meine Mutter zu sagen. Lachte ich dann aus Notwehr darüber war ich ihrer Meinung nach auch noch blöder als ein AckergauI.
Du hättest ihre Zustimmung gefunden.
Letzte Woche saß ich mit Inge auf einer Bank im Park. Inge wollte mit mir über dieses Vorstellungsgespräch sprechen, das sie mir organisiert hatte. Als sie mich sah lief wieder dieser unzufriedene Ausdruck über ihr Gesicht. Sie ist schon lange der Meinung, dass ich mich gehen lasse, kein Job, keine Familie, nicht mal einen Mann, dafür viel zu viel Gewicht. Sie sagte „irgendwie wirst du auf der einen Seite immer weniger und auf der anderen immer mehr“. So fühle ich mich auch. Ich bin immer weniger Anna dafür werde ich immer mehr zu irgendwas. Für Mutter wäre ich in diesem Park ein Ackergaul auf einer Bank gewesen der blöde und trübe vor sich hinglotzte.
Dein Gang hatte mich fasziniert. Das heißt, eigentlich nur der Schwung deiner anmutigen Arme. Arme so schön wie ein in sanftem Bogen fließender Bach aus deinem grünen Trägerkleid.
Einmal hattest du dich nach mir umgesehen aber dein Blick hatte offensichtlich nichts gesehen, zumindest nichts was ihm gefiel, sodass er sich beinahe sofort wieder nach vorne zurückzog.
So war ich ein paar Straßen lang nichts was hinter dir herlief bis du leichtfüßig vier Stufen zu einem Wohnhaus hinauf gingst, eine schöne alte Türe öffnetest auf die völlig unpassend, ein grinsender Frosch gemalt war. Bevor sie sich mit einem sanften Klicken hinter uns wieder schließen konnte waren wir beide eingetreten.
Mein wunderschöner blauer Seidenschal wechselte nun die Besitzerin. Er liegt jetzt straff gebunden um deinen Hals und betont deine starren blauen Augen. Der Fluss deiner Arme ergoss sich auf die Treppe hinter dir auf deren erste Stufe ich dich gesetzt hatte während dein Kopf auf der zweiten Stufe zwischen ihnen lag. Deine feingliedrige Hand winkte mir anmutig zu als ich dir einen letzten Blick zuwarf. Dein Blick sah mich nicht, er war nach oben gewandt.
Der Zug fährt in einen Bahnhof ein. Ich will hier raus, packe meine Tasche, stehe auf und werfe der Dame mit dem missbilligenden Blick ein Blatt Papier in den Schoß auf das ich während der Fahrt mit einer anmutigen Haltung meines Arms in zierlicher Schrift zwei Sätze geschrieben habe.
Man muss daran glauben, dass mit der Zeit kommt was für einen bestimmt ist.
DIE ZEIT VERGISST DICH NICHT!
Was gefällt ihr nicht an mir dieser Frau mir gegenüber? Findet sie mein weißes Seidenkleid unpassend oder kann sie sehen was ich denke, was ich getan habe? Ich schließe meine Augen und weiß, dass da draußen die Landschaft vorbei zieht und mein altes Leben mit sich nimmt in die Vergangenheit, eine Vergangenheit die nichts mehr mit mir zu tun hat.
Alles hatte als ein Spiel begonnen. Ich war dir nachgegangen. Ich hatte nichts mit dir zu tun, fühlte mich einsam und ich folgte dir als ob wir den gleichen Weg hätten. Du warst eine Fremde, zufällig ausgewählt. Ich wollte einfach eintauchen ins Vergessen, einen Weg gehen dessen Ziel ich nicht kannte. Ich versuchte du zu sein um für eine kurze Zeit nicht ich sein zu müssen.
Das Bistro war so früh am Morgen fast leer. Die Einrichtung trostlos und es hing ein Geruch in der Luft der mich immer mehr zusammendrückte. „ Heute kommt es darauf an“ hatte ich mir beim Aufstehen gesagt und mich angezogen. Das teure Kleid das ich mir für diesen Moment gekauft hatte war unglaublich schön. Beides kann ich mir nicht leisten. Geld habe ich keines und „schön“ passt nicht zu mir.
Es ist aus weißer Seide und dazu gehörte ein wunderschöner blauer Seidenschal. Das Blau mache meine blauen Augen noch blauer, sagte die Verkäuferin, „das i-Tüpfelchen“. Der sanfte, anschmiegsame Fall der kühlen Seide des Kleides umschmeichle meinen Körper und mache ihn schmaler, so meinte sie.
In diesem Bistro hätte ich nicht sitzen dürfen, in einer halben Stunde müsste ich in diesem noblen Hotel sein in dem ich mich als Bankettleiterin bewerben sollte. „Festmahle für Betuchte organisieren, das wäre doch was für dich“ meinte Inge, meine Freundin, als sie mir diesen Job vorgeschlagen hatte.
Ich nippte an meinem Pastis, der mich von Inges Meinung doch noch überzeugen sollte und starrte vor mich hin.
Da gingst du an mir vorbei und etwas an der Art deines Gangs ließ mich aufsehen und dir folgen, das Spiel begann.
Du warst eher klein und zierlich, anmutig. Das Gegenteil von mir, „du hast so viel Anmut wie ein Ackergaul“ pflegte meine Mutter zu sagen. Lachte ich dann aus Notwehr darüber war ich ihrer Meinung nach auch noch blöder als ein AckergauI.
Du hättest ihre Zustimmung gefunden.
Letzte Woche saß ich mit Inge auf einer Bank im Park. Inge wollte mit mir über dieses Vorstellungsgespräch sprechen, das sie mir organisiert hatte. Als sie mich sah lief wieder dieser unzufriedene Ausdruck über ihr Gesicht. Sie ist schon lange der Meinung, dass ich mich gehen lasse, kein Job, keine Familie, nicht mal einen Mann, dafür viel zu viel Gewicht. Sie sagte „irgendwie wirst du auf der einen Seite immer weniger und auf der anderen immer mehr“. So fühle ich mich auch. Ich bin immer weniger Anna dafür werde ich immer mehr zu irgendwas. Für Mutter wäre ich in diesem Park ein Ackergaul auf einer Bank gewesen der blöde und trübe vor sich hinglotzte.
Dein Gang hatte mich fasziniert. Das heißt, eigentlich nur der Schwung deiner anmutigen Arme. Arme so schön wie ein in sanftem Bogen fließender Bach aus deinem grünen Trägerkleid.
Einmal hattest du dich nach mir umgesehen aber dein Blick hatte offensichtlich nichts gesehen, zumindest nichts was ihm gefiel, sodass er sich beinahe sofort wieder nach vorne zurückzog.
So war ich ein paar Straßen lang nichts was hinter dir herlief bis du leichtfüßig vier Stufen zu einem Wohnhaus hinauf gingst, eine schöne alte Türe öffnetest auf die völlig unpassend, ein grinsender Frosch gemalt war. Bevor sie sich mit einem sanften Klicken hinter uns wieder schließen konnte waren wir beide eingetreten.
Mein wunderschöner blauer Seidenschal wechselte nun die Besitzerin. Er liegt jetzt straff gebunden um deinen Hals und betont deine starren blauen Augen. Der Fluss deiner Arme ergoss sich auf die Treppe hinter dir auf deren erste Stufe ich dich gesetzt hatte während dein Kopf auf der zweiten Stufe zwischen ihnen lag. Deine feingliedrige Hand winkte mir anmutig zu als ich dir einen letzten Blick zuwarf. Dein Blick sah mich nicht, er war nach oben gewandt.
Der Zug fährt in einen Bahnhof ein. Ich will hier raus, packe meine Tasche, stehe auf und werfe der Dame mit dem missbilligenden Blick ein Blatt Papier in den Schoß auf das ich während der Fahrt mit einer anmutigen Haltung meines Arms in zierlicher Schrift zwei Sätze geschrieben habe.
Man muss daran glauben, dass mit der Zeit kommt was für einen bestimmt ist.
DIE ZEIT VERGISST DICH NICHT!
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