Diem Truong - in den Outbacks von Song Nam

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MDSpinoza

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Diem Truong, in den Outbacks von Sôn Nám

Neuling, Du kennst Sôn Nám noch nicht - also sei gewarnt: hier ist fast alles anders, als es aussieht. Wir, das Komitee von Sôn Nám, geben Dir hier einige Ratschläge, die Du besser befolgen solltest, wenn Du hier überleben willst:

Schau unter den Stein, bevor du dich draufsetzt - und schau ihm in die Augen, wenn er welche hat

Iß nichts, was sich noch bewegt

Lege deine Stiefel nie ab wenn du im Freien schläfst, sonst bist du keinesfalls mehr allein darin

Wasche dich niemals in trübem Wasser

Trinke niemals direkt aus dem Fluß

Zünde nie ein Feuer unter einem Baum an, ohne ihn vorher zu fragen

Pflücke nie eine Frucht von einem Baum, wenn er es nicht will

Breite niemals Deinen Schlafsack aus, ohne vorher den Boden zu harken

Greife niemals zum Beil, wenn es jemand anbetet

Errichte NIEMALS ein Haus in einer Bodensenke

Scheiße nie in einen trüben Bach

Schieße nie zuerst, Du könntest den Fick Deines Lebens versauen

Ich hatte fast alles ausgegeben, um mir die Passage nach Sôn Nám leisten zu können, und dann drückte mir das Empfangskomitee einen Zettel in die Hand, einer trat mir ins Hinterviertel, und dann war ich Einwohner von Sôn Nám. Ich stellte mich auf die Füße und schwankte zum General Store, wo ich den Rest meiner Barschaft in eine Ausrüstung zum Goldwaschen investierte. Sôn Nám, das neue Paradies für Goldgräber. Sôn Nám, das Dorado für Spieler und Huren, und deren Kunden. Und Banken. Dealer und Waffenschieber nicht zu vergessen. Mit anderen Worten, die Elite des menschlich besiedelten Universums.
Der Raumhafen, wenn das Gelände diesen Namen überhaupt verdiente, war von Truppen gesichert die so grimmig aussahen, daß niemand auf den Gedanken kam, irgendetwas zu tun, was seinen Rücktransport (oder den seiner Asche) gefährdet hätte.
Den Zettel hatte ich ungelesen in die Tasche gesteckt. Ein Schlafsack, eine Hacke, eine Harke, eine Pfanne, ein Kochgeschirr, eine Tüte Kaffeepulver und ein Kilo Zucker. Für mehr hatte mein Geld nicht gereicht. Einen Revolver und hundert Schuß Munition hatte ich von zu Hause mitgebracht. Als ich sah, was eine Übernachtung in einer lausigen Hütte kosten sollte, machte ich mich auf den Weg.
Der Tag dauert hier fast dreißig Stunden, und so kommt es, daß sich kein Schwein an den Vierundzwanzigstundentag der Erde hält. Die Erde. Es kam mir vor, als wäre meine Abreise von dort erst eine Sekunde her, oder, vielmehr, ich wäre noch gar nicht fort. Heiße Gebiete gab es dort auch, und der lärmende Betrieb in der Stadt war nicht anders als in Bombay, Pattaya oder Singapur. Menschen aller Hautfarben wuselten durcheinander, hier hörte man Englisch, dort Hindi, etwas weiter sogar breitestes Sächsisch. Ich trug meine Waffe verdeckt, das war das einzige, in dem ich mich von den meisten unterschied. Eine braune Schönheit glänzte mit einer matt verchromten Kalaschnikov, ein bis auf das bärtige Gesicht verhüllter alter Knabe schleppte wahrhaftig ein Mg 42 mit sich rum, den Patronengurt zweimal um den fetten Bauch gewickelt.
Als ich mich dem Stadtrand näherte, traf ich auf mehr oder weniger ausgezehrte Frauen, die sich für die ankommenden Goldsucher bereithielten. Man mußte schon ziemlich ausgehungert sein, um sich von ihnen angezogen zu fühlen. Ich überlegte, ob dieser Standpunkt nicht vielleicht etwas hochmütig sei, denn schließlich gehöre ich auch (und gerade jetzt) nicht mehr zur Elite der Menschheit, aber als ich bei einer die charakteristischen violetten Kaposi-Sarkome sah, war ich mir meiner wieder sicher.
Meiner was, eigentlich? Menschenwürde? Die hatten sie mir aberkannt, als ich noch im Gefängnis gesessen hatte. Würdigkeit, bezogen aus der Zugehörigkeit zur Gattung Homo Sapiens? Nein, danke, das hatten wir doch schon mal. Selbstachtung? Mußte wohl sein, ich hatte nie mit den Kapos paktiert, mich nie als Knastfotze prostituiert und mich auch nie zum Junkie machen lassen. Das hatte mir möglich gemacht, einen verbilligten Flug nach Sôn Nám zu nehmen, einfache Fahrt, und mir noch hier ein paar Teile zu kaufen. Sôn Nám war schon seit zehn Jahren besiedelt, aber zu mehr als ein paar Dörfern und der einen Stadt, einem stinkenden Haufen von Lehm- und Wellblechhütten, hatte es noch nicht gereicht. Das Einzige was da einer Regierung ähnelte war das Komitee, das die Neulinge am Flugfeld der Fähre erwartete und die Handzettel verteilte. Hauptexportgut von Sôn Nám war Gold, Hauptimportgut waren Menschen. Speziell diejenigen, die nichts mehr zu verlieren hatten. Hier landete der Schrott der Menschheit, der für den Rest die Kastanien aus dem Feuer holte.
Mittlerweile war ich auch aus den Außenbezirken der Stadt heraus und folgte einem Trampelpfad durch den immer dichter werdenden Wald. Auf dem Flug hatte ich aus einem Infoband erfahren, daß die Vegetation fast ausschließlich eßbar und die Tierwelt relativ friedlich waren. Mit anderen Worten, die Mitglieder der ersten Expeditionen waren nicht sofort verhungert und auch nicht auf der Stelle aufgefressen worden.
Ich marschierte noch eine Weile in welche Richtung auch immer. Der Wald war schon bald eine undurchdringliche grüne Wand, aus der seltsame Gerüche und Geräusche drangen. Einmal flog mir etwas Klebriges an die Stirn, blieb aber nicht lange haften. Ich schätzte die Temperatur auf 35° C, und das im Schatten. Ich war glücklich, als ich eine Lichtung fand, an deren Rand sich ein kleines klares Bächlein schlängelte. Ein Findling lag auch passend unter einem Baum, eine alte Feuerstelle daneben. Ich sammelte etwas Holz, setzte mir einen Kaffee an und griff nach einer Frucht, die einladend von einem Zweig herunterhing.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Bach und fühlte meinen rechten Arm nicht mehr. Der Stein hatte sich über meinen Kaffee hergemacht und fraß gerade die Aluminiumverpackung. Das Kaffeepulver hatte er schon kleingekriegt. Er oder es war ein länglicher Vierfüßer und hatte sich nur zusammengerollt - um auf Beute zu warten? zu schlafen? Augen hatte er auch, und was für welche. Grüne und sanfte, mit langen Wimpern und einem richtig lieben Ausdruck. Als er meinen Blick spürte, lief er auf mich zu und leckte meine Füße. Sie waren der höchste Punkt meines Körpers.
Der Zucker war auch weg.
Das, was ich für eine Frucht gehalten hatte, reckte seine Flügel und zeigte eine spitze Schnauze mit langen, scharfen Zähnen. Unter dem Hals sah ich einen Stachel, den es langsam zurückzog.
Der Arm begann leise zu prickeln, Ich freute mich, daß ich überhaupt wieder etwas fühlte. Der Vierfüßler krabbelte langsam zu mir rüber, seine Augen wirkten aus der Nähe noch sanfter als von Ferne. Er hatte eine schuppige Haut, deren Oberfläche wirkte wie alter Stein. Er sah mir in die Augen (es mußte ein „er“ sein, irgendwie fühlte ich es) und ich war mir nicht mehr sicher, daß ich mich über das Kribbeln im Arm freuen wollte.
Ich wäre lieber ganz woanders gewesen, und das ganz schnell.
Seine Nase war ganz dicht vor meinen Augen, er hatte einen Mundgeruch wie eine Kaffeerösterei. Mit Frischobstabteilung.
Seine Zunge war rauh und warm, gar nicht so glitschig, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Dafür aber viel aufdringlicher. Das Geschlabber war irgendwie unangenehm.
Ich schob seine Nase beiseite, was er sich zu meiner Überraschung sogar gefallen ließ. Ich stand auf, schleppte mich erst einmal aufs Ufer und zog mir das nasse Zeug aus. Das Feuer brannte noch, und ich hängte meine Klamotten auf die Zweige des Baums. Er war nett, und Verständnis hatte er auch. Ein wirklich sympathischer Baum. Das Früchtchen hatte sogar seinen Platz geräumt, um mir zu helfen. Die wirklichen Früchte waren ungenießbar, der Baum zeigte sie mir später, es waren kleine Körner mit einer stahlharten Schale.
Während ich mich noch zu mir zurückgesellte, erzählte mir der Baum, daß es hier für uns Menschen ziemlich gefährlich werden könnte, und er bat mich im Namen des Waldes, mich hier nicht allzulange aufzuhalten und bald wieder zu verschwinden. Feuer hätten schon viele Bäume erschreckt, die dann, aus ihren Träumen gerissen, den unvorsichtigen Menschen verletzt oder gar getötet hatten.
Sprechende Bäume waren schon starker Tobak, aber das?
„Tritt beiseite, dann kann ich es dir zeigen, aber beeil dich“ - Etliche „Früchtchen“ stoben auf und davon, ich hinterher. Einen Augenblick später tropften dicke Flatschen eines unappetitlichen Schleims herunter.
„Das Zeug ist ziemlich giftig, aber es ist beherrschbar, wenn du schnell genug einen „Stein“ findest. Einen „Stein“ mit grünen Streifen, so einen, wie du vorhin gefüttert hast. Du hast wirklich Glück, er mag dich.“
Im Feuerschein konnte ich sogar sehen, woher die Stimme kam: ein fleischiger Klumpen in Kopfhöhe mit drei Löchern darin. Die hatten sie entwickelt, um mit anderen Lebewesen zu kommunizieren, untereinander verständigt sich der Wald mit Kapillarwurzeln, in denen Proteinketten hin und her geschickt werden. Ein Mensch mit Telefon, Internet, Fax, Fernschreiber, Fernsehen und Radio ist dagegen richtig isoliert. Inzwischen wußte der halbe Wald, wer ich war, wie ich roch und was sonst noch so interessant an meiner Person war.
Ich staunte Bauklötze.
„Warum bist du hierher gekommen, willst du Geld waschen, wie die anderen auch?“
„Gold, aber warum fragst du?“
„Was wollt ihr mit dem Zeug? Es läßt sich zu nichts gebrauchen, und ich verstehe nicht, warum ihr Löcher in euch stecht, um daran Geld aufzuhängen.“
„Es gibt einen Unterschied zwischen Gold und Geld, aber unsere Industrie macht ziemlich interessante Dinge mit diesem Zeug.“
„Nur komisch, daß davon hier nichts ankommt. Ihr lebt auf einen Niveau, das ihr selbst als dreckige Scheiße bezeichnet. Ihr krabbelt hier im Busch rum, sterbt wie die Fliegen, und lebt eigentlich nicht. Einige, die mit den Schiffen kommen, nehmen euch das Geld ab und geben euch dafür ein paar Lappen, die sie gegen Gift und Schnaps eintauschen. Daran sterben auch viele. Das nennt ihr Leben?“
„Für mich gibt es nur eine andere Alternative: zehn Jahre in einem Käfig sechs mal zwei Schritte groß und dann, wenn ich Glück habe, eine Fahrkarte auf Kredit hierher. Da bezahle ich die Passage lieber gleich selbst und kaufe mir noch etwas Ausrüstung dazu. Von dem, was ich durch den Verkauf meines Goldes verdiene, kann ich mir hier einiges leisten, was ich auf meiner Heimatwelt nie bekommen hätte. Und ich brauche mich hier nicht in eine Miniwohnung zu zwängen, in einem Haus, das ich mit fast tausend anderen Menschen teile. Keine Heizung, keine eigene Toilette, eine Dusche, die ich mit hundert anderen teilen muß.“
„Was hast du denn angestellt, daß du so eingeklemmt werden solltest?“
„Ich hatte seit fünf Jahren keine Arbeit gefunden. Ich habe ein Geologiestudium abgebrochen, und danach keine Anstellung mehr gehabt, von kleinen, schlechtbezahlten Nebenjobs einmal abgesehen. Ich mußte meine Wohnung aufgeben und mich von der Wohlfahrt in ein Massenquartier einweisen lassen. Um ein wenig zum Leben zu haben, habe ich auch Jobs angenommen, die unser Staat nicht so gerne sah. Dafür habe ich ein Jahr im Knast gesessen.
Ich habe mir dann, kurz bevor ich völlig verzweifelte, etwas Geld „geborgt“ und davon die Fahrt bezahlt. Zurück kann ich nicht mehr, und ich will es auch nicht. Ich glaube, daß ich hier viel besser aufgehoben bin. Hier brauche ich mein Leben nicht mit Hunderttausenden zu teilen, hier kann ich tun und lassen was ich will. Ich brauche mich nicht zwangsweise mit Drogen vollpumpen zu lassen, weil das Wohlfahrtsamt meint, ich könnte vielleicht unter gewissen Umständen eventuell straffällig werden. Eure Freundschaft ist mehr wert als alles, was ich zurückgelassen habe.“
„Danke, aber das kann ich nicht ganz begreifen. Uns kann das nicht passieren. Gut, wir können uns nur sehr langsam bewegen, aber Isolation oder Zwang sind uns fremd hier auf Sôn Nám. Hier gibt es Freundschaft und Kommunikation. Und Kameradschaft. Wenn der Wald brennt, können wir das Feuer löschen, jedenfalls ein kleines. Deswegen mußt du den Baum fragen, unter dem du dein Feuer anzündest. Wehe, du überrascht ihn, wenn er in sich zurückgezogen ist. Du hast ja erlebt, was dann passiert.“
Wie zur Bestätigung entrollte sich der „Stein“ und räumte noch einmal meinen Rucksack aus. Er fand nichts eßbares, aber der Stoff schien ihm zu gefallen. Als er die letzten Geräte draußen hatte, blickte er noch einmal über den Rand, dann rollte er sich zusammen und rührte sich nicht mehr.
„Er mag dich, und du darfst dich glücklich schätzen, normalerweise essen sie, was ihnen von euren Nahrungsmitteln schmeckt, und verschwinden. Der hier wird dir wohl etwas länger treu bleiben. Bleib doch hier, ich zeige dir, wie man Geld gewinnt, der Flußsand enthält immer etwas, und du erzählst mir mehr von deiner Welt. Dein Freund wird auch gerne hier bleiben.“
Ich war mir nicht ganz sicher, was ich von dieser Ehre zu halten hatte, aber ich lächelte erst einmal. Der Stein riskierte ein Auge, er schlief also nicht.
„Harke erst einmal die Erde, wenn du dich schlafen legst. Wir haben eurem Komitee empfohlen, euch Neuankömmlinge zu warnen, es liegen hier viele Larven von Schädelbeißern herum, die sind zwar harmlos, aber ihre Bisse sind schmerzhaft. Sie knabbern gerne unsere Samen, und dafür brauchen sie gute Gebisse. Besonders gefährdet sind eure Nasen und Fingerspitzen, die passen zwischen ihre Kiefer. Sie sind blind und recht langsam, aber wenn du schläfst, kannst du dich nicht wehren. Sie quetschen öfter mal Nasen oder Finger, wenn einer von euch nicht aufpaßt. Wir können euch da nicht helfen, also greif zur Harke.“
Die Schatten wurden länger und ich war schon müde genug, also tat ich ihm den Gefallen. Ich dachte, ich wäre fast fertig, als ein armdicker, graubrauner Wurm laut zischend gegen die Harke sprang und mich fast zu Tode erschreckte. Ich schnappte noch nach Luft, während er sich leise keckernd in Sicherheit brachte.
„Danke“ sagte der Baum, „der hat mich schon seit Tagen geärgert. Und jetzt leg dich schlafen, ich passe schon auf dich auf.“
Eigentlich hatte ich gedacht, daß ich aus dem Alter raus war.
Der Waldboden war weich, klar, frisch geharkt, und ich fiel in einen tiefen Schlaf, der nicht gestört wurde.
Als ich aufwachte, war es stockdunkel. Sterne waren nicht zu sehen, dafür war die Wolkendecke doch zu dicht. Einen Mond konnte sich diese Welt auch nicht leisten. Das seltsame Gefühl im Rücken kam von dem Stein, der wußte meine Körperwärme zu schätzen. Er räkelte sich in meinen Kniekehlen, ich konnte mich nicht richtig ausstrecken. Der Schädelbeißer hatte sich wohl einen anderen Baum gesucht, von ihm war nichts zu sehen.
Ich rappelte mich auf und kramte mein Zeug zusammen, um mir irgendetwas zum Frühstück zu kochen. Feuerholz gab es genug, mein Feuerzeug war auch noch intakt. Ich schichtete etwas Holz auf die noch glimmende Kohle des Abends und klopfte an den Baum, um ihn zu wecken.
„Nur zu, ich bin wach. Wenn du etwas Süßes willst, dann warte ein Weilchen, ich mach dir was. Es dauert nicht lange. Hole Feinwasser in der großen Kanne und achte darauf, daß du niemanden mitnimmst. In der Nacht können einige Jäger im Wasser ihr Glück versuchen, und die haben Hunger. Und frag nicht, was für welchen.“
Die Kanne war ein richtiges Hitecprodukt, statt eines Deckels hatte sie ein engmaschiges Sieb und die Tülle war mit einer Federklappe gesichert. Ich hakte eine Schnur mit einem Karabinerhaken an den Henkel und warf die Kanne in das trübe Wasser. Als keine Luftblasen mehr aufstiegen zog ich sie wieder an Land und staunte über die Bißspuren an der Tülle. Scharfe Zähne, die ich nie in meiner Haut spüren möchte.
Der Kaffee war nicht so berauschend. Dafür waren dir Früchte, die mir der Baum schenkte, überwältigend. Süß, saftig und irgendwie luxuriös.
„So, du bist jetzt satt und willst bestimmt nach Geld graben. Hier wirst du nichts finden, das haben deine Vorgänger auch schon versucht. Ich mag dich, und vielleicht hast du auch jemanden, den du magst. Dann höre jetzt gut zu: folge diesem Fluß aufwärts, bis es keinen Weg mehr gibt. Kümmere dich nicht um Zuflüsse, sondern bleibe beim Hauptarm. Etwa hundert Meilen von hier gibt es einen Wasserfall, darunter haben die fallenden Wassermassen in den vergangenen Jahrhunderten ein tiefes Loch gegraben, darin haben sich Schwermetalle angesammelt, unter anderem auch viel Geld. Aber das kommt nicht aus dem Felsen.
Und jetzt entschuldige mich bitte, auch Bäume haben hin und wieder etwas zu tun, wobei sie allein bleiben möchten.“
Verblüfft wie ich war, sammelte ich meine Einzelteile auf, und suchte meinen Weg am Flußufer. Das Unterholz wich oft um mehrere Meter zurück, das Flüßchen schien als Nahrungsbringer nicht sehr beliebt zu sein.
Bis mir dann auffiel, daß Baumwurzeln wie Rohrleitungen ins Wasser gingen, einem Netzwerk gleich, das sich die Bäume aufgebaut hatten, um nur nicht zu dicht ans Wasser hinunter zu müssen.
Ich fand das freie Ufer nicht gerade schlecht, so kam ich wenigstens flott voran, besser jedenfalls, als es mir auf dem offiziellen Weg möglich gewesen wäre. Es fiel mir nicht schwer, zwischen dem Hauptlauf und den Nebenflüssen zu unterscheiden. Ich schaffte etwa zehn bis fünfzehn Meilen am Tag, und ich fand unter jedem Baum Obdach, mein erster hatte mir nicht zuviel versprochen. Gestört wurde ich nie, doch bereits am dritten Tag merkte ich, daß mein Stein mir folgte. Einer der Bäume bat mich, mein Beil neben die Feuerstelle zu stellen, mit der Schärfe der Klinge auf den Fluß gerichtet.
Ich tat es nur, um dem Baum nicht zu ärgern, und ich staunte am nächsten Morgen nicht schlecht, als ich zwei bleiche Wesen von gerade mal Stiefelgröße vor dem Beil liegen sah, auf den Knien, und in tiefer Andacht versunken. Der Baum hielt mich zurück, aber das war nicht nötig, denn ich war viel zu neugierig, was da passieren würde.
Die beiden waren in ihre Andacht vertieft, und der Baum raunte mir zu, es würde gleich zu Ende sein. Kurz darauf erhoben sich die beiden und küßten das Beil auf die Schneide. Noch einige Verneigungen, und dann entfernten sie sich rückwärts und sprangen in den Fluß.
Der Baum lobte mich hinterher, ich hätte sehr viel Geduld bewiesen.
„Weißt du, es gibt seit einiger Zeit hier eine neue Religion, sie beten Beile an, und wenn man sie nicht läßt, können sie recht giftig werden. Wörtlich genommen, die produzieren ein Hautsekret, das dir ziemlich zusetzen kann. Sie können es auf ziemliche Entfernung spucken, und sogar treffen. Ich habe einige deiner Kameraden darunter leiden sehen. Es tat mir jedesmal leid, aber da kann nicht einmal ein Stein helfen.“
„Warum nennt ihr sie Steine, sie haben doch bestimmt einen einheimischen Namen?“
„Das schon, aber wie sollen wir den Geschmack einer Proteinkette erklären? Und was die Heilkraft der Steine angeht, sie können viel, aber nicht alles. Sie können einige Gifte neutralisieren, aber nicht alle. Wir haben hier die Möglichkeiten entwickelt, zu euch zu sprechen, weil das notwendig war. Ihr kamt hier an, und seitdem hat sich hier viel verändert, das läßt sich nicht ignorieren. Auch nicht rückgängig machen. Also lernen wir, mit euch zu leben. Wir können nicht dulden, daß ihr uns rodet, das haben deine Kameraden in der ersten Zeit versucht, und das hat beinahe einen Krieg gegeben. Du würdest dich auch nicht so einfach mit einem Beil erschlagen lassen. Als die Flußleute sahen, daß wir uns gegen Beile nicht wehren konnten ohne die Angreifer zu töten, begannen sie, Beile anzubeten. Sie mögen uns nicht besonders gerne, denn wir begrenzen ihren Lebensraum. Es hat früher regelrechte Kriege gegeben zwischen uns und den Flußleuten. Aber diese Zeiten sind vorbei.“
„Wie habt ihr den Krieg beendet?“
„Ganz einfach, wir haben schnell gelernt, mit euch zu sprechen. Das war nicht ganz einfach, aber wir haben alle zusammen daran gearbeitet, und dann war es zu schaffen. Allerdings war es nötig, einigen etwas voreiligen Menschen eine deutliche Warnung zu verpassen. Das haben wir hingekriegt, ohne auch nur einen zu töten. Einige wenige wurden dabei ziemlich übel zugerichtet.“
Das konnte ich mir denken. Mir reichte die Erfahrung mit der „Frucht“. Die Flußleute hatte ich noch nicht in Aktion gesehen, aber ich war auch nicht besonders scharf darauf. Der Fluß selbst war immer noch milchig trübe, und das war möglicherweise kein Schlamm. Sôn Nám war ein Lebensraum, der noch viele Überraschungen zu bieten hatte. Die nächste war der Wasserfall. Er war längst nicht so imposant wie die Niagara-Fälle, aber immer noch gut genug. Eine steile Klippe breitete sich rechts und links weiter aus, als ich mit den Augen folgen konnte. Aus einem flachen Einschnitt stürzte der Fall in einen See, der so klar war, daß man jeden Fisch darin sehen konnte. Hoppla, das waren keine Fische: das waren eher Amphibien, Frösche mit Schwänzen und - Hörnern.
Auf den Hinterbacken, vielleicht hatten sie Angst, von hinten besprungen zu werden. Sie waren fast so groß wie Katzen, und das machte die Aussichten, in diesem Gewässer zu tauchen, etwas unangenehm. Ich suchte mir eine schattige Stelle, bat den Baum darüber, mich hier kampieren zu lassen und rollte meinen Schlafsack aus.
Die Morgendämmerung in diesem Wald war jedesmal ein Erlebnis: Es war stockdunkel, bis der erste Sonnenstrahl die wenigen Wolken von unten beleuchtete. Das Gold der ersten Dämmerung überstrahlte die Baumwipfel, dann brach die Sonne über den Horizont und erschlug das Dunkel regelrecht. Die ersten Sonnenstrahlen, die durch den See drangen, beleuchteten den Boden, man konnte sogar Gegenstände auf dem Seegrund erkennen. Wenige Meter Flußabwärts war das Wasser trübe und grau. Was ich zuerst für Schlammwolken gehalten hatte, hing an langen Stielen, die im Grund verwurzelt waren. Dazwischen konnte ich manchmal Bewegungen erkennen, Flußleute vielleicht?
Die Hornfrösche drehten immer kurz vor der Wolke ab, denen war das Trübe nicht geheuer. Ich holte mir das Kaffeewasser aus dem See, das schmeckte besser als das Flußwasser, was so ein paar Meter schon ausmachen konnten!
Der Kaffee kochte gerade, da bekam ich Gesellschaft: Ein Hornfrosch kam aus dem Wasser, watschelte mit Grazie und Würde, wie ein adliger Taucher auf meine Feuerstelle zu, setzte sich neben mich. Er zeigte unmißverständlich auf die Kaffeekanne und in seinen Mund. Ich kramte einen zweiten Becher aus dem Kochgeschirr und schenkte ihm ein. Er wartete, bis der Kaffee kalt genug war, dann goß er sich den Becher mit einem Zug in den Hals. Einen zweiten gleich hinterher. Er griff in meinen Rucksack und zog mein Taschenmesser heraus. Ich hätte nicht gedacht, daß man es ohne Fingernägel öffnen könnte, aber der Bursche war pfiffig. Die Hörner an seinem Hintern hatte er in den Stamm gebohrt, auf dem wir saßen, so kam seine empfindliche Haut nicht mit der groben Rinde in Berührung. Er aß ganz manierlich von der großen Frucht, indem er sie in kleine Scheiben schnitt, die er in den Mund steckte. Nicht so gierig wie meinen Kaffee, das sah richtig zivilisiert aus. Als er fertig war, blieb er noch ein Weilchen neben mir sitzen und beobachtete jeden Handgriff, den ich machte. Als er sah, wie ich mein Goldwäschergeschirr auspackte, schnappte er sich meine Pfanne und verschwand im See. Ich konnte ihm lange hinterhersehen, wie er schnurgerade in den Wasserfall schwamm. Dort blieb er eine Weile, dann sah ich ihn ohne die Pfanne wieder auftauchen. Er schüttelte sich, schnappte nach Luft und tauchte wieder unter. Zuerst brachte er die Pfanne mit, er ließ sie wie ein Schiffchen schwimmen. Dann belud er sie mit Steinen und stieß sie in meine Richtung. Er bugsierte sie bis ans Ufer, stieß sie in den Sand und winkte mir zu. Ich lag flach auf dem Bauch als ich sah, was der Frosch mir als Dankeschön für meine Gastfreundschaft gab: Etwa zweihundert Gramm Gold und ein paar Steine, die in verschiedenen Farben funkelten. Einen Citrin, einen Aquamarin und ein paar Smaragde konnte ich so erkennen. Der Rest waren Quarze - oder Diamanten? Ich war mir nicht sicher, ob die alle im gleichen Gestein zu finden waren.
Der Frosch hielt sich nicht lange mit mir auf, er zeigte mir seine Hörner und tauchte unter.
Das, was ich da hatte, war schon ein kleines Vermögen, soviel war schon mal klar. Zweihundert Gramm Gold. Das reichte in den Slums von Sôn Nám gerade für eine Woche, wenn man sich auf das notwendigste beschränkte. Sôn Nám war nicht gerade die Hölle, aber es konnte einem eine gute Vorstellung davon vermitteln. Ich schlenderte durch den dichten Wald, um einen Aufstieg parallel zum Wasserfall zu suchen. Nicht, daß ich hier weg wollte, aber der Ausblick war bestimmt nicht schlecht. Ich fand eine richtige kleine Treppe, gut gepflegt, vielleicht in den Stufen etwas klein, aber nicht zu unbequem. Ein Geländer gab es nicht, aber man konnte eben nicht alles haben. Mir fiel auf, daß alles so adrett und geputzt aussah, als ob das hier kein Urwald sei, sondern einer dieser japanischen Gärten, die so durchgeplant sind, daß sie aussehen, als wäre alles reiner Zufall.
Von der Treppe weg führten zwei Wege, der eine zum Fluß, der andere weiter aufwärts. Ich folgte dem ersten, das war kein Fehler, wie ich schnell merkte. Die Aussicht war fantastisch. Der See zu meine Füßen glitzerte wie ein Juwel in der Sonne, der Wald sah im Gegenlicht aus wie poliertes Silber. Jedes noch so kleine Blatt ein winziges Facettchen, das das Sonnenlicht in tausend Richtungen zurückwarf. Oder besser, überallhin.
Mir fiel ein, daß ich die Blätter noch nie von oben gesehen hatte. Eine oder zwei kleine Rauchfähnchen verrieten, daß ich nicht der einzige Goldsucher hier war. Ich war fasziniert von dem Anblick. So fasziniert, daß ich gar nicht bemerkte, daß einer der Hornfrösche neben mir stand. Er schwieg, und ich wollte ihn genausowenig stören wie er mich. Irgendwann griff er ein seinen Tornister und bot mir ein paar Blätter an. Er steckte sich selbst welche in den breiten Mund und begann, sie zu kauen. Ich tat dasselbe, und sie schmeckten etwas bitter, aber nicht schlecht. Der Frosch kümmerte sich nicht weiter um mich, er stand neben mir, auf das niedrige Geländer gelehnt, und betrachtete das Panorama. Irgendwann spuckte er die Blätter in den See und verschwand. Ich genoß das Panorama noch etwas und stellte dann fest, daß ich die pralle Sonne nicht besonders gut vertrug.
Mir war etwas schummerig, und

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Als ich wieder zu mir kam, saß ein Stein bei mir und goß mit etwas Seewasser über den Kopf. Der konnte das gut gebrauchen, ich fieberte, schwitzte und fror zugleich und mußte mich übergeben. Der Stein sah mich verständnisvoll an und pißte mir ins Gesicht. Mir wurde richtig schlecht und die Blätter kamen raus. Der Stein grinste, soweit das mit seiner Mimik überhaupt ging. Das biß er mir in den Arm und trank etwas von meinem Blut. Jetzt mußte er sich erbrechen.
„Blutgruppe AB negativ. Das vertragen sie nicht.“ Der Baum über uns fand seine Sprache wieder. Er schüttelte weise sein Laub und wir warteten, bis der Stein seine Fassung wiedererlangte. Das dauerte seine Zeit, aber es ging. Der Stein hatte sich leicht verfärbt, aber er ging festen Schrittes auf mich zu und stach mit einem seiner Stacheln in mein Bein.
Von der Einstichstelle ging eine starke Wärme aus, die immer höher stieg. Ich fühlte mich wohl und wollte nur noch schlafen.
Als ich wieder aufwachte, war es dunkel. Der Baum war nicht ansprechbar und der Stein war weg. Ich genoß das, was vom Sternenhimmel zu sehen war und ein Weilchen später schlief ich wieder ein. Der nächste Tag war trübe, wolkig und regnerisch. Der Baum hatte sich alle Mühe gegeben, mich trocken zu halten, aber das Laubdach hatte so seine Lücken.
Ich fand alle Einzelteile meiner Ausrüstung bei mir, und dazu noch eine Überraschung: fast ein Kilogramm Gold und einige Diamanten. Mit schönem Gruß vom Hornfrosch, sagte der Baum.
So langsam wuchs mein Vermögen, ich hatte schon fast mehr als ich tragen konnte.
Der Baum bot mir an, meine Vorräte zu bewahren, während ich noch ein wenig auf Suche gehen sollte. Ich sah zu, wie sich eine Wurzelknolle um das Metall schloß, und alles vor neugierigen Blicken verbarg. Der Baum versprach mir, daß ich es jederzeit wiederbekommen konnte, und ich schlich mich durch den Regen weiter.
Ich war schon recht weit gekommen, als ich hinter mir ein Knacken hörte, nicht eins der hier üblichen, eher hölzernen Geräusche, sondern ein Klang von Metall auf Metall. Ich hob die Hände und drehte mich langsam um.
„Schön so bleiben, und jetzt rück die Beute raus. Du mußt doch schon ganz gut was gefunden haben, du Arschloch, also raus mit dem Zaster.“ Eine Frauenstimme.
Interessant.
Ich warf einen Blick in den Busch, konnte aber nichts sehen. „Nun mal flott, ich habe keine Lust, hier Wurzeln zu schlagen.“
Ich hatte alles dem Baum gegeben, das konnte mich jetzt das Leben kosten. „Ich habe alles einem Baum anvertraut, der hebt es jetzt auf, bis ich es wieder brauche.
Für dich ist leider nichts übriggeblieben.“
„Scheiß auf dein Gold, daran kannst du ersticken. Runter mit den Klamotten, den Rucksack kannst du auch gleich dazulegen.“

Die kannte kein Pardon.
Ich zog mich langsam aus und hielt meine Hände immer so, daß sie nicht noch nervöser wurde. Bis ich in meiner rechten Socke eine Blattfeder in den Griff bekam, die an einem Ende höllisch scharf war. Ich verbarg das Ding in meiner Hand und trat einen Schritt zurück, am Leib nur noch meine stramme Haltung.
„Ein heißes Schwänzchen hast du da hängen, schade, daß ich dafür im Augenblick keine Verwendung habe, aber mir steht der Sinn nach etwas Warmen. Und jetzt verpiß dich, oder ich schieß dir dein schönes Schwänzchen ab.“ Sie betonte das mit einer Kugel, die mir direkt zwischen den Beinen, unangenehm hoch, durchpfiff.
Ich verdampfte regelrecht. Ein Sprung ins Gebüsch und auf dem Bauch etwas zur Seite gerobbt. Die Figur war nicht schlecht gewesen, aber das mußte lange her sein, denn jetzt sah sie aus, als hätte sie sich monatelang nur von Käfern und Baumrinde ernährt - und das nicht sonderlich erfolgreich.
Ich sprang ihr ins Kreuz, als sie mir den Rücken zudrehte, und sie flog in hohem Bogen in den Busch. Die Waffe flog in eine andere Richtung. Ich hatte sie nicht ernstlich verletzt, aber meine Klamotten hatte ich zurück.
Ich zog mich völlig ungestört an und wunderte mich, daß das alles so einfach gewesen sein sollte.
Sie lag noch immer an der Stelle, wohin die Wucht des Schlages sie geworfen hatte. Sie stöhnte leise, und mir wurde klar, warum sie in Schwierigkeiten war: sie war über und über von Einstichen bedeckt, manche Wunden eiterten, manche waren ulzeriert. Sie hatte sich einem Rauschgift ergeben, wahrscheinlich Heroin. Den derzeitigen Augenblick verbrachte sie damit, zu zittern und sich zu erbrechen. Ich ließ sie da liegen und trollte mich, es war mir zu mulmig geworden.
Ich wunderte mich, warum sich hier jemand mit dem Zeug ruinieren konnte, aber das war ihre Sache. Hier mußte ein Dealer groß im Geschäft sein, wenn dies Mädchen etwa das hier Übliche repräsentieren sollte. Ich sah zu, daß ich Land gewann.
Ich folgte dem Fluß aufwärts, fand aber längere Zeit nichts Aufregendes. Als ich mir ein Nachtlager suchte, fand ich einen netten Baum, der mir gegen die übliche Hilfeleistung, Harken, ein weiches Lager versprach.
„Das war eine schlimme Überraschung vorhin, nicht war?“ Ich wollte gerade einschlafen.
„Nun, gerechnet habe ich nicht so direkt damit, aber sie war leicht zu überwältigen. Jetzt tut sie mir schon fast leid. Das heißt allerdings nicht, daß ich mir Vorwürfe mache, weil ich sie zu Boden geschickt habe.“
„Nicht so bescheiden, sie hätte dich erschossen, das tut sie immer. Die Beute verkauft sie nicht für Geld, sondern für ihr Gift. Ihr Stein rät ihr ab, aber der Drang ist größer. Der Stein könnte ihr helfen, selbst wenn sie das Gift weiter haben wollte. Er könnte ihr besseres Zeug herstellen, selbst wenn es etwas ausgefalleneres sein sollte, aber sie will immer nur den Dreck von diesem Außenweltler. Das Zeug selbst hat keine Chance, sie umzubringen, der Dreck, mit dem er seine Gewinne steigert, wird das viel früher tun.
Ihr Weltläufer habt schon seltsame Angewohnheiten. Was hat sie davon, alles was sie findet, bei diesem Typen abzugeben? Was will sie überhaupt mit dem Gift? So nebenbei, was hast du empfunden, als der Hornfrosch dir die Blätter zu kauen gab?“
„So ganz genau kann ich das nicht einmal sagen. Ich weiß nicht mehr so ganz was ich da empfunden habe, aber das Gefühl, wieder in der Realität zu stehen ist angenehm, so beschissen die Realität auch manchmal sein mag.“
„Schade, mir hat noch niemand etwas darüber sagen können. Manche sagen, es sei schön oder schrecklich, aber WAS sie da fühlen, kann mir niemand sagen.“
„Nun, im Zustand tiefer Gefühle ist unsere Erinnerung etwas unscharf, es wird dir auch niemand sagen können, was er fühlt, wenn er verliebt ist. Und das Gefühl beim Orgasmus ist schon wenige Augenblicke nachher aus der Erinnerung verschwunden. Das ist vielleicht eine Frage der Aufzeichnung, ich weiß es nicht. Je tiefer das Gefühl, desto unzuverlässiger die Erinnerung.“
„Schöne Erinnerung, die ihr da habt. Aber vielleicht auch gut so. Ist es nicht auch bei euch so, daß mit der Zeit alles schöner wird?“
„Manches ja, aber das ist ein Zeichen, daß man alt ist. Oder älter als man gerne möchte.“
„Was ist schlimm daran, alt zu sein? Ich habe schon Blätter abgeworfen, da hatte eure Rasse noch nicht einmal die grundlegenden Gleichungen für die interstellare Reise entdeckt. Alter allein heißt überhaupt nichts. Es ist allein die Philosophie, die zählt. Der greifbare Nutzen wird sich in dem Moment einstellen, wenn die Philosophie reif ist.“
„Nur schade, daß von uns kaum einer davon überzeugt zu sein scheint. Hier muß man einen praktischen Nutzen auf Heller und Pfennig vorrechnen können, lange bevor man sich an eine Philosophie machen kann. Und das Alter ist unser größter Feind.“
„Nun, wenn ich eine so verhältnismäßig kurze Lebensspanne hätte wie du, dann wäre das genauso meine Sorge. Allerdings ist Zeit nicht alles. Unser Erfahrungshorizont ist anders als eurer. Ihr seid viel beweglicher als wir, Mobilität macht einen Unterschied, glaube mir. Ich habe viele Jahre Zeit gehabt, das, was wir hier an Problemen wälzen, zu überlegen, durchzudenken und noch einmal zu überdenken. Dringende Probleme waren nur Waldbrände, und die haben wir gut im Griff. Dann kamt ihr. Ihr habt uns ein komplettes Universum vor unsere Augen gehalten, uns Zugang zu anderen Welten verschafft, wenn auch indirekt, und ihr habt uns auch etliche von euren Problemen mitgebracht.“
 

Frieda

Mitglied
Hallo MDSpinoza,

für mich ist dein Beitrag der Spitzenreiter. Man merkt, daß du dich in dem Genre auskennst. Am besten finde ich, wie die anfangs recht seltsamen Verhaltensregeln später einen Sinn bekommen und einem total logisch vorkommen. Ach ja, und solch einen anhänglichen Stein hätte ich auch gern. Hätte gern noch mehr davon gelesen.

Liebe Grüße
von Frieda

PS: Ich wollte eigentlich nicht anonym bewerten, habe auch mein Profil entsprechend eingestellt, aber irgendwie hat es nicht geklappt.
 

MDSpinoza

Mitglied
Hallo, Frieda

Erst einmal vielen dank für Deinen netten Kommentar! Wer sagte das noch: Ich schreibe die Bücher, die ich gerne selbst lesen möchte...
Es macht mir einfach Spaß ein paar schräge Ideen zu einer Geschichte auszuspinnen. Wenn's dann andren noch gefällt, umso besser. Mal schaun, wie's weitergeht!
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Man merkt, dass du dich von Idee zu Idee gehangelt hast – sowohl stilistisch als auch "spannungsmäßig" (es gibt keinen Bogen – nur eine Kette von Momenten). Wenn daraus was werden soll, müsste dieser Anfang noch mal "sauber gemacht" werden. Zum Beispiel sind die Redepassagen in den Dialogen zu lang: So unterhält man sich nicht – das sind „Selbstgespräche mit Gegenüber".
 

Amadis

Mitglied
Was die Dialoge angeht ...

... bin ich mit jon einer meinung. ansonsten ist die geschichte sehr gut. gerade die "schrägen ideen" gefallen mir.

gruß
amadis
 



 
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