Die Liese ist hier. Durch vier Gewitter ist sie gefahren, und vor den Blitzen fürchtet sie sich noch mehr als ich. Ein bisschen schlecht gelaunt kam sie an. Aber daran bin ich gewöhnt; die Liese wirkt fast immer ein bisschen schlecht gelaunt. Wenn ich ihr das sage, schaut sie noch grimmiger. Also schweige ich und koche Kaffee.
Du weißt doch, dass ich keinen Kaffee mag, raunzt die Liese. Stimmt. Das hatte ich vergessen. Aber früher mochte sie Kaffee eigentlich ganz gerne. Bis zu diesem Tag, an dem es ihr gar nicht gut ging. Warum, das darf ich niemandem verraten, hat sie gesagt, sonst bringt sie mich um. Deshalb nur so viel: Sechs Stunden lang hat sie grüngelbe Galle in die Schüssel gespuckt, konnte nicht mehr aus den Augen sehen vor Kopfschmerzen und schwor sich ein ums andere Mal, nie wieder im Leben auch nur einen einzigen Tropfen Alkohol anzurühren. Du bist damals durch die Hotelflure gerannt und hast irgendwo einen Brühwürfel und heißes Wasser aufgetan, weißt du noch, fragt die Liese. Ja, ich weiß es noch.
Jetzt schau dir nur mal an, wie fett ich wieder geworden bin! Ach, das nun wieder. Die Liese ist nicht fett. Sie ist auch nicht hässlich. Ich erinnere sie an diese hinterhältige Schlange von Rezeptionistin, die mich beim Frühstück fragte: Kommt Ihre Tochter heute später? Empörend geradezu. Mit sechs war ich nun wirklich noch nicht gebärfähig, geschweige denn empfängnisbereit. Und die blöde Liese hat nur gelacht.
Auch jetzt lacht sie wieder, lehnt sich gemütlich zurück, schaut sich in meinem Provisorium von einer Wohnung um und sagt: Hübsch hier. Die Liese hat mich bisher eigentlich immer nur in Provisorien besucht. Nie hat sie wirklich mich erlebt, mit meinen Büchern, meiner Musik, meinen Bildern. Das würde doch gar nicht zu dir passen, meint sie. Na, ich weiß nicht.
Mensch, sagt die Liese, du hast ja wieder einen Busen gekriegt! Ich sehe an mir herunter: Stimmt. Daran war vor einem Jahr noch nicht zu denken. Vor einem Jahr ist die Liese schon mal durch ein Gewitter gefahren, in die andere Richtung. Völlig unerwartet stand sie vor meinem Bett, und es ist ihr tatsächlich gelungen, ihr Entsetzen zu verbergen. Ich glaube, die Liese ist die weit bessere Schauspielerin von uns beiden. Wir gehen jetzt aus, hat sie damals gesagt. Mich in einen Rollstuhl gepackt und mir endlich mal die Gegend gezeigt, in der ich mich seit Wochen aufhielt.
Wir reden genau da weiter, wo wir vor sechs - oder sind es schon neun - Monaten aufgehört haben. Die Liese versteht einfach alles. Manchmal denke ich, das kann doch gar nicht sein, dass eine einfach alles versteht, mich nicht verurteilt, so wie ich mich selbst verurteile. Aber es ist so. Sie tut nicht nur so. Darum schweigt es sich auch so ungehemmt mit der Liese.
Diese wunderbare, knurrige, sentimentale, kluge, geliebte Liese.
Du weißt doch, dass ich keinen Kaffee mag, raunzt die Liese. Stimmt. Das hatte ich vergessen. Aber früher mochte sie Kaffee eigentlich ganz gerne. Bis zu diesem Tag, an dem es ihr gar nicht gut ging. Warum, das darf ich niemandem verraten, hat sie gesagt, sonst bringt sie mich um. Deshalb nur so viel: Sechs Stunden lang hat sie grüngelbe Galle in die Schüssel gespuckt, konnte nicht mehr aus den Augen sehen vor Kopfschmerzen und schwor sich ein ums andere Mal, nie wieder im Leben auch nur einen einzigen Tropfen Alkohol anzurühren. Du bist damals durch die Hotelflure gerannt und hast irgendwo einen Brühwürfel und heißes Wasser aufgetan, weißt du noch, fragt die Liese. Ja, ich weiß es noch.
Jetzt schau dir nur mal an, wie fett ich wieder geworden bin! Ach, das nun wieder. Die Liese ist nicht fett. Sie ist auch nicht hässlich. Ich erinnere sie an diese hinterhältige Schlange von Rezeptionistin, die mich beim Frühstück fragte: Kommt Ihre Tochter heute später? Empörend geradezu. Mit sechs war ich nun wirklich noch nicht gebärfähig, geschweige denn empfängnisbereit. Und die blöde Liese hat nur gelacht.
Auch jetzt lacht sie wieder, lehnt sich gemütlich zurück, schaut sich in meinem Provisorium von einer Wohnung um und sagt: Hübsch hier. Die Liese hat mich bisher eigentlich immer nur in Provisorien besucht. Nie hat sie wirklich mich erlebt, mit meinen Büchern, meiner Musik, meinen Bildern. Das würde doch gar nicht zu dir passen, meint sie. Na, ich weiß nicht.
Mensch, sagt die Liese, du hast ja wieder einen Busen gekriegt! Ich sehe an mir herunter: Stimmt. Daran war vor einem Jahr noch nicht zu denken. Vor einem Jahr ist die Liese schon mal durch ein Gewitter gefahren, in die andere Richtung. Völlig unerwartet stand sie vor meinem Bett, und es ist ihr tatsächlich gelungen, ihr Entsetzen zu verbergen. Ich glaube, die Liese ist die weit bessere Schauspielerin von uns beiden. Wir gehen jetzt aus, hat sie damals gesagt. Mich in einen Rollstuhl gepackt und mir endlich mal die Gegend gezeigt, in der ich mich seit Wochen aufhielt.
Wir reden genau da weiter, wo wir vor sechs - oder sind es schon neun - Monaten aufgehört haben. Die Liese versteht einfach alles. Manchmal denke ich, das kann doch gar nicht sein, dass eine einfach alles versteht, mich nicht verurteilt, so wie ich mich selbst verurteile. Aber es ist so. Sie tut nicht nur so. Darum schweigt es sich auch so ungehemmt mit der Liese.
Diese wunderbare, knurrige, sentimentale, kluge, geliebte Liese.