Hi Label,
schön, dass du mal reingesehen hast. Wenn du halbwegs mit dem Wirken von Bonhoeffer vertraut wärst, und das setze ich voraus, würde sich dir auch die dritte Strophe erschließen. Das Diesseits meint, dass Bonhoeffer, der ja Pfarrer und Theologe war, sein Wirken eben nicht nur auf die Verkündigung der Worte Gottes reduzierte, sondern seine Aufgabe zugleich und vor allem im Diesseits, im Eingreifen
zum Wohle des Menschen erblickte, sich also selbst als "tätigen" Christen sah, der auch für soziale Gerechtigkeit stritt. Und das bildet sich ja auch in seinem Lebenslauf ab. Kritisch stehe ich allerdings seiner Zusammenarbeit mit Canaris gegenüber, aber auch dies muss man in der Zeit sehen. Bonhoeffer war eben ein zutiefst bürgerlicher Mensch, der sich gar nicht anders entscheiden konnte.
Das Kuriose an Bonhoeffer heute ist ja, dass sich die Kirche auf ihn beruft, als sei er ihr Vorläufer (im Grunde missbraucht sie ihn), denn nicht nur die offizielle, sondern auch die Bekennende Kirche hielt hübsch den Mund zum Beispiel in der Judenfrage. Bonhoeffer stieß bei all seinen Bemühungen in der Kirche auf Ablehnung, er wurde von ihr wie ein Paria behandelt. Sie rührte auch keinen Finger für ihn, als er verhaftet worden war, und am Ende stand ja bekanntlich das Todesurteil eines Standgerichtes. Kein Wort dazu von der Kirche damals.
Ich bin atheistisch, aber solch einen Christen achte ich, der ist für mich der wirkliche Christ, der sich zu Recht auf den Glauben an Gott berufen darf.
Einsprengsel