Doch Du fehlst extrem

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Hera Klit

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Doch Du fehlst extrem

Die Störche bauen riesige Nester
für den bald zu erwartenden Nachwuchs.
Kinder lernen zum ersten Mal alleine zu schaukeln,
drüben auf dem Fasaneriespielplatz.
Hoch fliegen die Beine,
Mütter lauernd in Hilfestellungsnähe.
Doch du fehlst!

Meine Schwester füttert die zotteligen Langohresel
aus der Provence. Einen Euro für eine kleine Plastikschale
voll Futter am Automaten.
Sie hatten wieder kein Eis am unbesetzten Schalter.
Ich warf einen Fünfeuroschein durch den Schlitz der Holzkiste.
Aus dem Meerschweinchengehege heraus rief eine Frau Danke.
Bestimmt die Chefin.
Ich sah sie nicht.
Doch du fehlst echt.

Aufreizend gekleidete junge Frauen gehen
mit Männern und Kindern an den spärlichen
Gehegen mit Tauben, Pfauen und Ponys entlang.
Eine schaut mich hinter dem Rücken
ihres Mannes lange lächelnd an.
Ich müsste wieder Sex haben, aber
wie stellt man das heutzutage an?
Frauen sind so unerreichbar.
So unwirklich, als seien sie hinter einer dicken Glasscheibe
geschützt vor realen Begegnungen.
Ich bin wohl zu oft im Internet.
Ich sehe alles wie durch einen Monitor.
Aber ich kann sie nicht anklicken,
nicht mal markieren und in mein Bett kopieren.
Doch Du fehlst nach wie vor.

Die Schafe sehen fürchterlich zerrupft aus,
sie schaben noch ihr Winterfell von den dürren Knochen.
Ich hole noch eine Schachtel Futter.
In umgestülpten Schuhkartons mit
herausgeschnittenen Türlöchern sind
laut Käfigschild Schildkröten zu vermuten.
Eine Schachtel zittert leicht und erhält vieläugige Aufmerksamkeit.
Alle wissen ja ohnehin, wie eine Schildkröte aussieht.
Ob Bordelle jetzt schon wieder auf sind?
Waren die überhaupt geschlossen?
Ich habe über wichtige Dinge keine
Info, werde googeln müssen.
Doch Du fehlst extrem.
 



 
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