Doomscrolling

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klaatu

Mitglied
Buchstaben

bespritzen Dich

wie Blut aus einer
aufgeschlitzten Kehle.

Zerfetzte Satz-
und Leichenteile

hängen
an den Wänden

deiner Hirnzellen

&

die Schlagzeilen
liegen vor Dir

wie Erschlagene.

Von Worten besudelt
scrollst Du weiter.

Voller Hoffnung,
etwas zu finden,

dass Dich wieder rein macht.

Die Headlines rauschen

wie brennende Züge

an Dir vorbei;

wie panisch schreiende Kinder,
die kopfüber aus Fenstern stürzen.

Die Stimme Gottes
schallt aus allen Lautsprechern

&

der nächste Schrecken

lauert bereits

hinter folgendem Doppelpunkt:


ALLES SCHREIT
IN GROSSBUCHSTABEN

auf Dich ein,

packt und zieht Dich mit sich,

immer tiefer
und tiefer,

in den Bau hinein.

Du bist machtlos,
musst weiterlesen,

du kannst gar nicht anders.

Denn jetzt

sind manche dieser Zeilen
sogar fett geschrieben

- nur für Dich!

Und

weiter

unten

kannst Du plötzlich
unbeschwertes Lachen hören

- Hoffnung in all dem Schrecken!

Irgendwo unter
diesen Zeilen,
liegt

womöglich

die Antwort begraben!

(es muss doch es muss doch es muss doch es muss)

Also buddelst Du Dich

immer tiefer
und tiefer

in den dunklen Stollen,

der hinter Dir bereits einstürzt,

während Dein Hirn schon
ganz benommen

&

ballongleich angeschwollen ist.

Doch Du musst

weiterscrollen!

Weiterscrollen!!

Weiterscrollen!!!

Stufe
um
Stufe

wirst Du die
Kellertreppe
runtergezerrt.

Über Dir türmen sich die Worte

und in der Finsternis unter Dir
(tut sich ein Licht auf muss sich ein licht auftun)

öffnen sich bloß
noch tiefere Abgründe:

Diese Zeile vergiftet das Trinkwasser,

diese beiden Zeilen
den strahlend blauen Himmel

und diese hier all Deine Erinnerungen.

Apokalyptische Adjektive

setzen Dir
die Klinge an die Kehle

und zwingen Dich

weiter

zu

scrollen,

bis Dir die Augäpfel
aus dem Schädel rollen.

Am Ende werden wir

zurückblicken

und darüber lachen.

(das lachen am ende des tunnels das lachen wo ist das lachen ich kann es hören)

Die Hoffnung
scrollt zuletzt,
also los jetzt,

lies schneller!

Wir müssen

tiefer
und
immer tiefer

in den Abgrund.

Weiter
und
immer weiter,

bis zum
bitteren




ENDE









- und darüber hinaus.


Du dachtest,
es sei endlich vorbei?

Es ist nicht vorbei.

Es wird niemals vorbei sein!

NIE!!!



(Hysterisches Lachen)







 

Ubertas

Mitglied
Hallo @klaatu ,
so ist es: immer vorwärts, nie zurück.
Nur runter.
Der Zug des Lebens rauscht ebenfalls lautlos und haltlos an den Scrollern vorbei.
Ein Gedicht mit Tragweite!
Da drück ich doch mal den Sterneknopf:)
Lieben Gruß
hallas ubertas
 

klaatu

Mitglied
Heyho!
Du kannst den Text übrigens auch von unten nach oben lesen. Würde zwar keinen Sinn ergeben, aber du könntest! Danke und

LG
k
 

Ubertas

Mitglied
Hah!
Hab ich und wow!!! im www . Du, das mit dem Sinn beim Rückwärtslesen gelang prima:)
Sagte ja, ein Gedicht mit Tragweite!
I like!
Dir ein großes Danke, klaatu.
 

klaatu

Mitglied
Ausgedruckt würde ich dem Text eine Tragweite bis ungefähr zum nächsten Papierkorb empfehlen ...

Du brauchst dich doch nicht bei mir zu bedanken, Du bedankst dich doch auch nicht, wenn dir ein Fremder mit Ankündigung ins Gesicht hustet, oder? :D

LG
k
 

Ubertas

Mitglied
In meiner Freizeit durchwühle ich mit Vorliebe Papierkörbe!!!
Doch, ich bedanke mich bei dir und deinem Gedicht:)
Ich finde, du hast etwas sehr wichtiges angesprochen. Die riesigen Tentakel des Negativ-Inputs scheinen fast etwas schale Erotik in sich zu tragen.
Wie die Unfallgaffer ergötzt sich der Weltuntergangsaspirant an Zeilen, die er gar nicht mehr durchdenkt. Aber Hauptsache, er bleibt gut informiert. Gleichzeitig könnte diesem jenen ein Zombie wabernde Gehirnmasse ins Gesicht husten, es käme zu flächiger Gliose, aber niemals zur Adaption. Solche Zeitgenossen tragen einen Vollgesichtsschutz mit unsichtbaren Gummibändern zum Selberhäkeln hinter vermilbten Ohrmuscheln. Warum gings gleich wieder?
Ein partikelfreies Osterfest mit ruhigen Momenten wünscht ubertas:)
 

klaatu

Mitglied
Sich an Zeilen zu ergötzen ist eine Sache, sie zu durchdenken wieder eine völlig andere. Kostet bloß Zeit und Energie. Währenddessen könnte man auch zehn weitere Schlagzeilen lesen und der Wahrheit vielleicht ein kleines Stück näher kommen... Das kann auch ganz schnell zu einer Sucht werden, wie fast alles.

Dir auch ein partikelfreies Osterfest und

LG
k
 



 
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