Dorfelegie

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Das Dorf liegt ganz in Dunkelheit
zwischen zwei dunkelblauen Meeren.
Schenkelweit Mondenschein ergießt sich in das Kleid
der Nacht.

Ein Mädchen von der Küste hat dem Dichter dieses Dorfes
zum Verzehren (und als Liebschaft)
Beeren, wie süße Worte mitgebracht.

Er nimmt sie mit dem gleichen wunden Munde,
mit dem er in die Stille dieses Dorfes lacht.
Zerbeißt sich in sie und in seine Wunde
und spritzt ihn auf das mondlichtweiße Kleid
der Nacht,- den blutig-süßen Silbensaft.

Sie tun gut, die Schmerzen, wenn sie weichen.
Wie Zeilen. die man von dem wunden Mund ins Heile spricht.
Er seufzt vor Glück. Die Träume werden diese Nacht noch reichen.
Doch kommt kein Schlaf und auch der Wind weht nicht.

Da unten, das sind alles seine liebsten Worte.
Daraus sind Häuser ausgekeimt und prächtige Alleen.
Er hat ihn sich erdichtet, Sinn und Unsinn dieser Orte.
Und selbst die kleinen Menschen, die wie echte Menschen gehen.

Den Mund verschmiert, sitzt er in Stille.
Das Lesezeichen festgenagelt in das Herz der kleinen Stadt.
Die Straßen dieses Dorfes sind aus Eisen, wie sein Wille.
Und durch die Straßen blättert Nacht.
 
Zuletzt bearbeitet:

Tula

Mitglied
Hallo Dio
Sehr schön in Rilkescher Manier, so wie wir es von dir gewöhnt sind.

Zwei Stellen, bei denen ich rein inhaltlich stutzte:
- S5, warum 'da unten'?
- in S6, die Stadt, d.h. der Sprung von Dorf zur Stadt und dann zurück zum Dorf

LG Tula
 

wiesner

Mitglied
Rilke ... hier allerdings mit größerer erotischer Kraft, auch verständlicher im Erzählton. Das Duinesische bliebt mir bis heute in Vielem verschlossen, selbst die philosophischen Texte von Karen Gloy konnten mir oft nicht weiterhelfen.

Ein schönes Angebot, Dio.

Béla
 
Hi @Tula vielen Dank für dein Feedback. „Da unten“ - unten im Dorf. Der dichter sitzt quasi etwas erhöht auf einem Hügel. So war es jedenfalls gedacht. Der Sprung zur kleinen Stadt ist wirklich nicht schön. Da denke ich noch nach wie ich es elegante lösen kann. Das empfinde ich auch als echte Schwachstelle

@wiesner lieber Bela das sind tiefe Gedanken die erfreuen. Das Mythopetiscje der Rilke elegien ist für mich rational ohnehin schwer zu durchdringen auch aufgrund der Verwerfungen von zunächst präsentierten Lösungen und der Darstellung was alles nicht ist um zu benennen was ist. Umso erfreulicher wenn mein Text verständlich ist. Ich glaube die unerhörte Unterstellung des Schreibens aus einer Wunde“ lohnt immer näher poetisch durchleuchtet zu werden

Mes compliments

Dio
 

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Mitglied
Das Dorf liegt ganz in Dunkelheit
zwischen zwei dunkelblauen Meeren.
Schenkelweit Mondenschein ergießt sich in das Kleid
der Nacht.

Ein Mädchen von der Küste hat dem Dichter dieses Dorfes
zum Verzehren (und als Liebschaft)
Beeren, wie süße Worte mitgebracht.

Er nimmt sie mit dem gleichen wunden Munde,
mit dem er in die Stille dieses Dorfes lacht.
Zerbeißt sich in sie und in seine Wunde
und spritzt ihn auf das mondlichtweiße Kleid
der Nacht,- den blutig-süßen Silbensaft.

Sie tun gut, die Schmerzen, wenn sie weichen.
Wie Zeilen. die man von dem wunden Mund ins Heile spricht.
Er seufzt vor Glück. Die Träume werden diese Nacht noch reichen.
Doch kommt kein Schlaf und auch der Wind weht nicht.

Da unten, das sind alles seine liebsten Worte.
Daraus sind Häuser ausgekeimt und prächtige Alleen.
Er hat ihn sich erdichtet, Sinn und Unsinn dieser Orte.
Und selbst die kleinen Menschen, die wie echte Menschen gehen.

Den Mund verschmiert, sitzt er in Stille.
Das Lesezeichen festgenagelt in das Herz der kleinen Stadt.
Die Straßen dieses Dorfes sind aus Eisen, wie sein Wille.
Und durch die Straßen blättert Nacht.
Ein bisschen viel Wiederholungen von allem, lieber Dio.

Das Kreisen im Text um die ewiggleichen Motive - und das auch noch in den selben Worten - lenkt doch sehr von einer eigentlichen Botschaft ab, wie ich finde.
Insgesamt ensteht bei mir der Eindruck, du wärst diesmal zu sehr ins Bilden wortklanglicher "Wuchtln" gekippt und hättest dabei den Inhalt ein wenig aus den Augen verloren. Schade.

Liebe Grüße,
fee
 



 
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