Du bist mein Wollen

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Vera-Lena

Mitglied
Du bist mein Wollen

Kein Schatten
soll dich
verbergen.

Von Anbeginn
durchdringt mich
die Fülle
deiner Güte.

Deine Liebe
entzündet
mein Sehnen.

Du bist mir
das Licht, entreißt mich
der Blindheit,
lässt mich wissen
um die Dringlichkeit,
in dich
hinein zu wachsen,
dass Friede werde
meinem Sein,
gleichermaßen
lebendiger Friede
wohne in Allem,
was du erschaffen.

Das Schwert
deiner Wahrheit
soll mir Erkenntnis schenken,
mein Handeln bestimmen
alpha bis omega.
 
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xxandros

Gast
liebe vera-lena,

anders als bei vielen anderen gedichten sind deine nicht von einer aufdringlichen coolheit durchsetzt, sondern reflektieren mit einer teils entwaffnenden naivität liebeserlebnisse und paralysierende gefühlsebenen.
man trifft immer wieder auf empfindsame zeilen, die bestechen, weil sie frei heraussagen, was manch anderer dichter sich nicht traute:
Von Anbeginn
durchdringt mich
die Fülle
deiner Güte.
in einem kaum hörbaren märchentonfall, verbunden mit dem scheuen gefühl einer ersten liebe, artikuliert sich hier etwas, was uns wirklich bewegen mag:
Deine Liebe
entzündet
mein Sehnen.
ein ins auge springendes stilmittel ist bei dir, was mir angenehm auffällt, die sich vergewissernde anrede eines gegenüber, die immer auch auf einen art zeigereflex des kindes, das ungezwungen alle dinge ausführlich beim namen nennt, zurückführt:
Du bist mir
das Licht, entreißt mich
der Blindheit,
lässt mich wissen
um die Dringlichkeit,
in dich
hinein zu wachsen,
hier tritt ein schöner wiedererkennungsmoment ein, denn wer würde diese szenerie nicht kennen wollen? sie berührt einen vor allem, weil sie die empfindsamkeit frühester (verliebter?) einsamkeit in die erinnerung ruft.
auch berührt die fiebernde ausbreitung des an sich schon höchst pathetischen bilds, als könntest du nicht davon lassen, als müsstest du dir alles von der seele reden.
dein gedicht lebt daher von der hingabe des lyrischen ichs:
dass Friede werde
meinem Sein,
gleichermaßen
lebendiger Friede
wohne in Allem,
was du erschaffen.
unter einer lebendigen reflexion pulst eine echte gewissheit: dieses ich begreift dunkel etwas von den widersprüchen und egoismen der liebe, schwelgt aber, trotz vermeintlicher distanz, in einem pathos des subjekts.
sogar das sentimentale wird hier, handwerklich geschickt, in lebendige bilder eingefügt, hinter dem sich ein ausglühendes ich verbirgt:
Das Schwert
deiner Wahrheit
soll mir Erkenntnis schenken,
mein Handeln bestimmen
alpha bis omega.
wie auch immer man dazu steht, es gibt sie noch: poesie als trost für die am herzen verbrannten verliebten.

hier leben die zeilen von metaphern echter liebe.

die gibt es kaum noch.

hier wird sie glühend und lebendig.

danke für diese lyrik.

lg xx
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber xxandros,

wenn ein Text von einem Leser als ein Trost empfunden wird, dann ist das für den Autor natürlich eine große Freude.

Es freut mich aber auch, dass Du der Schlichtheit meiner Sprache eine so ausführliche Würdigung hast zuteil werden lassen.

Die Kindlichkeit scheint mir in der Liebe ein wesentliches Moment zu sein. Selbst die junge Mutter steht ihrem Kind immer wieder als ein Mit-Kind im Spiel gegenüber.

Wie kann man dieses Brausen des Herzens in Sprache bringen?

Eine Bedingung scheint zu sein, dass der Mensch von dem, was er liebt, immerfort reden möchte.

Eine zweite Bedingung ist die Liebe zur Sprache schlechthin, denke ich. Und so fügt sich dann so ein Text, wenn auch noch ein Auslöser die Bühne betrat, irgendwie von selbst.

Danke für Deinen interessanten Kommentar, der mich den Text noch einmal neu hat lesen lassen.

Danke auch für die Bewertung!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 



 
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