Du im weißen Raum

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Flammen fauchen die vermeintlichen Wände eines weißen Raumes entlang. Feuer ist kein Element - es ist ein Symbol für Zerstörung. Die Flammen fressen sich durch die weißen Wände wie durch einen Vorhang. Eine braune Walze treibt das gelb-rote Lodern voran. Hinter dem verschwindenden Weiß erscheinen ebenso weiße, größere Wände. Als das Feuer seinen Dienst verrichtet hat und hoch über dir im Nichts verschwunden ist, erkennst du keinen Unterschied zur vorherigen Erscheinung des Raumes. Es ist, als hätte sich der Raum einmal gehäutet, von innen gereinigt. Du schaust dich um. Vielleicht gibt es ja etwas Neues zu entdecken. Denn alle Hinweise auf das Vorangegangene scheinen verschwunden.

Du gehst in dich. Vor deinen Augen ziehen Fragmente vorbei, Erinnerungen an das, was hier geschehen ist, verfliegen. Kristalle sprießen aus feinen, entgrünten, dunklen Pflanzen, wehen davon; die Pflanzen tun es ihnen gleich. In der Mitte deiner Aufmerksamkeit schwillt etwas an. Du erkennst nicht, worum es sich handelt, aber es wird rasch größer und größer, dehnt sich nach oben und zur Seite aus und zerspringt schließlich in viele kleine Partikel, die farblos, aber schillernd durch die Luft rauschen und verschwinden. Der Hintergrund ist schwarz geworden. Ein Zug eilt vorbei. Bäume sprießen in den Himmel, der Hintergrund klart auf, alles wird wieder weiß. Der Raum erscheint plötzlich zylindrisch. An seiner Wand rollt auf halber Höhe eine mal rote, mal blaue, an einer bestimmten Stelle das Licht weiß reflektierende Kugel entlang, als würde die Schwerkraft nicht auf sie wirken. Dann wird sie kleiner, immer kleiner, löst sich auf und die zylindrische Wand breitet sich zu einer unendlichen Fläche aus, faltet sich einmalig in der Mitte und flattert davon. Hinter ihr bleibt ein weißer Raum zurück. Es wird dämmrig, dann dunkel. Ein blaues Grau oder ein graues Blau breitet sich vor deinen Augen fein abgestuft aus, von oben nach unten heller werdend. Wie ein Defekt in einer Leinwand sitzt ein weißer Halbmond hoch über dir. Gleich daneben erscheint noch ein Zweiter.

Du blickst angestrengt in etwas, dass du unter realen Umständen als Himmel bezeichnen würdest. Real? Was könnte realer sein als diese Worte? Schillernde Partikel legen sich über den verblassenden Himmel, tanzen reflektierend durch die Luft, sprießen zu kleinen farblosen Kugeln, die zerspringen. Zylindrische Pflanzen dämmern über einer kristallinen Leinwand, schwellen zu entgrünten Bäumen an, flattern und verschwinden in ihrem Rausch. Eile zieht vorbei. Vor deinen Augen blaut ein roter Halbmond. Fragmente verschwinden. Du verschluckst eine Erinnerung. Wie real sind Worte, die du unter Anstrengung in einen nicht-existenten Himmel projizierst?
 
G

Gelöschtes Mitglied 23958

Gast
Hallo zurückhaltbar,

ich finde die Idee interessant, dieses "Wahrnehmungs-Erlebnis" in der Du-Form zu schreiben.

Handwerklich gelungen finde ich es jedoch nicht. Bei allen Bemühungen finde ich deine Beschreibungen schwer vorstellbar. Der weiße Raum, er wird vom Feuer zerfressen, dabei immer größer ... dann sieht er wieder aus wie vorher ... als nächstes sprießen Kristalle aus dunklen Pflanzen ...

Ist natürlich nur mein subjektiver Eindruck, aber ich frage mich hierbei, aus welchen Gründen du das so geschrieben hast? Oder ist es nur ein spontanes Schreibexperiment? Du verwendest auch viele Farben. Auch hierbei die Frage, ob das einen bestimmten Grund hat, oder warum machst du das?

Mir ist teilweise auch nicht klar, ob die Beschreibungen den Gedanken des Protagonisten entsprechen, oder es deine Beschreibungen als Autor sind?

Gerade wenn du etwas in Du-Form schreibst, solltest du meiner Meinung nach die Leser nachvollziehbar durch die Geschehnisse führen und nicht mit kaum nachvollziehbaren Inhalten zuschmeißen. Dir selbst als Autor wird klar sein, was du vermitteln möchtest, ich glaube aber nicht, dass es so bei den Lesern ankommt.

Soweit meine Eindrücke, viele Grüße,
Wörterschmied
 
Vielen Dank für deine Auseinandersetzung mit dem Text.
Es ist in der Tat ein Schreibexperiment, ohne Protagonisten, ohne wohldefinierte Absicht, lediglich eine Beschreibung, die das "Du" stärker einbindet, als andere Akteure oder eine Geschichte zu finden. Die Farben, ebenso wie die Fülle an spontan entstehenden Eindrücken, sind Ausdruck von gedanklicher Spontaneität.
Deine kritische Wahrnehmung hilft mir aber sehr gut weiter; wie du sagst - du bist einer dieser Leser, bei denen mein Text ankommen soll.
Beste Grüße!
 



 
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