Du lebst in mir (Ghasele?)

Trist

Mitglied
Warum muss ich, der niemals von dir weichen kann, dich jetzt vermissen?
Lebst tief in mir, umarmst mich Nachts, in Träumen brauch ich nichts vermissen.

Im Morgengrauen fliehst du wieder, bleibst bis Mond und Sterne ziehen.
Du - Traumes Wärme, die mich sanft umspült - entweichst aus meinem Kissen?

Still ist es nun seit jenen Tagen, als deine Hand aus meiner glitt.
Wirst du in mancher Stunde unser stummes Fingerspiel vermissen?

Zerriss ein Herbststurm unser Glück? Ein kalter Wind weht durch den Garten.
Im Frühling zählten wir in ihm die weißen Blüten der Narzissen.

Kennst du den Weg noch - hin zum Bach - an dem wir oft die Zeit vergaßen?
Ich geh ihn gern, kann dich auch da, an seinem Ufer nur vermissen.

Dein Bild in seinem Wasser lächelt, so blicken wir und schweigend an.
Und Worte flüstern zärtlich aus dem Grund; ich werde dich vermissen.



Hier habe ich mich zu sehr von der Arabische Form; die Ansprache des Dichters an die abwesende Geliebte leiten lassen.
Nun wirkt das Ganze natürlich gezwungen und verkünstelt.
Man kann eben nicht mit einer Sprache sprechen/schreiben , die man nicht versteht ...
Es war halt mal ein Versuch.
Ein Experiment.
 
Zuletzt bearbeitet:

Mimi

Mitglied
Nun ja, ich glaube hier würden sich die großen Maestros Rumi, Hafis, Mutanabbi & Co doch sehr in ihren Gräbern umdrehen...

Du hast schon recht mit Deiner Vermutung, dass Dein Experiment "gezwungen und verkünstelt" wirkt, denn aus meiner Sicht reicht es gewiss nicht aus, einige Übersetzungen aus dem Arabischen zu lesen, ohne sich substanziell mit den historisch-kulturellen Hintergründen, der Charakteristika und dem Wortschatz einer fremden Sprache zu beschäftigen.
Es ist ein Irrtum, wenn man glaubt, dass die arabische Poesie von blumigen Ausdrücken strotzt, vielmehr ist es eine Sprache die gerade in ihrem geschriebenen Wort durch ihre Schönheit, Eleganz und subtile Ambiguität überzeugt...das gilt insbesondere für Qasiden und Ghasale.

Tipp:
Ich halte die Übersetzungen von Friedrich Rückert und Joseph Hammer-Purgstall für gelungen.

"Ich bin es vor dessen Licht die Blinden sehen
Und dessen Worte die Tauben selbst verstehen
Im Schlaf füllt mein Auge Poesie
Doch nur mit Mühe sammeln Andere sie"

(Al-Mutanabbi)


Gruß
Mimi
 

Trist

Mitglied
Geb ich dir in allen Punkten Recht, Mimi.
Aber Spaß hat mir der Versuch trotzdem gemacht ...;)
Eins noch. Ich lese auch gerne in der Chinesischen Poesie.
Xi Murong zum Beispiel:


Ein blühender Baum


Wie kann ich dich auf mich
aufmerksam machen

Wenn ich gerade am schönsten bin

Deswegen

Ich habe vor dem Buddha einst vor 500 Jahren gebetet

Habe dafür gebetet, dass wir uns in
einem Raum und Zeit begegnen

So verwandelte mich Buddha in einen
Baum

Er wächst an einem Ort, an dem du
vorbeigehen musst

Unter den Sonnenstrahlen

Behutsam wachsen meine Blüten dicht

Jede einzelne ist aus meiner
Sehnsucht aus einem früheren Leben

Wenn du dich näherst

Bitte lausche

Jenen raschelnden Blättern

Sie sind die Ungeduld meines Wartens

Aber als du endlich vorübergingst,
achtlos

Fielen hinter dir der Boden voll

Ach, mein Freund

Das waren keine Blütenblätter

Das war mein verwelktes Herz




Keine Ahnung wer es übersetzt hat.
Liebe Grüße
Trist
 
G

Gelöschtes Mitglied 13736

Gast
Moin Trist,
Ja sag mal....du erstaunst mich immer wieder!
Chinesische Poesie!!! Das ich unsere Mimi ja schon in die Etage der Allerweltsgelehrten verortet habe, schickst du dich nun auch an, dich der völligen Vergeistigung hinzugeben.
Aber das Schöne ist ja, ihr verliert nicht die Bodenhaftung. Das ist mir wichtig.
Meine einzige Beziehung zum Chinesischen materialisiert sich durch die Chinaböller, die ich Silvester immer in die Briefkästen der Nachbarn schmeiße.
Euch ein lustvolles Wochenende
LG
Oscarchen
 

Trist

Mitglied
Moin Oscarchen,

Was soll ich tun?
Die Asiatinnen haben meine Gewichtsklasse - ich bin ein, naja - nicht so hoch gewachsener Mensch.
Und ich mag halt so schwebende Poesie, so zauberhaft unschuldige Gedankengänge von ewig liebenden, hingabevollen und arglos treugesinnten
anmutigen weiblichen Damen ...
Aufwachen Trist, du lebst im 21. Jahrhundert!!!
Und die Asiatinnen sind launischer als der April - das hast du doch erlebt - oder?

Nein, ehrlich - ich hab noch kein Bier getrunken.;)
Nur den Rest Wein von gestern Abend ...

Vergnügte Grüße
Trist
 



 
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