Du tückende Laune (Amphybrachius, 6 hebig) (gelöscht)

kakadu

Mitglied
Hi Jacko,

diese Seite kennen wir ja noch gar nicht von Dir! Hier mal in formvollendeter klassischer Manier, aber doch alles andere als langweilig.

Dieses Stück könnte ich mir gut als Bühnenmonolog vorstellen, bevor der Protagonist sich sehenden Auges wieder einer Schwäche hingibt. Er weiß genau, dass er wieder auf die Nase fallen wird, aber er nimmt solche Stürze gerne in Kauf für den Genuss, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen voll auszukosten.

Worum genau es geht, lässt Du offen, und so kann sich jeder frei seiner Fantasie hingeben. Sprachlich solltest Du damit eigentlich die Romantiker auf den Plan rufen. Ich wundere mich schon, wo sie stecken.:) Du begibst sich mindestens hundert Jahre zurück, das aber ohne abgegriffenen Schmunz.

Ohne unnütze Wortfüllsel hast Du es geschafft, ein paar raffinierte sprachliche Zäsuren zu setzen, die zwischen den Verfüßen liegen und so einen tollen Groove erzeugen.

Und lasse es zu! Oh ich Narr, so empfänglich für trügendes Scheinen
.

Die Formatierung unterstützt das Klangbild, die Treppenabsätze gefallen mir. Auf die zusätzlichen kleinen Einrückungen bei den Zeilenanfängen

Und
Erwarte
ergreife

würde ich entweder verzichten oder sie um einiges vergrößern, falls die Seitenbreite dafür reicht. War wieder gerne und mit Genuss dabei.

Liebe Grüße
Claudia
 

JackoF

Mitglied
Hallo Claudia,

...der Protagonist....... Er weiß genau, dass er wieder auf die Nase fallen wird, aber er nimmt solche Stürze gerne in Kauf für den Genuss, das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen voll auszukosten.
erst einmal ein sehr Danke für Deine detaillierte Einlassung mit meinem Amphybrachium :)
Und,
Du hast wieder mal Inhalt, und formale und beabsichtigte Details meines Textes gut erkannt.
Tja - mal ein Versuch meinerseits, diese alte Formen auszuprobieren :)))

Und hier die große Schwierigkeit(für mich, als aktu-Mensch :)) ) :

Es ist ja nicht nur, die Amphybrachien hintereinander durchzuleiern, sondern hier diese Rhythmus-Sprache auch mit einem passenden Inhalt zu begleiten.
Und ich wollte auf jeden Fall einen üblichen Schmunz-Inhalt bezüglich Sehnsucht und Leiden und Jammern, und Schmerz und Glück aufs dringlichste vermeiden. ;)
Du begibst dich mindestens hundert Jahre zurück, das aber ohne abgegriffenen Schmunz.
Eine weitere Schwierigkeit sprachlich ist ja hier,
dass man unentwegt mit vorsilbigen Wörtern arbeiten muss(Thema Deutsche Sprache),
eben wegen der Doppel-Unbetonungen, wie aber auch, die Versfüße(Amphybrachius/ys/us) in die Betonung zu bringen - oder auch mit bindenden Wortfüßen die Sprache umzusetzen.

Sollte also schon etwas zeitgeistig naher sein ! :)))

Einen heute zeitgeistig adäquaten Inhalt(mit aktueller Sprache) hierfür zu finden, ist wohl äußerst schwer, da ja ein zeilig durchgehender Amphybrachius(irgendwie versetzte Daktylen) den Inhalt permanent ineinander fließen lässt - aber nichts mit Drive, Zäsuren, Brüche und Slam-Dichtung originär zu tun hat.

Also die Gefahr des tatsächlichen Leierns (sprachlich und inhaltlich) mehr als groß ist !
Wobei sicherlich
ein amphybrachischer Text in gesprochener Weise eher aus einer Leierei herausbetont werden kann :))
Kombi-Kenner der gelesenen und gesprochenen Sprache kennen dieses Phänomen !

Und hier kam mir als inhaltlicher Kompromiss das Thema „die Laune“ in den Sinn :))
Wie Du es schon richtig sagst - diese ich auch nicht näher benannte, ja sogar diese „Laune“ selbst eine Person sein könnte.

Und dann mein formaler Kampf, hier nun sprachlich feine Zäsuren einzubauen, die sich selbst in die natürliche Sprache integrieren und sich immanent auch betonen - denn ohne diese muss es leiern.
Dieses Stück könnte ich mir gut als Bühnenmonolog vorstellen, bevor der Protagonist
sich sehenden Auges wieder einer Schwäche hingibt.
Genau so sah ich es dann auch für mich - als monologische/dialogische Sequenz auf der Bühne - und so ginge es vorzüglich, und in betonender Lebendigkeit. :)))
Ohne unnütze Wortfüllsel hast Du es geschafft, ein paar raffinierte sprachliche Zäsuren zu setzen, die zwischen den Verfüßen liegen und so einen tollen Groove erzeugen.
Hierfür wählte ich auch bewusst die gegebene Versetzungs-Formatierung, die einerseits den jeweiligen Vers erhält, andererseits die Beweglichkeit dieses Textes stimulieren soll.
Wie auch von Dir sehr gut erkannt ist :
Die Formatierung unterstützt das Klangbild, die Treppenabsätze gefallen mir. Auf die zusätzlichen kleinen Einrückungen bei den Zeilenanfängen

Und
Erwarte
ergreife
Hier wollte ich genau mit dieser 3Zeilen-Einrückung die Anfangswörter in eine eigene Inhalts-Schleife bringen derart :
Und lasse es zu !
[ 4][ 8][ 8][ 5]Oh ich Narr,
[ 4][ 8][ 8][ 8][ 8][ 7]so empfänglich für trügendes Scheinen.
Erwarte Dein Wieder ![ 1] Umgarnst mich dann leise, in lieblicher Weise,
ergreife dies Schmeicheln für weitere Reisen[ 2] /[ 2]bis Lügen erwachen.
----((Leider gibts hier wegen des Zitier-Einschubs optische Zeilen-Umbrüche, die im Orig nicht sind !! :-((( ))

Mit inhaltlicher Lupenbrille ist so etwas erkennbar ;)
Denn mit dieser Inhalts-Schleife outet sich dieser Protagonist nun bewusst reflexiv und offen zu seiner extensiven Genuss-Macke/Sucht :))),

zumindest so meine Absicht.

Zu dieser Schleife(wegen der Hervorhebung) war ich mir nicht sicher, ob ich hier eine zusätzliche Formatierung umsetzen sollte,
zum Beispiel : kursiv, wie oben ??
Was meinst Du dazu ?


Glaudia,
es war mir wieder ein Vergnügen, mit Dir zu diesem Gedicht über formale und inhaltliche Details zu sprechen :),

und wieder ein gerne Tschüss, Jacko

---
 

kakadu

Mitglied
Und lasse es zu !
[ 3][ 8][ 8][ 8] Oh ich Narr,
[ 8][ 8][ 8][ 8][ 8][ 8]so empfänglich für trügendes Scheinen.
Erwarte Dein Wieder ! Umgarnst mich dann leise, in lieblicher Weise,
ergreife dies Schmeicheln für weitere Reisen / bis Lügen erwachen.


Hallo Jacko,

tut mir leid, dass Du so lange warten musstest - die tückende Laune des Ramadan:) Ja, ich glaube, kursiv und dafür ohne die zusätzlichen Einschübe siehts gut aus. Nur das "Und" kursiv hat mir nicht so gefallen, deshalb hab ichs mit dem ganzen Satz probiert. Was meinst Du?

Liebe Grüße
Claudia
 

JackoF

Mitglied
Hi Claudia,

schön, dass Du Dir diese Zeit noch abknapptest :)) / klar geht Wichtigeres vor !!!!!!!!!

Ja, es ist die Formatierung, die ja u.a. sehr viel ausmachen kann - inhaltlich, wie auch für die erste Lese-Erfassung.
Dieser Einschub zum unteres Teil bespricht ja nun auch die innere Sicht dieses LI - bezüglich seiner Eigen-Erkenntnis und Schwäche ;)

Habe nun die obige Fassung nochmal geändert.

Mal gucken, was Du nun sagst :))) / Auch gefällt mir Dein "so" Vorschlag bezüglich der Kusrsivung.

Claudia,
wieder ein sehr Danke-Tschüss an Dich, Jacko

--
 

JackoF

Mitglied
Hallo Rhea,

auch Dir ein sehr Danke für Dein Reinschauen, und Dein Gefallen an diesem altsprachlichen Kleinod,

und inhaltlich ist dieses Thema doch immer aktuell zeitgeistig :)))
Gefällt mir gut! Ich mag diesen Stil - erinnert an klassische Dramen, die ich sehr liebe... mehr davon! :)
Und Jaaaa / werde bald noch etwas anderes mit anderem Versmaß hier einstellen - wird/ist aber sehr viel Arbeit / etwas ganz neues ;),
und bei mir ist's ja immer auch der Punkt, einen Inhalt vorzutragen - umso schwieriger, wenn es sich um ältere Vers-Strukturen handelt, die eigentlich auch einen vergangenen Zeitgeist sprachlich bedingen,
vor allem im begleitenden Ausdruck ;).

Rhea,
habe mich gefreut auf Deinen Besuch bei mir,

und wieder ein Amphi-Tschüss, Jacko

--
 



 
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