Du wartest

Du wartest

Du wartest
Hinter dem Horizont dieses Tages.
Wenn wir einander wiedersehen werden,
Nach langen Tagen der Trennung,
Dann sprecht, Lippen, mit Küssen.
Nicht mehr Worte formt und lasst
Die glühende Musik von Küssen
Anbranden gegen die ihren.
Mein Herz wartet zitternd
Wie ein Sperling in der Kälte des Morgens.

Hallo van Geoffrey,

hinterm Horizont zu warten würde ich als Metapher für ein Wiedersehen im Jenseits interpretieren.
Ob das dortige Liebesspiel so "irdisch" abläuft wie das LI sich das vorstellt sei dahingestellt, die besondere Verwortung hat durchaus was Ansprechendes.
LG
Manfred

"Wiedersehen im Jenseits" - das liest du ganz richtig.
Der Tag ist nicht ein Tag sondern das irdische Leben.
Das Gedicht spricht von einer rein geistigen Liebe. Die Küsse sind nicht irdische Küsse.
Kann man sich eine geistige Liebe denken, die leidenschaftlich und stürmisch ist? Ich denke und empfinde so.
Das Jenseits ist - hoffentlich für uns alle - die unmittelbare Nähe Gottes, wo die Irrwege, Streit, Entzweiung endgültig vorbei sind.

An der Liebe leiden - das hat eine stark geistige Dimension.
Ich weiß nicht, ob das hierher passt, aber mir fällt eben der Satz ein den Julia im Shakespeare-Drama sagt: "Weh mir, dass ich dich sah, ehe ich deinen Namen kannte."
(Denn Romeo ist ja ein Clanmitglied der verfeindeten Familie.)
In diesen Worten steckt das Erschrecken darüber, dass man sich verliebt hat - und nicht mehr anders kann und anders will. Dieser Schrecken und dieser Schmerz sind noch der sinnlichen Welt zugeordnet - betritt aber schon eine geistige Spähre.

Gefällt mir sehr wegen der gelungen 'altmodischen' Sprache.
Die Worte schlagen - im positiven Sinne- eine romantische
Saite an. Das ist heute selten und darum schön zu lesen.

Hallo

Da stimme ich soweit zu, wobei mich die Wiederholung von Küssen etwas stört.

LG
Tula

Danke für Lob und Kritik

Hallo, Black! Danke für deinen Kommentar.
Kann (leider) nur altmodisch schreiben. Wenn ich versuche, zeitgenössisch zu schreiben gelingt das wahrscheinlich nicht.
Ich denke eigentlich auch "nicht besonders viel" nach beim Schreiben.
Das kann manchmal ein Mangel sein - aber gerade dann kommt es mehr aus der Seele als aus dem Verstand.

Hallo, Tula!
Danke auch dir für den Kommentar.
Die Welt wird ein paar Küsse zu viel schon aushalten. Ach, sei's d'rum.
Aber ich gebe schon zu, dass sich bei mir der Wiederholungsteufel gerne einschleicht.

Liebe Grüße euch beiden