Dumm gelaufen (4)

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Gerd Geiser

Mitglied
Es kriechen zwei stockblinde Schleichen
am Stock hin zu neuen Bereichen.
Sie schleichen herzinnig umschlungen
und gänzlich von Liebe durchdrungen
zum Bahnkörper hin, wo die Schienengeleise
den Weg ihnen weisen zum Ziel ihrer Reise.

Nach Stunden voll blindem Geschleiche
erreichen sie müd eine Weiche.
"Wir müssen nach links", sagt ihr Liebster noch heiter,
doch SIE meint: "Nach links führt der Weg uns nicht weiter."
Die Sprache entgleitet, es fehl´n Argumente,
es zischeln die Worte, das Paar setzt Akzente.

Jetzt ziehen die zwei Umeinandergerollten
sich heftig, was Liebende wahrlich nicht sollten.
Die Schleichen, die innig des Weges geschlichen,
am Gleiskörper sind sie als Knoten verblichen.
Umschlungen liegt Leiche an Leiche
nun draußen auf einsamer Weiche.
 

Walther

Mitglied
Moin Gerd,
freut Dich wieder zu lesen. Ich war schon voller Angst, meine morbiden Verse würden keinerlei Beachtung mehr finden.
Mann, bin ich froh, nicht mehr so alleine zu sein.
Gruß W.
 

Sta.tor

Foren-Redakteur
Hallo Gerd,

zurück aus der Schöpferpause? Wenn ja, dann mit gelungenem Aufschlag. Sehr schöne Geschichte mit den Weichenleichenschleichen.

VG
Thomas
 

Vera-Lena

Mitglied
Super, lieber Gerd,

die "einsame Weiche" hat es mir besonders angetan. Nie zuvor konnte ich mir diese zwei Wörter als eine Einheit vorstellen. Es macht immer so viel Freude, wenn man mitbekommt, was für ein Empfinden für Sprache jemand hat und mit welcher Vielfalt das Sprachempfinden unter den Menschen verteilt ist.

"Das Paar setzt Akzente" finde ich auch so schön untertrieben ausgedrückt. Eine humorvolle toternste Angelegenheit, das Ganze!

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

Gerd Geiser

Mitglied
Danke für die netten Antworten.

Das Gedicht trug ursprünglich den Titel: Wenn Schlangen zu sehr lieben. Ich musste mir dann aber sagen lassen, dass Schleichen zu den Echsen gehören. Wieder was dazu gelernt.

LG
Gerd
 



 
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