Lieber Outymier,
solche Klischees helfen aber niemand weiter - vor allem, weil Du das vom Ende her beschreibst - und die Geschichte ausblendest.
Der Kriminalfilm war immer auch ein Spiegel für die Gesellschaft. Und auch viele Kriminalromane beschäftigen sich damit, was in einer Gesellschaft schief läuft. Ich kann mich noch erinnern, dass mitnichten jeden Sonntag ein Tatort kam und auch im Vorabendprogramm gab es eher Familienserien. Und es ging auch nicht immer um Mord und Totschlag.
Wenn man dann berücksichtigt, dass wir in einer Bedarfsweckungsgesellschaft leben und das Programm nicht von uns gemacht wird, sollte das Anlass geben, zu fragen, wie sich diese Dauerkrimi-Beschallung entwickelte - und wem das nützt.
Du hast recht, dass im Fernsehen mehr Verbrechen - und andere - geschehen als auf den Straßen, aber ich sehe da eben keine Paranoia, sondern eher eine Abstumpfung - und das sage ich als bekennende Krimitante. Ich habe heute Abend zum Beispiel zur Entspannung eine alte Folge Wilsberg auf ZDFNeo gesehen. Dass da tatsächlich ein Mord geschehen war, blieb ziemlich belanglos - es ging um die Figuren und ihre Interaktionen, die Verwicklungen - das, was schön daran war, hätte keinen Mord 'gebraucht'. Offensichtlich bekommen es die Programmmacher nicht hin, Stoffe zu kreieren, die ohne dieses 'Beiwerk' auskommen.
Und mittlerweile werden Krimis derart inflationär produziert und programmatisch benutzt um gesellschaftlichen Wandel als vollzogen vorzugeben, dass niemand sagen könnte, die Konsumenten sind paranoid. Eher sind die Produzenten manipulativ. (Ich könnte mir zum Beispiel die Haare raufen, wenn in den Vorabendserien im ZDF -ganz besonders Potsdam und Köln- weibliche Beamte den Männern ihr Essen weg nehmen, oder ihre Kaffeetassen - was mittlerweile sogar in der SOKO Stuttgart passiert ist, die sonst eher betulich unterwegs sind. Wieso wird eine Übergriffigkeit als witzig und in Ordnung dargestellt, wenn sie Frauen begehen? Diese Krimis werden benutzt, um eine Akzeptanz herzustellen, die gesamtgesellschaftlich schädlich ist. Niemandem sollte sein Essen weggenommen werden!)
Ich sehe da auch keine Parallelität zur Verschwörungstheoretikern. Dafür müsste mir erst einmal jemand erklären, was das genau ist. Und wie will man diejenigen, die einer Sache eher auf die Spur kommen, von denjenigen abgrenzen, die nur Bestätigung ihrer Vorurteile suchen und schlechte Stimmung machen wollen? Für die Mainstream-Medien sind alle Protestformen gegen die jetzigen Energiespar- und kompensationsmaßnahmen von rechts befördert und damit ins Lager der Verschwörungstheoretiker abgeschoben. Mainstream meint, Du wirst arm? Hör auf zu jammern und denk an Putin.
Ich halte es für keine gute Idee, auf die Konsumenten einzuprügeln - und vor allem nicht so pauschal.
Liebe Grüße
Petra