Eben. - Sonett in Alexandrinern mit Binnenreimen

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Walther

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Eben.

Der letzte Schritt ins Abseits, der letzte Blick ins Nichts:
Es sprang sich leicht ins Weite, man flog kurz schwerelos,
Man denkt sich: Wow, ich gleite, und fühlt sich riesengroß.
Ein Schlag, ein letzter Brechreiz, Verlöschen allen Lichts.

Was bleibt, ist nur ein Haufen von Fleisch und Knochenschrott:
Vergeben sind die Chancen, vorbei sind Wunsch und Glück.
Vergebens die Avancen: Denn niemand grüßt zurück.
Was ging, ist jetzt gelaufen. Beklagen klingt bigott.

Was hat ihn fliegen lassen? Was hat sie angetrieben?
Die Antwort sucht die Fragen. Es wird nur falsche geben.
Aus Schrecken wächst gern hassen. Was gut war, wird zerrieben.

Wird mich mein Leben tragen? Erfüllt sich unser Streben?
Man kann den Schmerz nicht fassen, vergisst fast, sich zu lieben!
Viel möchte man ihr sagen. Er kann’s nicht hören. Eben.
 

Wolke

Mitglied
WoW, Walther hat ein Sonett in Alexandrinern und dann auch noch mit Binnenreimen geschrieben.
Ich bin stolz auf dich.

Aber wenn ich sowas lese wie:



Aus Schrecken wächst gern hassen. Was gut war, wird zerrieben.

Wird mich mein Leben tragen? Erfüllt sich unser Streben?




bin ich mir nicht sicher,
ob es die Mühe wert war
 
Zuletzt bearbeitet:

Walther

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WoW, Walther hat ein Sonett in Alexandrinern und dann auch noch mit Binnenreimen geschrieben.
Ich bin stolz auf dich.

Aber wenn ich sowas lese wie:



Aus Schrecken wächst gern hassen. Was gut war, wird zerrieben.

Wird mich mein Leben tragen? Erfüllt sich unser Streben?




bin ich mir nicht sicher,
ob es die Mühe wert war
mühe dich mit eigenem.
 

sufnus

Mitglied
Hi Walther,
wenn ich Dir schreibe (letztmalig ist es etwas länger her, da wir eine Zeitlang keine Forenüberschneidung hatten) ist es grundsätzlich immer Fanpost, auch im Falle kritischer Detailbeanmerkungen oder -hinterfragungen.

Die da in diesem Falle wären: Nach meinem Wissen (ich lasse mich gerne korrigieren) ist das hier kein Alexandriner. Wenn man nur auf die Hebungen und Senkungen guckt, passt es natürlich (sechshebiger Jambus), aber beim Alexandriner muss, so wie ich es gelernt habe, die Zäsur nach der dritten Betonung (also der sechsten Silbe) kommen, so wie beim legendären Dialog aus Asterix und Kleopatra:

Numerobis: Ich bin mein lieber Freund, sehr glücklich Dich zu sehen.
Miraculix: Das ist ein Alexandriner.

Und jetzt zurück zum Generalthema Fanpost:
Mir gefällt dieses binnengereimte Sonett ausgesprochen gut! Deine Sprache mutet "jetztzeitlich" an (jedenfalls so gut das bei derartiger Formstrenge eben möglich ist), Dein Gedicht klingt also nicht altertümlich, und doch entfalten Deine Zeilen einen grypheanischen Wuchtton (vor allem in der zweiten Strophe), der den Blickkontakt zu den barocken Vorbildern herstellt.

Chapeau & LG!

S.
 

Walther

Mitglied
Hi Walther,
wenn ich Dir schreibe (letztmalig ist es etwas länger her, da wir eine Zeitlang keine Forenüberschneidung hatten) ist es grundsätzlich immer Fanpost, auch im Falle kritischer Detailbeanmerkungen oder -hinterfragungen.

Die da in diesem Falle wären: Nach meinem Wissen (ich lasse mich gerne korrigieren) ist das hier kein Alexandriner. Wenn man nur auf die Hebungen und Senkungen guckt, passt es natürlich (sechshebiger Jambus), aber beim Alexandriner muss, so wie ich es gelernt habe, die Zäsur nach der dritten Betonung (also der sechsten Silbe) kommen, so wie beim legendären Dialog aus Asterix und Kleopatra:

Numerobis: Ich bin mein lieber Freund, sehr glücklich Dich zu sehen.
Miraculix: Das ist ein Alexandriner.

Und jetzt zurück zum Generalthema Fanpost:
Mir gefällt dieses binnengereimte Sonett ausgesprochen gut! Deine Sprache mutet "jetztzeitlich" an (jedenfalls so gut das bei derartiger Formstrenge eben möglich ist), Dein Gedicht klingt also nicht altertümlich, und doch entfalten Deine Zeilen einen grypheanischen Wuchtton (vor allem in der zweiten Strophe), der den Blickkontakt zu den barocken Vorbildern herstellt.

Chapeau & LG!

S.
Hi @sufnus,

danke fürs beispringen. in der tat ist der Alexandriner eigentlich so gebaut: ◡—◡—◡— ‖ ◡—◡—◡—(◡) (siehe hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Alexandriner)
aber:
"In der Tat geht der flexible Rhythmus des französischen Alexandriners im Deutschen leicht verloren. Deshalb haben erfahrene Übersetzer – wie Paul Celan in seiner Nachdichtung von Rimbauds berühmtem Langgedicht Das trunkene Schiff (Le Bateau ivre) – den Vers durch eine zusätzliche, unbetonte Silbe vor der Zäsur ergänzt:

Hinab glitt ich die Flüs-se,  ‖  von träger Flut getragen,da fühlte ich: es zo-gen  ‖  die Treidler mich nicht mehr […]Comme je descendais  ‖  des fleuves impassibles,Je ne me sentis plus  ‖  guidé par les haleurs […]"
- etwas weiter unten im gleichen Wikipedial-beitrag.
kurz: jetzt haben wir den salat. was gilt nun?
ich denke, das mit der unbetonten silbe hat ein wenig mit dem unterschied des deutschen und des französischen zu tun, was die sprachmelodie anbetrifft.

lg W.
 

sufnus

Mitglied
Hey Walther!
Interessant der Hinweis auf PC und seine freiere Gestaltung des Alex-Grooves - dankedafür!
An meinem Generallob ändert diese Nebendiskussion sowiesonix. :)
LG & frohes Fest usw.!
S.
 

Walther

Mitglied
Hey Walther!
Interessant der Hinweis auf PC und seine freiere Gestaltung des Alex-Grooves - dankedafür!
An meinem Generallob ändert diese Nebendiskussion sowiesonix. :)
LG & frohes Fest usw.!
S.
Hey,
danke ebenfalls!
in einem kurzen anfall von selbsterkenntnis gestehe ich gerne ein, dass ich den Alexandriner sicherlich etwas gedehnt habe. aber die einordnung traf es besser, als den Hexameter zu bemühen, denn das hätte auch nicht so ganz gestimmt.
komm gut rüber!
lg W.
aber genau darum geht es:

MÜHE DICH MIT EIGENEM

Denn dieser Sprache bemühst du dich auch dann,
wenn du dich selbst persiflieren willst,

du kannst es nicht mehr unterscheiden
hi,
ironie und selbstironie wachsen aus demselben stamm.
lg W.
 

Wolke

Mitglied
Schreibt doch mal was ohne Ironie und ohne Reime.

Das wäre ein neuer Ansatz jenseits deiner Komfortzone - du bist gut, du mußt nichts beweisen.
 
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