Ednas Abschied von der Realität

Sie saß am Abteilfenster und betrachtete die draussen vorbeifliegenden Bäume. Diese Bäume fliegen nicht wirklich, machte sie sich klar, sondern sind fest verwurzelt. Nur kurz nimmt man sie wahr, ein Schemen, ein Schatten, der kurz durch die Wahrnehmung huscht, um dann innerhalb von Sekundenbruchteilen auf immer zu verschwinden. Verhält es sich nicht auch so mit den Menschen, fragte sie sich, während sie ihre heiße Stirn müde gegen die kühle Scheibe lehnte. Kaum wahrgenommen, schon im Nichts der Erinnerung verschwunden? Jeder Baum, der scheinbar an ihr vorbeihuschte, jeder Meter, den der Zug mit lautlosem Gepolter zurücklegte, brachte Abstand zwischen sie und ihn. Jede Minute, die wie ein Blinzeln verging, machte die Gegenwart zur Vergangenheit und sie war kurz versucht, diesem Umstand zu beweinen. Gedanken wirbelten ihr wie wild durch den Kopf, doch kaum versuchte sie einen davon zu fassen, huschte er ihr wie ein Schatten davon. Edna schloss die Augen. Bilder schossen ihr durch durch´s Gehirn, bunte, verwegene, abenteuerlich Bilder, die sie für immer festhalten wollte. Eine erste Träne quoll ihr durch die Wimpern und rann salzig ihre Wange hinab. Nichts kann man festhalten, dachte sie, keinen Baum, keinen Gedanken, kein Bild, alles fließt, alles rinnt, alles flüchtet. Edna legte sich eine Hand auf den Bauch, spürte, wie sich ihre Bauchdecke vom Atmen langsam hob und senkte und spürte eine Wärme, die sie beruhigte. Du bist ein Ofen, hatte er zu ihr gesagt, wo Du liegst, ist Wärme, nein, keine Wärme, verbesserte er sich, Hitze! Edna lächelte, weil sie dieses Bild gefangen hatte und wünschte, es auf ewig festhalten zu können. Wie würde sie sich in einigen Jahren an diese hellen Stunden, die sie mit ihm verbracht hatte, erinnern? Würde sie sich überhaupt daran erinnern? Edna wandte nun den Kopf herum, um auch ihre andere Schläfe am Fensterglas zu kühlen. Später irgendwann, wenn weitere Menschen durch ihr Leben gehuscht wären, würde sie sich nur noch bruchstückhaft an diese Stunden erinnern. Endlose Stunden verkürzt auf einen Gedanken, ein Bild, ein Gefühl. An ein Gefühl kann man sich später nicht mehr erinnern, wußte sie, und, was noch schlimmer ist, man kann es nicht einmal mehr erahnen. Eine Stunde schon lag zwischen diesem Gedanken und seinem letzten Kuß. Sie erinnerte sich bereits nicht mehr, wie er schmeckte, nur noch, dass es ihn gab. Die Zeit wird ihr auch das Bild davon nehmen und bald würde sie sich fragen, ob es überhaupt wahr war. Und während sich die Augen immer mehr mit Tränen füllten, flogen ihr die Gedanken davon und mit ihnen sein Duft, der ihr durch seine letzte Umarmung noch anhaftete.
 

Frank Zimmermann

Junior Mitglied
Textflut

Hey FwJ,

die Schreibaufgabe scheint es Dir ja richtig angetan zu haben, freut mich.

Der Text enthält ein paar Holperer, die durch eine gründlichere Überarbeitung hätten vermieden werden können.
Ansonsten aber ein schönes Stimmungsbild.

Danke.
 
R

ralph raske

Gast
schreibaufgabe? achselzucken

was ist eigentlich die schreibaufgabe?
sind wir in der schule?
gruß

ralph
 



 
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