Ein bizarrer Mord

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Brakwaater

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Kommissar Reissdorf war entsetzt. Er hatte in seiner Laufbahn schon viel erlebt, aber dieser Mord ließ ihm fast das Blut in den Adern gefrieren. Das Opfer war an einen Stuhl gefesselt und ihm steckte ein dickes Büschel Federn im Hals, an denen er offenbar erstickt war. Aus seinem Mund schlängelten sich Spuren einer schwarzen Flüssigkeit das Kinn und den Hals herunter. Reissdorf war erleichtert, als die Leiche endlich abtransportiert wurde.
Der Gerichtsmediziner ging kopfschüttelnd neben der Trage her und murmelte vor sich hin:
"So was habe ich ja noch nicht gesehen. Wie kann ein Mensch nur..."

Reissdorf sah sich gründlich im ganzen Haus und auf dem Grundstück um, doch nirgendwo gab es einen Hinweis, wo die Federn her stammen könnten. Kein Vogelkäfig, nichts. Anschließend ging er zurück ins Wohnzimmer, um die Haushälterin zu verhören.
"Haben Sie eine Idee, woher die Federn kommen könnten? Hat Herr Maisel Vögel gezüchtet oder sie zum Vergnügen gehalten?"
"Nein", antwortete Frau Astra, "er war allergisch gegen Vögel. Er hat ja sogar rund um das Grundstück Apparate aufgebaut, die die Tiere verscheuchen sollen."
"Hatte Herr Maisel Feinde? Jemand, mit dem er in letzter Zeit Streit hatte?", fragte der Kommissar.
"Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Er war doch so umgänglich und nett zu jedem.", schluchzte die Haushälterin.
Reissdorf stellte noch einige Fragen, doch die Antworten brachten ihn nicht weiter. Frau Astra schien nicht viel über ihren ehemaligen Arbeitgeber zu wissen, abgesehen von seiner besonderen Freundlichkeit, die sie immer wieder hervorhob.

Am nächsten Tag führte sein erster Weg den Kommissar in die Gerichtsmedizin. Dort wurde er schon ungeduldig von Heineken erwartet.
"Da bist du ja endlich, Hans. Eine merkwürdige Geschichte ist das. Die schwarze Flüssigkeit, die dem Opfer aus dem Mund lief, ist ganz gewöhnliche Tinte. Ich habe dann ein wenig recherchiert und herausgefunden, dass diese Sorte Federn früher zum Schreiben verwendet wurde. Die Todesursache war übrigens..."
"...ein allergischer Schock?", unterbrach ihn der Kommissar.
"Richtig, woher weißt du?", fragte der Gerichtsmediziner.
"Die Haushälterin hat es mir gesagt."

Als Reissdorf in sein Büro kam, wurde er dort schon von Ludwig, dem Sohn des Opfers erwartet, doch auch dieses Gespräch brachte keine wesentlichen Informationen. Anschließend las er ohne große Begeisterung den Bericht der Spurensicherung. Man hatte zwar einen sehr guten Fingerabdruck und einige Fußspuren gefunden, doch leider war der Abdruck in keiner Datenbank registriert.

Einige Tage war Reissdorf kein bisschen weiter und feuerte die Akte frustriert in die Ecke. Solche Rätsel, in denen nicht einmal winzige Puzzleteilchen auftauchten, hasste er wie die Pest. Als er auf den Flur ging, um sich einen Kaffee zu holen, wurde er beinahe von einem aufgeregten Mann über den Haufen gerannt.
"Oh, Entschuldigung. Sind Sie Kommissar Reissdorf?", keuchte sein 'Attentäter'.
"Richtig, was kann ich für Sie tun?" entgegnete dieser.
"König mein Name. Ich habe eben erst erfahren, dass August Maisel ermordet wurde und unten hat man mir gesagt, dass Sie in dem Fall ermitteln."
Der Kommissar bat den Mann in sein Büro und deutete stumm auf den Besucherstuhl.
"In welchem Verhältnis standen Sie zu dem Opfer?", fragte er König.
"August ist... war mein bester Freund. Ich wette, seine Haushälterin hat Ihnen verschwiegen, dass er schon lange in erbittertem Streit mit dem Vogelzüchter drei Häuser weiter lag?"
Reissdorf sah den Mann nachdenklich an und meinte dann:
"Die Wette gewinnen Sie. Wissen Sie, worum es bei diesem Streit ging?"
"Sicher. Der hat August schon mehrmals verklagt wegen dieser Dinger auf seiner Gartenmauer. Behauptet, die würden sein Vögel so erschrecken, dass sie nicht mehr zur Zucht taugen würden. Hat aber jedes Mal verloren, weil er nix beweisen konnte." berichtete der Besucher.

Eine Woche später, in der Reissdorf weiter frustriert Spuren folgte, die alle im Sand verliefen, flog seine Bürotür auf und der Mitarbeiter der Hauspost klatschte ihm mürrisch einen Umschlag auf den Tisch. Dieser war weiß, mit einem Laserdrucker beschriftet und trug keinen Absender. Neugierig öffnete Reissdorf ihn und zog die Kopie eines Briefes heraus. Der Briefbogen trug den Schriftzug des ortsansässigen Heller-Verlages und war an einen Klaus Diebels aus der Nachbarstadt adressiert. Der Text lautete:
"Sehr geehrter Herr Diebels, wir danken Ihnen für die Zusendung Ihres Manuskriptes, das wir jedoch leider nicht berücksichtigen können. Ihr Werk entstellt die Deutsche Sprache derart, dass Goethe und Schiller sich im Grabe herumdrehen müssten."
Unterzeichnet war der Brief von August Maisel.
Ein Anruf im Verlag bestätigte, dass das Opfer als freiberuflicher Lektor dort tätig war.

Reissdorf griff zum Telefon, beorderte seinen Assistenten in die Tiefgarage und hastete zu seinem Wagen. Umgehend fuhren sie los, um Diebels einen Besuch abzustatten.
Sie hatten Glück, der erfolglose Schriftsteller war zu Hause. Nach nur wenigen Minuten stellte sich heraus, dass er für den Abend des Mordes kein Alibi hatte, weshalb er aufgefordert wurde, die Beamten zu begleiten.
Auf dem Revier wurden ihm die Fingerabdrücke abgenommen und nur kurze Zeit später kam ein Beamte in das Büro des Kommissars, um zu berichten, dass die Fingerabdrücke übereinstimmten. Auch die Schuhgröße passte zu den Abdrücken, die im Haus des Opfers entdeckt worden waren.

Mit diesen Beweisen konfrontiert, brach Diebels zusammen und gestand den Mord. Als Motiv gab er die Ablehnung seines Manuskriptes an.
"Dass der sterben tut, habe ich aber nicht gewollt. Hab ihm doch nur 'nen Denkzettel verpassen wollen. Der hat mir so einen bösen Brief geschrieben."
Reissdorf nickte seinem Assistenten schweigend zu, der dem Täter Handschellen anlegte und ihn abführte.
 
Hallo Brakwaater,

die Lösung wirkt zu einfach, da hätte ich mir mehr gewünscht, hat mir aber ansonsten gut gefallen.

Bis bald,
Michael
 
Hallo Brak,

ich finde die grundsätzliche Idee wirklich gut, vielleicht baust du es nach und nach aus, zeichnest die Personen, ihre Schrullen, ihre Beziehungen, etc.

Dann gewinnt das Werk an Tiefe.

Bis bald,
Michael
 

Brakwaater

Mitglied
KURZkrimi?

Hi Michael,

meinst du nicht, das könnte für die Schreibaufgabe - einen Kurzkrimi - etwas lang werden? :)

LG Brak
 
Hallo Brak,

du kannst die Geschichte ja für das Krimiforum ausweiten und läßt die kurze Version hier.

Bei Wettbewerben ist oft die Wortgrenze für einen Kurz-Krimi bei 2500 Wörtern!

Bis bald,
Michael
 



 
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