Liebe egotrip,
Sooo dünn finde ich die Geschichte nun nicht. Sie ist als Beitrag zu dieser Schreibaufgabe durchaus geeignet, eine Mutter, die am Bett ihres Kindes sitzt und der dabei allerlei Gedanken durch den Kopf gehen. Allerdings ist nicht viel an Handlung enthalten, es erfordert schon einiges Können, um die Sache für den Leser interessant zu machen. Außerdem birgt das Thema "Engel" von sich aus schon die Gefahr, dass das Ergebnis kitschig wird. Das zu vermeiden ist die besondere Herausforderung.
Hier nur ein paar kleine Anregungen für dich, such dir raus, was du davon gebrauchen kannst:
An deiner Stelle hätte ich die Vergangenheitsform als Erzählzeit gewählt. Sie ist leichter zu handhaben und wirkt auch natürlicher, schließlich sitzt der Leser nicht selbst mit am Bett.
Der erste Satz muss den Leser "in den Text hineinziehen" und in die gewünschte Richtung führen. Bei deiner Version habe ich den Eindruck, dass die (verdammte) Lampe der Kleinen viel zu hell ins Gesicht strahlt und sie blendet. Erst beim Weiterlesen begreife ich, was gemeint ist. Ganz anders dagegen wirkt:
"Das Nachtlicht am Bett meiner 7-jährigen Tochter beleuchtete sanft ihr Gesicht." Naja, ist auch nicht so das Gelbe vom Ei, aber ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
Es hätte sich auch ganz gut gemacht, wenn nicht die Mutter erzählt, was ihr die Tochter berichtet hat, sondern wenn das Kind selbst zu Wort gekommen wäre. Etwa so: "Mama, stell dir vor, was die Frau auf der Weihnachtsfeier zu mir gesagt hat. Sie sagte: ‚Hallo, meine Kleine, ich habe da ja einen Engel neben mir sitzen'. Du, Mama, die hat mich damit gemeint."
Und dann weiter:
Ich musste schmunzeln. Ja, manchmal erinnerte sie mich tatsächlich an diese Engel, wie sie so oft auf Kirchengemälden oder auf kleinen Tonfiguren zu Weihnachten dargestellt werden.
Ich selbst hatte als Kind eine kleine Kette mit türkisblauem Hintergrund, darauf ein Engelchen, das zum Himmel aufblickte. Genau so erschient es mir gerade, mein Töchterchen mit seinem glücklichen, vom Nachtlicht verzauberten Gesicht.
Den letzten Absatz würde ich (fast) unverändert stehenlassen, ein schöner Abschluss der kleinen Episode. Nur das "seitdem" geht mir nicht ganz ein. Seit wann? Seit dem Abend am Bett des Kindes? Seit dem Erwerb des Engelskettchens? Und wieso "gar nicht mehr so kitschig"? Vorher war keine Rede von Kitsch.
Vielleicht so: Seit dem Abend weiß ich: Engelsfigürchen müssen nicht unbedingt kitschig sein. Irgendwann werde ich wohl meiner Tochter auch so ein Engelskettchen kaufen, obwohl sie manchmal ein kleines Teufelchen ist.
Liebe Grüße
von Frieda