Ein Fragment (gefunden in den Trümmern von Burnie)

Gilmon

Mitglied
Es war Mittag. Die Sonne schien. Der Tod nutzte die Sonnenstrahlen, saß auf den Hügeln und säuberte seine Sense für den nächsten Unglücklichen. Die Stadt oder was davon noch übrig war, genoß die Sonnenstrahlen weniger. Der Boden litt unter der Last der Trümmer und verabscheute das geronnene Blut der Leichen. Die Luft erbrach sich aufgrund des Gestanks von Verwesung und Tod. Und als gäbe es schon nicht genug Leichen, schritt ein entschlossener Mann zum Marktplatz - der aufgrund der Leichen nicht mehr als
solcher zu erkennen war - um sich auch zu töten. Natürlich ist es nicht irgendein Mann, es ist Louis Legrance, der
Herrscher der Altstadt. Er hat natürlich das Recht, nicht namenlos zu sterben, wie jeder andere in der Stadt. Deshalb muß er auch in der Öffentlichkeit sterben. So schreitet er auf den Marktplatz, mit unmenschlich verdrehten Augen und einer Fackel in der Hand. Die gegenwärtige Lage erlaubt es ihm nicht eine saubere Kleidung zu tragen und so läßt sich auch das vertrocknete Blut auf seiner Kutte entschuldigen. Er erhebt seine Stimme und ruft die Stadt an: "Das Ende der
Apokalypse hat begonnen. Burnie geht unter." Sicherlich keine originelle Erkenntnis!! Er beschreibt nur eine gegenwärtige Lage, die auch jeder andere erkannt hat, sofern dieser noch am Leben ist. Aber hier handelt es sich um einen Mann, der dem Wahnsinn verfallen ist und alles verloren hat, was ein Mensch nur verlieren kann. Uns nun ist es auch für ihn an der Zeit, sein Leben zurückzugeben. Er fällt zu Boden und ruft nun die Götter an, nachdem die tote Stadt nicht geantwortet hat: "Ihr Götter, ich habe versagt!"
Plötzlich beginnt er laut zu weinen und da die Stadt so leise ist, erklingen seine Tränen im gesamten Trümmerfeld Burnie. Und endlich wird den wenigen Zuschauern auch klar, wozu er die Fackel an einen so sonnigen Tag trägt. Als sich die Flamme seinem Gewand nähert, leistet das Brandöl in seiner Kleidung und auf seiner Haut ganze Arbeit. Er brennt und geht aus dieser Welt mit den trotzigen Worten: "Burnie brennt, so brenne ich auch!"
Er stirbt ohne Schrei, er stirbt mit Würde, in einer Stadt die ihre Würde noch vor ihrer Jungfräulichkeit verloren hat.
Die Sonne schien. Es war Mittag.


Marius Pieruschka
 

zero

Mitglied
Machen Sie sich auf etwas gefasst!

Gleich vorne weg: Die transdimensionale Entität die im Realitäts-Hauptstrang dieser Simulation als 'Tod' identifiziert ist, steht bei der Cyberdyne Entertainment Corporation (CEC), a subdivision of Zerosoftware Ltd. unter Vertrag. Falls unser Mitarbeiter bei Ihnen in seiner Freizeit einem Gewerbe nachgegegangen ist, wird das rechtliche Schritte von unserer Seite nach sich ziehen.

Ahem.

Ich habe ein kleines Problem mit der Geschichte: Ich vermute mal, sie soll tragisch sein (falls Ironie drin war, bitte melden, ich hab's mittlerweile schriftlich, dass mein Sinn für Humor unterentwickelt ist, fragen Sie Frau M.B.).

Aber so kommen mir ein paar Formulierungen unfreiwillig komisch vor, z.B. 'unmenschlich verdrehte Augen' (Ich versuche mir das vorzustellen...), 'Sicherlich keine originelle Erkenntnis' oder der Name Burnie und noch einige Kleinigkeiten. Also, falls ich es richtig verstanden habe, dann hätte es für meinen Geschmack gerne noch etwas düsterer sein dürfen.

(in offizieller Funktion)
 

Gilmon

Mitglied
Hallo Zero,

erstmals vielen Dank für deine Kritik. Ja, eigentlich soll diese Geschichte ironisch sein, allerdings ist es wirklich nicht ersichtlich.
Dazu muß ich mal etwas weiter ausholen: Der Text ist nur ein Fragment und aus einen größeren Kontext herrausgerissen. Burnie ist eine Stadt, die von den Göttern bestraft wird und letztendlich vernichtet wird. Diese kleine Geschichte spielt sich am letzten Tag des Untergangs ab. Der Mensch zündet sich auf dem Marktplatz an, der Bericht (Das Fragment) hat ein Beobachter geschrieben (entweder ein etwas verrückter oder leidenschatlicher Autor, der sich kurz vor dem jüngsten Gericht noch hinsetzt und sich der Literatur widmet). Das Fragment wird später in den Trümmern von Burnie gefunden.
Zumindest wird dem Leser davor schon klar, daß dieser Louis kein Held ist, aber versucht tragisch wie ein Held zu sterben.
Die "unmenschlich verdrehte Augen" sind aber wirklich dumm, aber ich versuche mal meine Augen unmenschlich zu verdrehen, wenn es mir gelingt, schicke ich Dir ein Bild von mir, auf welchem ich meine Augen unmenschlich verdrehe, ob ich dabei noch eine Fackel in der Hand trage, muß ich mir noch überlegen ;) .


Eigentlich ist es ein Fehler von mir, Fragmente zu veröffentlichen, aber ich habe soviele unfertige Texte und Episoden daheim und manchmal drängt mein Herz mich, wieder etwas in der Leselupe zu veröffentlichen und dann ist es ein Fragment.

Ja, manchmal bin ich auch nur ein Fragment meiner selbst.

Grüße, Gilmon

P.S: Man möge mir verzeihen, wenn das Textformat etwas eigenartig aussieht. Ich sitzt hier am Linuxrechner und da sieht mein Posting eigentlich ganz toll aus.
 

zero

Mitglied
Jau!

Das Bild kannst du mir jederzeit an meine eMailadresse schicken, ob mit oder ohne Fackel. Aber im Ernst: Eigentlich mag ich solche Stories, und jetzt kann ich mir alles schon ein bisschen besser vorstellen. Falls du noch mehr davon (dem größeren Kontext) hast, und sich das hier unterbringen lässt, dann nur her damit.

P.S.
Als zwanghafter Langtextschreiber hab ich auch immer meine Probleme, darunter etwas für das Format hier zu finden. Ich find's trotzdem gut, dass du einen 'Auszug' bringst.

(neugierig)
 

Gilmon

Mitglied
Hallo Zero,

zuerst mal die schlechte Nachricht: Das mit den Augenverdrehen ist mir leider nicht gelungen. Ich habe es ernsthaft versucht, aber dabei sind mir nur die Kontaktlinsen rausgefallen.

In den letzten paar Wochen ist mir klar geworden, daß mein geplanter Brunie-Roman so wie ich an diesem gearbeitet habe nicht funktionieren kann. Der Roman ist ein 50 Seiten Fragment mit radikalen Fehlern. So sind einige Teile absolut adjektivüberladen oder die Figuren unterscheiden sich nicht in der Rede d.h. jeder redet irgendwie gleich. Das Fragment ist wie ein Gebäude, welches in sich zusammenzubrechen droht. Ob es sinnvoll ist, dieses mißlungene Ding hier zu veröffentlichen, ist doch sehr fraglich. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt und mich an einen anderen Roman gemacht, der bereits in seiner Grundform recht gut ausgearbeitet ist.Auch hat jede Figur eine eigene Sprache, Mimik und Bewegung.
Ein weiter Punkt ist die Länge des einst geplanten Burnie-Romans: Ich habe mal grob hochrechnet und bin auf 700 Seiten gekommen. Vielleicht etwas lang für einen ersten Roman.

Grüße, Gilmon

P.S.
Es ist aber schön, hier noch einen weiteren zwanghaften Langtextschreiber zu treffen.
 

Alex

Mitglied
Hi Gilmon, auch wenns nur ein Fragment ist, es ist gut.
Die Ironie kommt zwar nur in Ansätzen rüber, aber als tragisch hätte ich es auch ohne Erläuterung nicht hingenommen.
Wenn du mehr solcher Fragmente hast, poste sie ruhig. Ich wäre froh, wenn ich dass könnte, aber meine Sachen sind allesamt mit stark aufbauender Handlung, da könnte ich höchstens die Anfänge posten, von denen ja niemand etwas hat.
Zero, ich kann dich verstehen, nur zu gut! Bei mir gibt es nur Kürzesttexte oder Sachen 100 Normseiten plus.

Tschau ihr beiden!

Alex
 



 
Oben Unten