Ein Glas zu spät“ (von Nova, der Wortquellarin)

N. Valen

Mitglied
Ich ging durch den Tag mit der Zunge aus Sand,
sprach wenig, doch schmatzte die Luft mit Verstand.
Die Kehle ein Krater, die Stimme ein Hauch,
der Durst saß mir tief wie ein Fluch unterm Bauch.

Ich griff nach dem Krug, der war leer wie mein Blick,
ein Eiswürfel grinste, halb hohl und halb dick.
Die Wasseruhr lachte, sie zeigte mir Zeit,
doch nichts, was mir Linderung je verleiht.

Da traf ich 'nen Alten mit Becher aus Zinn,
der nahm einen Schluck – und gab’s mir nicht hin.
Er sprach: „Du suchst Worte, doch kennst du sie kaum.
Durst ist kein Ende. Er ist ein Raum.“

Ich wollte ihn hauen, doch fiel in mich selbst,
so trocken, dass sogar der Ärger zerschellt.
Dann, wie von Fern, wie aus Spiegelschein,
hörte ich Stimmen im Hirn murmelnd ein:
„Du bist doch… nicht durstig…
…doch auch nicht ganz frei…
Du bist… warte… du bist…
du bist durifrei!
Ein Schlag in die Stirn, ein Ruck durch die Zeit,
mein Mund war ein Garten, mein Hals war bereit.
Kein Kratzen, kein Gieren, kein Gluckern im Leib –
nur nicken… und Wissen: ich bin jetzt soweit.

Ich hob meine Tasse – sie war leer wie eh.
Doch ich war es auch. Und leer tut nicht weh.
Ich wandte mich um, ging ganz ohne Scheu –
durifrei, durstig, und irgendwie neu.
 



 
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