Ein Licht im Grau des Alltags

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Ein Licht im Grau des Alltags


Es war ein fürchterliches Wetter. Typisch April. Sonne, Regen, Schnee, Graupel und auch Sturm im ständigen Wechsel.
Der Fahrgastwechsel war beendet, die Türen zu. Ich ließ noch diesen alten VW Bully – weiß und rundum mit zwei breiten roten Streifen, wie die Flagge von Österreich - vorbei und zog aus der Haltestelle. An der roten Ampel kam ich rechts neben diesem Kleinbus zum Stehen, schaute gedankenverloren nach links.
Zwei freundliche Augenpaare schauten mich an und zauberten ein Lächeln auf mein Gesicht. Die beiden jungen Damen winkten ausgelassen, wirkten dabei aber vollkommen natürlich und liebenswert. Und sie waren auch noch ausgesprochen hübsch – auch wenn diese Betrachtungsweise subjektiv ist. Ich fand sie sehr hübsch. Nein, nicht, dass sie mit ihren weiblichen Reizen spielten. Nein, ganz und gar nicht. Sie waren der Witterung entsprechend gekleidet. Aber sie winkten mir freundlich lächelnd zu. Also winkte ich zurück und lächelte.
Dann kam mir in den Sinn, dass an der Beleuchtung des Wagens etwas nicht in Ordnung war. In diesem Augenblick wurde die Ampel jedoch grün.

Aber wie das in Köln so ist, wenn man irgendwo abbiegt, dann ist die nächste Ampel garantiert wieder rot. Also kam ich erneut neben den lieblichen Damen zum Stehen. Sofort öffnete ich das Fenster und sprach sie an: „Sie haben nur noch ein Bremslicht, und das flackert auch noch.“ Darauf hatte ich diesmal geachtet.
Eine glockenhelle Stimme antwortete: „Oh, herzlichen Dank, junger Mann. Sie sind ein Schatz.“
Ich weiß nicht, ob ich errötete, aber mein Herz machte einen kleinen Satz, die bedrückende Laune ob des scheußlichen Wetters war verflogen. „Oh, bitte, bitte, gern geschehen. Ich wünsche den Damen einen angenehmen Tag.“
"Das wünschen wir Ihnen auch, lieber Busfahrer. Wir fahren gleich zur Tankstelle und lassen es reparieren. Versprochen."

Ein Fahrer in einem dicken SUV hupte, weil die Ampel inzwischen grün geworden war, aber das konnte mich jetzt gar nicht berühren. Die Damen lachten ausgelassen und fuhren gemütlich an.

Ein Tag mit einem solch schönen Erlebnis ist ein guter Tag, dachte ich mir.
 
G

Gelöschtes Mitglied 22787

Gast
Entsprechend Deinem Pseudonym war es Rainer Zufall, dass ich diesen Tagebucheintrag von Dir fand. Mit all seiner Herzlichkeit ist er ein schönes Beispiel dafür, dass letztlich alles eine Frage der inneren Einstellung ist.
Schön finde ich zudem auch den gewählten Titel, welcher im Zusammenhang mit dem Inhalt ein gelungenes Wortspiel ist.
 
@Rainer Zufall: Hallo Rainer Zufall! Ja, man sollte öfter einander winken, einander anlächeln und einen schönen Tag wünschen. Egal, ob man sich kennt oder nicht. Wenn einem danach ist.... ohne Hintergedanken... Es gibt ein schönes Kinderlied, zwar in einer anderen Sprache... es geht ungefähr so: "Teile dein Lächeln mit den anderen und du bekommst mehrere Lächeln zurück...". Die Menschheit darf das nicht verlernen.
Eine Stelle stört mich jedoch in deinem Text. Ich glaube nicht, dass es an jeder Tankstelle möglich ist, etwas reparieren zu lassen. Auch die Lichter sind heutzutage nicht mehr so einfach - Birne raus, Birne rein :) ... Ich kann mich natürlich irren. Mein Auto tankt für mich mein Mann. Das ist meine Art, die Schwäche zu zeigen :)
Ansonsten eine sehr schöne, positive Geschichte...
Liebe Grüße, Liselotte
 
Hallo Liselotte,

da stimme ich Dir vollkommen zu. Denn wie heißt es so schön? Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es hinaus.
Wer anderen freundlich begegnet, muss nicht mit Verachtung rechnen. Natürlich gibt es auch Griesgrame, die zum Lachen in den Keller gehen ... ;)
Ich als Busfahrer suche bei den einsteigenden Fahrgästen auch durchaus den Blickkontakt.
Ob eine Reparatur an der Tanke möglich ist, spielt ja in dem Augenblick gar keine Rolle. Aber wenn eine solch nette junge Dame da höflich fragt, wird sich der Tankwart sicher bereiterklären, mal danach zu schauen, zumal es ja ein altes Fahrzeug war, wo die Lampen noch frei zugänglich sind.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

onivido

Mitglied
Hallo Rainer Zufall, wirklich ein Lichtblick und ein Laecheln kostet nicht einmal was.
Gruesse///Onivido
 



 
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