Edith war der Stammzahn von Walter, meinem besten Kumpel. Edith und Walter waren ein Paar.
Walter schwärmte fortwährend von Edith und erzählte uns unaufgefordert alles, was beide so als Paar trieben – vor allem dann, wenn er schon ein paar zu viel getrunken hatte.
Wir waren ein eingespieltes Quartett in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts. Walter, Hugo, Willi und meine Wenigkeit. Der Fahrer dieser verschworenen Gemeinschaft war ich, denn ich war meistens nüchtern oder nur ganz wenig blau, hatte schon ein eigenes Auto und wusste als einziger auch die Schwächen der anderen einzuschätzen.
Stets hielt ich rechtzeitig am Straßenrand, zog Walter aus dem Auto und legte ihn zum Kotzen über den nächsten Gartenzaun. Unsere samstägliche Runde war einfach: Vorglühen in Erikas Bierbar, danach zum Schnapsrundenwürfeln in Lothars Kneipe und zu guter Letzt ab in die Disco zum unangenehmen Auffallen.
Walter hatte dort zwar Lokalverbot, weil er am Tisch immer ein Nickerchen machte, aber irgendwie haben wir ihn fast immer rein bekommen, oder ihn im „worst case“ einfach zum Pennen auf die Rückbank meiner 2CV - Ente gelegt. Irgendwie war er mit jeder Lösung glücklich und im hochpromilligen Grenzbereich auch äußerst pflegeleicht.
Die Nacht zum Ersten Mai werde ich nie vergessen. Wir waren gerade wieder auf der Fahrt in die Disco und ich hatte Walter bereits zweimal auf Gartenzäunen ablegen müssen. Hier im Süden der Republik ist es Brauch der Liebsten einen kleinen Maibaum auf das Dach zu stecken. Der Pfau schlägt ein Rad und der Schwabe steckt Maibäume.
Nachdem Walter die Umarmung des Gartenzauns beendet und seine vollgereiherten Schuhe im Gras abgetreten hatte, baute er sich vor uns auf, deutete schwankend auf das nahegelegene Waldstück und verkündete, dass er sofort einen Maibaum für Edith brauche, denn er müsse schließlich seiner Liebsten zeigen, dass er jeden Tag an sie denke.
Es ist sinnlos, Walter etwas auszureden und wir drei wussten auch, dass sein Starrsinn proportional zu seinem Promillespiegel stieg. Aber Maibäume sind Birken, klein, fein und buschig. Das hier war eine Fichtenschonung. Walter schwankte über die Straße, kippte in den Graben, kroch auf der anderen Seite die Böschung hoch, stolperte und fiel bäuchlings in die vorgelagerten Büsche.
Hugo bemerkte lapidar: „Komm fahren wir in die Disco und holen ihn auf dem Rückweg raus. Die Nacht wird mild und das Unterholz ist weich.“ Ich war kurz davor, mich mit dem Vorschlag von Hugo anzufreunden, als Walter aus dem Unterholz kroch und eine junge, verkrüppelte Fichte schwang.
Walter und die Möchtegernbirke waren schnell verstaut. Die 24 PS meines Bolidens brachten uns zurück in’s Dorf. Die letzten Meter zu Ediths Elternhaus legten wir zu Fuß zurück. Walter hatten wir beidseitig eingehakt und zogen ihn vorwärts, stets darauf bedacht, nicht mit seinen vollgekotzen Schuhen in Berührung zu kommen.
„Ich klettere jetzt die Regenrinne hoch, dann auf’s Dach und stecke den Maibaum in den Kamin“ lallte Walter und machte sich umständlich an dem Fallrohr zu schaffen.
„Lass den Mist. Du kannst kaum stehen und willst auf dem Dach rumklettern? Gib her – ich mach das für dich“, sagte ich, schnappte mir das nadelige Gehölz, kletterte damit auf die Garage, von dort aufs Dach, hoch zum First und quer rüber zum Kamin. Wieder mal konnte ich mit meiner Kletterausbildung bei den Gebirgsjägern in Mittenwald glänzen. Ich steckte mein Mitbringsel in den Kamin und wunderte mich nicht, dass er sofort dort hinein plumpste.
Lange Rede, kurzer Sinn. Dies war das erste und einzige Mal, dass ich mich auf so einen Blödsinn eingelassen habe.
Ach ja: Edith hatte sich alsbald von Walter getrennt. Seine alkoholischen Eskapaden hatten die Beziehung zerstört. Zwei Jahre später habe ich Edith geheiratet. Noch heute erzähle ich ihr, dass sie die erste und einzige Frau war, bei der ich als Zeichen meiner Liebe das Bedürfnis hatte, im Mai den gefährlichen Weg auf das Dach zu wagen.
Walter schwärmte fortwährend von Edith und erzählte uns unaufgefordert alles, was beide so als Paar trieben – vor allem dann, wenn er schon ein paar zu viel getrunken hatte.
Wir waren ein eingespieltes Quartett in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts. Walter, Hugo, Willi und meine Wenigkeit. Der Fahrer dieser verschworenen Gemeinschaft war ich, denn ich war meistens nüchtern oder nur ganz wenig blau, hatte schon ein eigenes Auto und wusste als einziger auch die Schwächen der anderen einzuschätzen.
Stets hielt ich rechtzeitig am Straßenrand, zog Walter aus dem Auto und legte ihn zum Kotzen über den nächsten Gartenzaun. Unsere samstägliche Runde war einfach: Vorglühen in Erikas Bierbar, danach zum Schnapsrundenwürfeln in Lothars Kneipe und zu guter Letzt ab in die Disco zum unangenehmen Auffallen.
Walter hatte dort zwar Lokalverbot, weil er am Tisch immer ein Nickerchen machte, aber irgendwie haben wir ihn fast immer rein bekommen, oder ihn im „worst case“ einfach zum Pennen auf die Rückbank meiner 2CV - Ente gelegt. Irgendwie war er mit jeder Lösung glücklich und im hochpromilligen Grenzbereich auch äußerst pflegeleicht.
Die Nacht zum Ersten Mai werde ich nie vergessen. Wir waren gerade wieder auf der Fahrt in die Disco und ich hatte Walter bereits zweimal auf Gartenzäunen ablegen müssen. Hier im Süden der Republik ist es Brauch der Liebsten einen kleinen Maibaum auf das Dach zu stecken. Der Pfau schlägt ein Rad und der Schwabe steckt Maibäume.
Nachdem Walter die Umarmung des Gartenzauns beendet und seine vollgereiherten Schuhe im Gras abgetreten hatte, baute er sich vor uns auf, deutete schwankend auf das nahegelegene Waldstück und verkündete, dass er sofort einen Maibaum für Edith brauche, denn er müsse schließlich seiner Liebsten zeigen, dass er jeden Tag an sie denke.
Es ist sinnlos, Walter etwas auszureden und wir drei wussten auch, dass sein Starrsinn proportional zu seinem Promillespiegel stieg. Aber Maibäume sind Birken, klein, fein und buschig. Das hier war eine Fichtenschonung. Walter schwankte über die Straße, kippte in den Graben, kroch auf der anderen Seite die Böschung hoch, stolperte und fiel bäuchlings in die vorgelagerten Büsche.
Hugo bemerkte lapidar: „Komm fahren wir in die Disco und holen ihn auf dem Rückweg raus. Die Nacht wird mild und das Unterholz ist weich.“ Ich war kurz davor, mich mit dem Vorschlag von Hugo anzufreunden, als Walter aus dem Unterholz kroch und eine junge, verkrüppelte Fichte schwang.
Walter und die Möchtegernbirke waren schnell verstaut. Die 24 PS meines Bolidens brachten uns zurück in’s Dorf. Die letzten Meter zu Ediths Elternhaus legten wir zu Fuß zurück. Walter hatten wir beidseitig eingehakt und zogen ihn vorwärts, stets darauf bedacht, nicht mit seinen vollgekotzen Schuhen in Berührung zu kommen.
„Ich klettere jetzt die Regenrinne hoch, dann auf’s Dach und stecke den Maibaum in den Kamin“ lallte Walter und machte sich umständlich an dem Fallrohr zu schaffen.
„Lass den Mist. Du kannst kaum stehen und willst auf dem Dach rumklettern? Gib her – ich mach das für dich“, sagte ich, schnappte mir das nadelige Gehölz, kletterte damit auf die Garage, von dort aufs Dach, hoch zum First und quer rüber zum Kamin. Wieder mal konnte ich mit meiner Kletterausbildung bei den Gebirgsjägern in Mittenwald glänzen. Ich steckte mein Mitbringsel in den Kamin und wunderte mich nicht, dass er sofort dort hinein plumpste.
Lange Rede, kurzer Sinn. Dies war das erste und einzige Mal, dass ich mich auf so einen Blödsinn eingelassen habe.
Ach ja: Edith hatte sich alsbald von Walter getrennt. Seine alkoholischen Eskapaden hatten die Beziehung zerstört. Zwei Jahre später habe ich Edith geheiratet. Noch heute erzähle ich ihr, dass sie die erste und einzige Frau war, bei der ich als Zeichen meiner Liebe das Bedürfnis hatte, im Mai den gefährlichen Weg auf das Dach zu wagen.