Am Rande der vier Königreiche
Vor dem Schlosspark geht Harro, der Königspudel des Herrscherhauses Eichel, gelangweilt auf und ab. Endlich gesellt sich sein Kumpel dazu – ein Afghanischer Windhund namens Karo aus dem Herrscherhaus Grün. Sie beschnuppern sich, gähnen und strecken sich auf das Pflaster. Unbemerkt schleicht sich Jule, die Katze aus dem Herrscherhause Schellen, auf ein Denkmal hinter den Hunden.
Die beginnen ein Gespräch: „Ein Theater mit den Hochzeiten! Unsere Prinzessin wollte sich ein schwarzes Hochzeitskleid nähen lassen! Damit es nicht negativ wirkt, wollte sie es über und über mit Diamanten besetzen lassen . . .“
Jule denkt: „Da hätte sie ausgesehen wie ein Kissen beim Juwelier“.
Karo mümmelt: „Aber dann hat sie doch ganz passabel ausgesehen im normalen Kleid. Die anderen Prinzessinnen waren auch nett angezogen. Unsere selbstverständlich in grün, die vom Hause Rot in rot und die Schellenprinzessin wieder so bunt wie möglich, sie kanns nicht lassen.
Jedenfalls hätten wir den Wettstreit gewinnen müssen. Es ging ja nicht nur um die Kleider, sondern auch um die Speisen. Es ist doch tatsächlich niemandem aufgefallen, dass unsere Beeren und Körner völlig sauber und rein waren, ohne irgendwelche Spelzen oder andere Anhaftungen“. – „Ach, wurde alles tausendmal gewaschen oder was?“ – „Nein, unsere Sieben hat eine neue Käferrasse gezüchtet, die alles absolut sauber erntet. Aber was geht das uns an? Wir essen ja sowieso am liebsten Fleisch“.
Auch dazu hat Jule eigene Gedanken: „Vom vielen Fleisch – Essen bekommt man Arthritis!“
Mit geblähten Nüstern klappert Genovefa vorbei, die zierliche Stute des Herrscherhauses Rot. Sie schnobert den Hunden zu: „Immer nur ans Fressen denken und ans Schlafen! Unter den Menschen gibt es ein Schimpfwort, das lautet Fauler Hund!“ Damit tänzelt sie vor das Schlossportal und kommt zum Stehen.
Jule grinst: „Recht hat sie, aber was mischt sie sich ein? Hat doch nicht mal die Hälfte vom Gespräch gehört und weiß gar nicht, worum es geht!“
Karo wendet sich halb zu der Stute um und neckt sie: „Na, sind dir wieder ein paar sonderbare Kreaturen begegnet?“
Jule wundert sich: „Nach der Beleidigung bleibt der Afghane so ruhig? Erstaunlich!“
Nervös zucken die Ohren des edlen Tieres: „Ja, leider. Diesmal waren es nicht nur Gnome und Trolle, sondern auch riesige Fledermäuse mit goldblonden Locken und Schmetterlinge mit Harpyen – Schnäbeln! Schrecklich, sag ich euch!“ - „Hauptsache, sie haben dich in Ruhe gelassen, nicht wahr?“ Harro schmunzelt in sich hinein. Jeder weiß, dass das Personal vom Hause Rot mehr als genug zu tun hat, um alle Verliebten zufrieden zu stellen. Da kann es schon mal zu Überspanntheiten kommen. Das Pferd seufzt: „Ja, ja, lassen mich alle in Ruhe. Auch der Drache mit den sieben Köpfen und den dreihundert Krallen“.
Die Katze denkt: „Der ist so schwerfällig, der ist froh, wenn ihm niemand zu nahe kommt!“
Genovefa murrt weiter: „Und nun lasst ihr mich auch in Ruhe, ich warte auf meine Herrschaften!“