Ein Papierhaufen von Wien - Teil 3

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„Du machst mir angst“, Niklas ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen, griff nach ihren Händen, die schlaff in seinen hingen und sah sie traurig an, „weißt du, man hört immer öfter, dass Frauen durch die Babys im Bauch verrückt werden; sie töten sich. Die meisten tun das, weil sie ihre Babys nicht in die Obhut ihrer Lebenspartner geben wollen, so wie es sich nun mal gehört. Ich will nicht, dass dir oder dem Baby etwas passiert.“
Meike versuchte tapfer zu lächeln, Niklas fuhr fort: „Die Hormone in der Schwangerschaft lösen diese eigenartigen Gedanken bei den Frauen aus. Angeblich wird das mit jeder Schwangerschaft schlimmer. Ich hatte gehofft, dass das nicht mit der ersten Schwangerschaft passieren würde. Nimm diese Gedanken bitte nicht so ernst.“
„Ich habe auch gehört, dass Frauen nach dem Gefühl im Bauch während der Schwangerschaft süchtig werden können.“
Lass uns nicht wieder streiten, Meike.“
Meike ließ ihren Kopf schwer auf ihre Arme sinken und war wieder den Tränen nahe. Scheinbar konnte sie allein auf Grund einer falschen Bewegung von Niklas oder wegen des falschen Desserts zu weinen beginnen. Schwer drückte die Traurigkeit ihre Stimmbänder, es schmerzte, die Tränen zu halten. „Und ich will einfach nur dabei sein, wenn sie aufwächst. Ich will sie halten, sie stillen, sie schaukeln und sie behüten. Ich selbst!“
Aber wir stillen sie doch, Meike“, er strich ihr sanft über den Rücken.
„Nein! Nicht du stillst sie mit meiner Milch, sondern ich. Ich selbst stille sie, so wie im letzten Kontinent die Eingeborenen.“
„Du weißt genau, wir können uns das nicht leisten. Was sollen die Leute den alle denken, wenn du dann mehrfach am Tag zum Stillen deine Arbeit verlässt?“
Unwillig schüttelte die junge Frau den Kopf. Sie wollte am liebsten weit weg, allein sein.
„Okay, Meike, du stillst sie die ersten drei Wochen, so wie du das willst, dann stellen wir sie in deiner letzten Feiwoche um. Ist das okay?“
Sie reagierte nicht. In Gedanken hallte das Gespräch mit ihrer Oma nach. Nicht alles hatte ihr gefallen. Oma war an manchen Tagen sehr philosophisch. Sollte sie ihm von dem Gespräch erzählen?
Meike liebte ihre Oma, denn ihre Oma war reich an lebendigen Geschichten. Wenn sie so alt wie ihre Oma war, wollte sie auch glühend so viel Leben gelebt haben wie sie. In ihrer Flat gab es allerhand altmodisches Zeug, dass sie aufbewahrt hatte, denn ab einen bestimmten Zeitpunkt haben die vielsprachigen lauten und leisen Zungen ihre Macht über ihr Leben verloren. Es war nicht mehr wichtig, was andere meinten, sagten oder dachten, denn schließlich waren sie auch alle nur mit sich beschäftigt. Das war Omas Lebensmotto, und Meike wollte es ihr gleichtun. So oft sie konnte, besuchte sie ihre Oma und ließ sich zum wiederholten Male die Geschichte von der Wende und von der Anfangszeit des Staates erzählen. Heute aber war sie wie so oft launisch seit ihren Umständen und wusste nicht so recht, was sie trauern ließ. Wenn sie bei ihrer Oma war, so gewann sie oft Kraft und Energie, obwohl sie mit ihrer Oma nicht über ihre Ängste sprach.
Heute war das anders. Als der Tee vor ihnen in kleinen Porzellantassen golden stand, traten Meike Tränen in die Augen. Oma legte ihren faltenschweren Arm quer über den Tisch und berührte ihre Hand. Dann wartete sie.
Meike sprach stockend zwischen den Tränen und fühlte sich lächerlich, sie erzählte ihr von dem albernen Wunsch, nur Mutter sein zu wollen.
„Mein Mädchen, mein armes Mädchen“, Oma sah sie

mitfühlend an, „Was haben wir getan?“
„Du Oma?“
„Als ich jung war, wollte ich die Wende. Ich habe das nach Leibeskräften unterstützt. Uns erschien das nur klug. Männer sind nicht schlecht, nur für das heutige Berufsfeld weniger geeignet. Sicher gibt es das ein oder andere, aber sie sind nicht so konstant in ihrer Leistung und nicht so anpassungsfähig. Frauen überflügeln sie in allen wesentlichen Fähigkeiten. Frauen waren besser und schneller und meisterten gleichzeitig mehrere Gebiete. So waren viele Frauen neben ihrem Beruf noch hauptberuflich für das Familienmanagement und den Haushalt verantwortlich…“
„Ja, Oma, das weiß ich doch alles“, Meike wollte die neue Information, nichts althergebrachtes.
„Warte doch. Also man erkannte, dass Frauen sich zwischen Familie und Karriere aufrieben und deswegen weniger Kinder geboren wurden, während gleichzeitig die Männer weniger leistungsfähig waren. Das wurde dann wirklich ein Gesellschaftsproblem. Die Kinder gingen verloren. Die Lösung lag scheinbar auf der Hand: wir brauchten feminisierte Männer, die die Kinder horteten und behüteten, während Frauen arbeiten gingen und zwar nach ihren Fähigkeiten auch angemessen entlohnt. Soweit das freiwillig geschah, war es gut. Aber Männer – selbst qualifizierte – erhielten immer seltener Festanstellungen und die Frauen mussten zunehmend immer häufiger den Part übernehmen, den Jahrhunderte hindurch Männer innehatten.“
 

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Korrekturvorschläge:

Ein Papierhaufen von Wien - Teil 3
Veröffentlicht von ScarlettMirro am 11. 09. 2006 21:13
„Du machst mir angst“, Niklas ließ sich ihr gegenüber auf einen Stuhl fallen, griff nach ihren Händen, die schlaff in seinen hingen und sah sie traurig an,(Punkt und groß weiter) „weißt du, man hört immer öfter, dass Frauen durch die Babys im Bauch verrückt werden; sie töten sich. Die meisten tun das, weil sie ihre Babys nicht in die Obhut ihrer Lebenspartner geben wollen, so wie es sich nun mal gehört. Ich will nicht, dass dir oder dem Baby etwas passiert.“
Meike versuchte tapfer zu lächeln, Niklas fuhr fort: „Die Hormone in der Schwangerschaft lösen diese eigenartigen Gedanken bei den Frauen aus. Angeblich wird das mit jeder Schwangerschaft schlimmer. Ich hatte gehofft, dass das nicht [blue] mit [/blue] (bei) der ersten Schwangerschaft passieren würde. Nimm diese Gedanken bitte nicht so ernst.“
„Ich habe auch gehört, dass Frauen nach dem Gefühl im Bauch während der Schwangerschaft süchtig werden können.“
(Anführungszeichen)Lass uns nicht wieder streiten, Meike.“
Meike ließ ihren Kopf schwer auf ihre Arme sinken und war wieder den Tränen nahe. Scheinbar konnte sie allein auf Grund einer falschen Bewegung von Niklas oder wegen des falschen Desserts zu weinen beginnen. Schwer drückte die Traurigkeit ihre Stimmbänder, es schmerzte, die Tränen (zurück) zu halten. „Und ich will einfach nur dabei sein, wenn sie aufwächst. Ich will sie halten, sie stillen, sie schaukeln und sie behüten. Ich selbst!“
(Anführungszeichen)Aber wir stillen sie doch, Meike“,(Punkt und groß weiter) er strich ihr sanft über den Rücken.
„Nein! Nicht du stillst sie mit meiner Milch, sondern ich. Ich selbst stille sie, so wie im letzten Kontinent die Eingeborenen.“
„Du weißt genau, wir können uns das nicht leisten. Was sollen die Leute [red] den [/red] (denn) alle denken, wenn du dann mehrfach am Tag zum Stillen deine Arbeit verlässt?“
Unwillig schüttelte die junge Frau den Kopf. Sie wollte am liebsten weit weg, allein sein.
„Okay, Meike, du stillst sie die ersten drei Wochen, so wie du das willst, dann stellen wir sie in deiner letzten Feiwoche um. Ist das okay?“
Sie reagierte nicht. In Gedanken hallte das Gespräch mit ihrer Oma nach. Nicht alles hatte ihr gefallen. Oma war an manchen Tagen sehr philosophisch. Sollte sie ihm von dem Gespräch erzählen?
Meike liebte ihre Oma, denn ihre Oma war reich an lebendigen Geschichten. Wenn sie so alt wie ihre Oma war, wollte sie auch glühend so viel Leben gelebt haben wie sie. In ihrer Flat gab es allerhand altmodisches Zeug, [red] dass [/red] (das) sie aufbewahrt hatte, denn ab [red] einen [/red] (einem) bestimmten Zeitpunkt [blue] haben [/blue] (hatten) die vielsprachigen lauten und leisen Zungen ihre Macht über ihr Leben verloren. Es war nicht mehr wichtig, was andere meinten, sagten oder dachten, denn schließlich waren sie auch alle nur mit sich beschäftigt. Das war Omas Lebensmotto, und Meike wollte es ihr gleichtun. So oft sie konnte, besuchte sie ihre Oma und ließ sich zum wiederholten Male die Geschichte von der Wende und von der Anfangszeit des Staates erzählen. Heute aber war sie wie so oft launisch seit ihren Umständen und wusste nicht so recht, was sie trauern ließ. Wenn sie bei ihrer Oma war, so gewann sie oft Kraft und Energie, obwohl sie mit ihrer Oma nicht über ihre Ängste sprach.
Heute war das anders. Als der Tee vor ihnen in kleinen Porzellantassen golden stand, traten Meike Tränen in die Augen. Oma legte ihren faltenschweren Arm quer über den Tisch und berührte ihre Hand. Dann wartete sie.
Meike sprach stockend zwischen den Tränen und fühlte sich lächerlich, sie erzählte ihr von dem albernen Wunsch, nur Mutter sein zu wollen.
„Mein Mädchen, mein armes Mädchen“,(Punkt und groß weiter) Oma sah sie (kein Absatz)

mitfühlend an,(besser Punkt) „Was haben wir getan?“
„Du Oma?“
„Als ich jung war, wollte ich die Wende. Ich habe das nach Leibeskräften unterstützt. Uns erschien das nur klug. Männer sind nicht schlecht, nur für das heutige Berufsfeld weniger geeignet. Sicher gibt es das ein oder andere, aber sie sind nicht so konstant in ihrer Leistung und nicht so anpassungsfähig. Frauen überflügeln sie in allen wesentlichen Fähigkeiten. Frauen waren besser und schneller und meisterten gleichzeitig mehrere Gebiete. So waren viele Frauen neben ihrem Beruf noch hauptberuflich für das Familienmanagement und den Haushalt verantwortlich…“
„Ja, Oma, das weiß ich doch alles“,(besser Punkt) Meike wollte die neue Information, nichts althergebrachtes.
„Warte doch. Also man erkannte, dass Frauen sich zwischen Familie und Karriere aufrieben und deswegen weniger Kinder geboren wurden, während gleichzeitig die Männer weniger leistungsfähig waren. Das wurde dann wirklich ein Gesellschaftsproblem. Die Kinder gingen verloren. Die Lösung lag scheinbar auf der Hand: wir brauchten feminisierte Männer, die die Kinder horteten und behüteten, während Frauen arbeiten gingen und zwar nach ihren Fähigkeiten auch angemessen entlohnt. Soweit das freiwillig geschah, war es gut. Aber Männer – selbst qualifizierte – erhielten immer seltener Festanstellungen und die Frauen mussten zunehmend immer häufiger den Part übernehmen, den Jahrhunderte hindurch Männer innehatten.“

du weißt, ich biete nur bei guten geschichten korrekturvorschläge an!
lg
 



 
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