Ein Tagebuch aus dem Jahr 2024 (Februar) (Wovon ich Alpträume bekomme)

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Ist es außer mir noch jemandem aufgefallen:
In der Fernsehwerbung gibt es jetzt wieder haufenweise Spots für Erkältungsmittel. Während Corona waren die ja auffallend alle verschwunden gewesen. Jetzt sind sie wieder da.
Wäre damals doch undenkbar gewesen, diesen schwer hustenden Mann im vollbesetzten Bus zu zeigen, ehe ihm das kleine Mädchen mit dem rosa Zauberstab den Husten wegzaubert. Wir erinnern uns: „Bronchoooo: Stopp!“ hat sie gerufen – und beruhigt waren die Bronchien. Kein Husten mehr.
Demgegenüber, wer in den Jahren 2020-2022 in einem Bus schwer gehustet hätte wie im Werbespot gezeigt, hätte wohl als Lebensgefährder einen Rausschmiss riskiert.
„Erkältungsbeschwerden“ gab es damals nicht. Jeder Schnupfen galt als potentiell lebensbedrohlich und unmittelbarer Anlassfall für Quarantäne.
Jetzt werden wieder Gesundmachmittel beworben, die einen trotz Schnupfennase durch den Berufsalltag bringen.
Wirklich ist diese eine Werbung geradezu eine Aufforderung, sich krank in die Arbeit zu quälen, denn das Mittel xy macht einen ja fit genug für den Tag; Schnitt auf diesen Typ im Großraumbüro, der seine Erkältungssymptome erfolgreich unterdrückt hat.
Noch vor wenigen Monaten wäre so eine indirekte Aufforderung ein absolutes No-Go gewesen, aber jetzt, wo relativ viele Krankenstände zu verzeichnen sind, nimmt man den erkälteten Kollegen wohl wieder in Kauf.
Und noch was ist mir aufgefallen:
Am Ende jeder Werbung für Medizinprodukte muss ja immer ein Hinweis auf die Gebrauchsanweisung und die Einholung ärztlichen Rates erfolgen. (Wo war der eigentlich in den vielen Spots, die die Corona-Impfung bewerben wollten?)
Seit kurzem wird nun auch dieser Hinweis gegendert.
„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.“
Dieser nachgeschobene Satz am Ende der Werbung muss jetzt noch schneller aufgesagt werden als ohnehin schon, weil er sich durch die gendergerechten Zusätze nochmal verlängert hat.
So einen hastig abgespulten Zusatz gibt es übrigens - jetzt ebenfalls neu – nicht nur am Ende der Werbung für Medizinprodukte.
Vermehrt werden ja nun auch halbseidene Finanzprodukte beworben, die die Allgemeinheit zum Aktien-Spekulieren einladen.
„Jeder kann anlegen“ verspricht hier die Werbung und: „Reich werden ist ganz einfach!“
Hintennach dann die Warnung:
„Veranlagungen in Finanzinstrumenten sind mit Risiken verbunden und können neben den Erträgen auch zum Verlust des eingesetzten Kapitals führen.“
Ganz schnell haspelt das die Schmeichelstimme am Ende des Spots, der eben noch suggerieren wollte, man könne mit dem „Produkt“ ganz unkompliziert schnelles Geld machen.

Ich mache den Fernseher aus und gehe in den Wald spazieren.



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Der Wald schaut gar nicht gut aus.
Sturmschäden, umgefallene Bäume überall. Quer über die Spazierwege liegen dicke Baumstämme und Geäst, wochen- und monatelang, ohne dass eine Zuständigkeit sich bemüßigt fühlt, das Totholz zu räumen.
Meine Laufroute ist jetzt schon seit Wochen unpassierbar.
Weil man sich heute offenbar selber helfen muss, gehe ich schließlich mit meinem Mann und einer Motorsäge in den Wald, um eigenhändig die ärgsten Hindernisse zu beseitigen.
Man kann ja nicht ewig drauf warten, dass sich die Zuständigen kümmern.
Irgendwie scheint ja fast nichts mehr richtig zu funktionieren in unserer Zeit (Forstpflege, Öffis, Schneeräumung, Gesundheit, Soziales…). Muss dieser berühmte „Fortschritt“ sein.
Komplett freiräumen können wir meine Route leider nicht.
Für die ganz dicken Brummer bräuchte es schweres Gerät.
Unsere Aktion wird aber von mehreren Passanten sehr positiv aufgenommen.
Ein wenig hatte ich ja Sorge, man würde uns rüffeln, wenn wir ohne Befugnis im Wald rumsägen – es zeigen sich aber alle durchaus dankbar und froh, dass endlich jemand initiativ wird.



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In der Zeitung lese ich bizarre Nachrichten.
Ein Artikel erzählt mir, wie ein ukrainischer Soldat einen ungleich stärkeren russischen Panzer auf dem Schlachtfeld besiegt hätte - und das nur, weil der Ukrainer zuvor sehr fleißig das Videospiel „War Thunder“ gespielt hatte.
"Weil ich Videospiele gespielt habe, habe ich mich an alles erinnert", erklärt der ukrainische Kommandant. „Wir schossen mit allem, was wir hatten.“
Der echte Krieg, das echte Töten und Sterben, verschmilzt final mit einem Videospiel, bloß dass am realen Schlachtfeld jeder Teilnehmer nur ein einziges Leben hat – und das ist schnell verloren.
Sowas erwähnt der Artikel aber nicht.
Der Text ist ein aufgesetztes Heldenepos, gemixt mit technischer Detailverliebtheit in brachiales Tötungsgerät.
Wer immer schon wissen wollte, welches Panzermodell welchem Waffenkaliber standhält, wie dick die jeweilige Aluminium-Stahl-Hülle ist und wo die Schwachpunkte der jeweiligen Panzertypen liegen, wird informativ gut bedient.

(„Wissen aus Videospiel half ukrainischer Bradley-Besatzung im Kampf gegen einen T-90“
)



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Tags darauf im selben Blatt ein ähnlich bizarrer Artikel.
„Ukraine verfügt als erste Armee der Welt über die "Frankenstein"-Bombe“
Wieder ist das Thema „Militärtechnik“ in der Zeitung mit der blassrosa Farbe, die sich selbst gern das Prädikat „Qualitätsjournalismus“ voranstellt.
„Frankenstein“-Bombe bedeutet, dass man verschiedene Teile aus der Waffenvorratskammer neu zusammengesetzt hat. Man verwertet alte Reste und schweißt sie neu zusammen, um wieder anderes Tötungsgerät zu erhalten. Die technischen Details kommen auch hier nicht zu kurz:

250-Pfund-Bombe vom Typ GBU-39 Small Diameter Bomb/
Raketentriebwerk vom Typ M26/
Ground-Launched Small Diameter Bombs (GLSDB)

Ich finde es einmal mehr bedenklich, mit welcher Begeisterung und Bewunderung man heute über Tötungsgerät schreibt. Sogar dann noch, wenn es gruslige Beinamen trägt wie „Frankenstein“.


(„Ukraine verfügt als erste Armee der Welt über die "Frankenstein"-Bombe“
)



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Und noch so einen habe ich, wieder ein paar Tage später in derselben Zeitung:
„Wie die Ukraine mit umgebauten Jetskis Jagd auf russische Kriegsschiffe macht“.
Ich lese:
„…Zum ersten Mal in der Geschichte haben Seedrohnen ein Kriegsschiff versenkt.
Alles, was dafür nötig war, waren sechs zu Drohnen umgebaute Jetskis, um die russische Raketenkorvette Iwanowez auf den Grund des Schwarzen Meeres zu schicken.
Die Videos sind spektakulär.
Ob oder wie viele Besatzungsmitglieder überlebt haben, ist unklar.
"Eine Rettungsmission der russischen Angreifer war nicht erfolgreich", heißt es lediglich im Bericht des ukrainischen Geheimdienstes.
Klar ist nur, dass das Kriegsschiff mehrere direkte Treffer von den Magura genannten Drohnen einstecken musste.
Magura steht für Maritime Autonomous Guard Unmanned Robotic Apparatus, hinter dem Akronym verbirgt sich technisch gesehen nichts anderes als ein zur Drohne umgebauter Jetski…“
Dann wieder haufenweise technische Details zur eben besprochenen Militärtechnik.

In den Kommentarspalten unter dem Artikel, dort, wo sich die Leser austauschen, wird es nochmal besonders widerlich.
Der Kommentar (sic):

„Und es wurden Menschen das leben genommen.
Krieg ist immer verwerflich.
Auf beiden Seiten sterben Menschen.
Auch wenn ich klar auf der Seite der Ukraine stehe. Deswegen stellen wir (meine Frau und Ich) einer Ukrainischen Familie seit Anfang an, Unterkunft.
So finde ich die Darstellung dieser Bilder vom Standard furchtbar und Pfui. Menschen wurden verletzt und oder getötet.
Wie abgestumpft ist unsere Gesellschaft
Prost Mahlzeit“


wurde von den anderen Lesern 48-mal negativ/rot gewertet, nur sechsmal positiv/grün.

Hingegen die Replik:

"Jeder getötete russische Soldat ist ein Gewinn für die Menschheit"

erntete weitaus mehr Zustimmung, kaum ein Minus.


Hier die Top 3 der meistgeächteten Leserkommentare (alle im originalen Wortlaut):

Platz 3:
„Wenn du auf der "richtigen" Seite stehst dann wird sogar gefeiert, wenn du viele Menschen umbringst.“
(Rot: 64
Grün: 2)


Platz 2:
„Wow, das ist aber toll wie wir so alles in die Luft jagen und bessere Waffen entwickeln um noch mehr Menschen effizienter und billiger töten. Warum nicht gleich eine Thermonukleare Waffe einsetzten, da kann man mehr vernichten und noch mehr töten. Aber noch viel besser ist, wie wir begeistert darüber schreiben und wie faszinierend wir das alles finden. Während wir Kaffee schlürfend uns ärgern, dass das Semmerl nicht ganz frisch ist!“
(Rot: 78
Grün: 2)


Platz 1:
„Die nächste Umweltkatastrophe..möchte nicht wissen wieviel Schweröl hier ins Wasser gelangt. Hauptsache wir werden verknechtet mit sinnlosen Vorschriften und im Rest der Welt ist mehr oder weniger Alles egal..“
(Rot: 102
Grün: 1)




Ich sehe schon, die Leserschaft ist mindestens so sehr im Kriegsmodus wie die Zeitung selbst.

(„Wie die Ukraine mit umgebauten Jetskis Jagd auf russische Kriegsschiffe macht“
)



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Am Abend stehe ich manchmal am Fenster und schaue in die Dämmerung hinaus.
Ich weiß, über unseren Köpfen findet gerade das größte NATO-Manöver aller Zeiten statt, von Februar bis Mai soll das gehen.
Bereits im Vorjahr, im Juni 2023, hatte die NATO ein groß angelegtes Luftwaffenmanöver namens „Air Defender“ abgehalten.
"Steadfast Defender" heißt jetzt das neue aggressive Muskelspiel, das den Feind schrecken, abschrecken soll.
Und der Feind, man wird hier ganz deutlich, ist vor allem Russland.
Mit diesem Feind redet man nicht mehr, man lässt Taten sprechen.
Die Tagesschau berichtet:
„Wir bereiten uns auf einen Konflikt mit Russland vor."
"Wenn sie uns angreifen, müssen wir bereit sein."

Um Stärke und Entschlossenheit zu demonstrieren, scheut man keinen Aufwand und keine Kosten.
Nichts ist zu teuer, alles für den Krieg, gegen den Feind.

Wenn ich abends so am Fenster stehe, nachdenklich, höre ich manchmal das knatternde Geräusch von Rotorblättern, ehe sich so ein tarngrüner Militärhubschrauber nähert, mein Haus überfliegt und seine Mission - was auch immer diese sein soll - erfüllt.

Mich selbst erfüllt das mit Sorge.
Ich glaube nicht, dass aggressive Drohgebärden diese Welt sicherer machen.
Ich glaube, dass Miteinander-reden besser wäre.
Es dauert nicht lang, da ist das kampfbereite Fluggerät auch schon wieder aus meinem Blickfeld verschwunden, nur meine Stirn bleibt gerunzelt.

(„NATO kündigt größtes Manöver seit Jahrzehnten an“
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/nato-manoever-118.html )



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Je mehr ich vom Krieg höre, desto kriegsmüder und friedenshungriger werde ich.
Wie falsch ich damit liege, das muss ich mir nun ständig schon anhören.
„Wir müssen kriegstüchtig werden“ finden die Politiker und Entscheider immer öfter schon.
„Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“, sagte der Verteidigungsminister von Deutschland bereits im vergangenen Herbst.
„Das österreichische Bundesheer soll kriegsfähig werden“ liest man Gleichlautendes in den Gazetten Ende Jänner 2024.
„In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein“, fordert im selben Zeitraum nochmal ein General-Inspekteur der Bundeswehr. Auch diese Forderung macht Schlagzeilen.
Die militärische Denkart setzt sich durch, setzt sich fest in den Köpfen.
Verdrängt alles andere.
Auch Klimafragen scheinen egal, wenn es um Aufrüstung geht.

Auf, auf, aufrüsten ist das Gebot der Stunde.
In Aufrüstung buttert man gerade alles rein.
Vor allem Geld.
Milliardenschwere Sondervermögen gehen in Tötungsgerät, während für das Leben der meisten nichts übrigbleibt.
Die Bereiche Soziales, Infrastruktur, Kultur, Bildung, Gesundheit… werden klamm und klammer, werden zu Tode gespart.
Die Wirtschaftslage ist schlecht.
Preise und Lebenskosten steigen rapide.
Die Menschen verarmen zusehends.
Es bräuchte gerade jetzt ein deutliches MEHR an zureichender Hand, mehr Soziales usw., nicht weniger.
Alles läuft falsch.
Jetzt werden Pläne ausgearbeitet, wie man den Arbeitslosen noch weniger Unterstützung zukommen lässt:
„ÖVP will Arbeitslosengeld auf unter 50 Prozent kürzen“ und andere schlechte Scherze.

(https://www.derstandard.de/story/30...arbeitslosengeld-auf-unter-50-prozent-kuerzen)

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In den Städten demonstrieren sie jetzt zu tausenden „gegen Rechts“.
Gegen Aufrüstung, gegen sozialen Kahlschlag, gegen ungerechte Besitz- und Vermögensverhältnisse demonstrieren ist ihnen offenbar zu langweilig.



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Derweil hat einer der reichsten Österreicher, der sich zum größten Immobilienunternehmer des Landes aufgeblasen hatte, Insolvenz angemeldet.
Die Blase ist geplatzt.
Es ist kompliziert, es gibt Verflechtungen mit der Politik, das ganze Unternehmen ist furchtbar verschachtelt.
Das Monopoly-Spiel des Herrn Benko wird wohl trotz allem nicht allzu schlecht für ihn ausgehen.
Am Ende wird er immer noch ein reicher Mann sein, auch wenn ihm vielleicht ein paar Milliarden fehlen.
Was an Milliarden fehlt, die schmerzlichen Verluste, wird vermutlich zu einem großen Teil die Allgemeinheit tragen müssen, wie so oft.
So kompliziert ist das am Ende gar nicht, sondern einfach nur unfair.



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Um mich abzulenken, fahre ich in die Stadt, aber auch die Stadt macht mich traurig.
Die Einkaufsstraße lädt nicht mehr wirklich zum Einkaufen ein.
Wo früher Schaufenster waren, sind die Rollläden jetzt oft für immer unten. Ein Leerstand nach dem anderen.
Grad die kleineren Geschäfte waren die ersten, die von den Corona-Maßnahmen dahingerafft worden waren.
In der jetzigen Krise fehlt vielen das Geld zum Einkaufen, das ist alles nicht gut.
Statt der diversen Flanierläden haben nun andere Geschäfte eröffnet, die eher nur dann angesteuert werden, wenn man was Bestimmtes braucht. Hörgeräte oder Brillen zum Beispiel oder Kaffeekapseln von Nespresso. Also das - oder Leerstand.
Mit jedem Mal, da ich die Stadt aufsuche, wird der Gesamteindruck öder.

Jetzt muss sogar die alteingesessene H&M-Filiale dran glauben. Also jetzt auch die ganz Großen.
Nach 26 Jahren macht der Laden dicht.
"Wir gehen neue Wege, kommt mit“ klebt ein zynisches Schild in der Auslage.
Übrig bleibt noch eine jüngere Filiale in der Stadt und eine weitere im Shopping-Center an der Peripherie.

In den verbleibenden H&M-Geschäften wird jetzt das System der Selbstbedienungskassen stark forciert.
Es gibt mehrere Checkpoints, an denen man die Waren selbst einscannen muss und nur mit Karte zahlen darf – und daneben immer nur eine einzige menschlich besetzte Kassa, an der man auch bar (anonym) zahlen und gegebenenfalls einen Umtausch regeln kann.
Die Schlange an der einen Normalkasse ist seither immer ewig lang.
Wiederholt habe ich mich deswegen schon beschwert und habe es erlebt, dass sich auch andere beschweren, ohne Erfolg.

Und noch eine angekündigte Geschäftsschließung sticht mir ins Auge.
Ebenfalls zentral an der Mozartkreuzung gelegen, muss auch der Sewa im kommenden Frühling das Handtuch werfen.
Der Krimskramsladen wird mir fehlen.
Immerhin war er damals das einzige Geschäft, das nach dem ewig langen Lockdown für Ungeimpfte ebenjene mit einem Smiley-Schild ausdrücklich freudig begrüßt hatte. Hab ich mir gemerkt.
Heute kaufe ich einen Ei-Teiler, weil mir meiner kaputtgegangen ist und weil man bei Sewa kaufen muss, solange der Laden noch da ist.

Aber ich sehe:
Neu aufgemacht hat ein sogenannter Pop-Up-Store, der überteuerte Zimtbrötchen verkauft.
An den Eröffnungstagen gab es regen Andrang, Schlange stehende Menschen und ausverkaufte Regale, mittlerweile hat sich der Hype wieder gelegt.
In drei Monaten soll er auch schon wieder weg sein, der aufgepoppte Laden.
Ich frage mich, wie das wohl so ist mit einem Arbeitsplatz auf minimal begrenzte Zeit.
Was wohl die Angestellten machen, wenn im Mai der Store wieder zupoppt?

Auf der Rückfahrt nach Hause fällt mir noch auf, dass jetzt immer mehrere große Polizeiautos in der Innenstadt herumstehen.
Ich meine, das war in der früheren Normalzeit, also vor Corona, noch nicht so gewesen.



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Keine Lust, Zimtbrötchen zu backen.
Keine Lust auf irgendwas.
Müde, so müde – und frustriert.
Texte, die ich mühsam und bedacht formuliere, werden meist gar nicht erst veröffentlicht. Sie verschwinden ins Nichts, nachdem ich sie abgeschickt habe, scheinen einfach nicht auf oder werden gelöscht.
Sind nicht mehr gern gesehen, meine Texte. Auch das war mal anders.
Ich verstehe nicht, warum.
Ich schreibe gegen den Krieg, gegen das Kriegerische, was sonst soll ich schreiben?

Krieg in der Ukraine, Krieg in Gaza, Krieg und Krise schon überall, und keine Lösungen und kein Frieden in Sicht.
Da wie dort heißt es bloß, mit dem Feind könne, mit dem Feind dürfe man nicht reden, nur mit allen Mitteln bekämpfen müsse man ihn.

Der US-amerikanische Medienmacher Tucker Carlson, der sich um seinen Ruf nicht mehr allzu viele Sorgen machen muss, hat sich indes nicht abhalten lassen, ein langes Interview mit dem russischen Präsidenten, also mit dem Feind zu führen.
„Totaaal uninteressant!“ und „Einfach ignorieren“ war die Reaktion der übrigen Medienmacher, welche ständig um ihren Ruf besorgt sind, sofern sie etwas sagen oder schreiben, was auch nur entferntest so ähnlich klingt wie das, was auch der erklärte Feind sagen könnte.
Denn was der Feind sagt, kann nur gelogen oder total uninteressant sein oder beides – ganz egal, was es ist. Drum gar nicht erst hinhören.

Nicht miteinander reden, das Gegenüber ignorieren, verhöhnen:
Sichere Mittel, einen Konflikt ungelöst zu lassen.
Falscher kann es fast nicht laufen.



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Breaking News aus Nahost:
Nachdem sie die Bevölkerung im Gaza-Streifen angewiesen hatte, in Richtung Süden zu fliehen, um den Norden mit Bombenteppichen zu überziehen, tut die israelische Führung derzeit Pläne kund, nun auch speziell den Süden zu bombardieren, wo sich Millionen Flüchtlinge aufhalten.
Am 01. 02. 2024 hat Israel angekündigt, seine Militäroffensive gegen die Hamas bis zum südlichen Ende des Gazastreifens am Grenzübergang Rafah voranzutreiben.
Das schockiert selbst engste Verbündete, etwa die deutsche Außenministerin oder den amerikanischen Präsidenten.
Israel zeigt sich von all dem relativ unbeeindruckt.
Weiter, brutaler, Krieg.


(„Israel verstärkt Angriffe auf Rafah – Biden nennt Vorgehen im Gazastreifen »überzogen«“
https://www.spiegel.de/ausland/naho...rzogen-a-7770fd72-53db-40bf-a5f8-79412b1f154b)


(„Baerbock: Offensive in Rafah wäre nicht zu rechtfertigen“
)



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Die Nachrichten werden nicht besser.
Mehr Atomwaffen braucht die Welt: So einen Unsinn muss man sich heute anhören.
Eigene Atomwaffen für Deutschland, das wär doch was, schlägt ausgerechnet eine Frau von der SPD vor.
Warum? Natürlich, um sich gegen Putin, gegen Russland verteidigen zu können, was sonst.
Zeitenwende, aufrüsten, jetzt auch noch atomar.
Wie kriegerisch eingestimmt muss eine Gesellschaft sein, um hier mitzuziehen, um nicht sofort zu widersprechen?
Niemand widerspricht dem Wahnsinn, er ist normal geworden.

(„Eigene Atomwaffen für Deutschland?“
https://www.zdf.de/nachrichten/zdfheute-live/eu-atomwaffen-fuer-deutschland-nato-video-100.html)



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Ein Herr Kiesewetter von der CDU muss noch eins drauflegen.
Den Krieg will er nach Russland tragen, so sagt er das wörtlich:
"Der Krieg muss nach Russland getragen werden.“
„Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden.“
„Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände…"

Den Krieg „weitertragen“, immer weiter.
Eskalieren bis zum Weltkrieg, ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll.
Ist aber auch egal, es hört mir sowieso keiner zu.


(„CDU-Experte Kiesewetter will den "Krieg nach Russland" tragen“
https://www.stern.de/politik/cdu-ex...rechnung-ohne-den-trump-gemacht-34448482.html)



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In der Zwischenzeit hat der deutsche Kanzler (von der SPD) sehr feierlich eine neue Rüstungsfabrik in der Lüneburger Heide eröffnet.
Das soll auch nur ein Anfang sein, verspricht er.
Angesichts der Bedrohung durch Russland bräuchte es viel mehr Waffen und Munition - über Jahre hinweg, meint der Kanzler.
Man sieht ihn stolz zwischen Panzergerät umherschreiten.
Zitiert wird er mit den Worten: "Wir leben nicht in Friedenszeiten."
Und ja, was soll man sagen, das merkt man. Man merkt, wo man gelandet ist.
Noch nicht ganz im Krieg, aber augenscheinlich auf bestem Weg dahin. Mit Hurra.
Die Rüstungsbetriebe schreiben Rekordgewinne.
So viele Rüstungsexporte wie noch nie, Milliardenaufträge.

(„Waffen in Großserie statt in Manufaktur“
)



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Immer mehr aggressive Gesten, vor allem gegen Russland, nachdem die aggressive Geste der NATO-Ausdehnung als eine Wurzel des grassierenden Übels gelesen werden kann (eine Wahrheit, die nur leider immer noch tabu ist).
Immer mehr vom gleichen Gift, immer vergifteter diese Welt.
Ursache und Wirkung werden kräftig miteinander versprudelt, bis alles vom Kriegsstrudel mitgerissen wird.

Groß und größer wird der Krieg.
Das Kriegerische rückt mir von allen Seiten auf die Pelle, immer näher.
Man kann nicht aus, man kommt nicht dagegen an.
Zu oft schon haben die Weltentscheider ihre kriegerischen Worte wiederholt als dass man sie noch in Frage stellen könnte.
Der martialische Konsens ist erschreckend unerschütterlich geworden.
Es schüttelt mich.

Zum Einschlafen zappe ich mir schließlich einen Horrorfilm her, und zwar mit voller Absicht.
Ist besser so, wirklich.
Von den Nachrichten und von der gestalteten Wirklichkeit bekomme ich Alpträume.
 

John Wein

Mitglied
Die lautesten Krieger liefen früher hinter der blauen Fahne mit der weißen Taube her und/oder haben den Wehrdienst verweigert. “Frieden schaffen ohne Waffen” perdu! Heute skandiert man “Frieden schaffen mit Waffen”, verrückt nichtwahr! Wo, wann und wer hat hier den Schalter gedrückt?! Ich habe vor Jahren schon meine Abos gekündigt und im zwangsfinanzierten TV schaue ich höchstens mal Sport. Es gibt zum Glück die Alternativen Kanäle ohne Trichter.
 

petrasmiles

Mitglied
Ja, so würde wohl das Tagebuch von Vielen aussehen ... am meisten hat mich Dein Zitat über die Auswertung von Kommentaren schockiert. Mittlerweile habe ich durchaus das Gefühl, dass sich etwas dreht - zumindest in den Medien - aber die Politik schert sich nicht darum.
Arno zitiert häufig neue Wasserstandsmeldungen von telepolis, wo es bei den Kommentaren auch häufig hoch her ging, aber mittlerweile scheinen die Zustimmungswerte für kritische Beiträge zu steigen und die Trolle mit den Einheitskasparklatschen werden weniger. Man greift nach jedem Strohhalm.

Ich würde nun nicht so weit gehen, Horrorfilme zu schauen - aber das Bild passt hervorragend!
Man befindet sich dem Leben gegenüber in leicht geduckter Haltung, und das fühlt sich scheußlich an, ich weiß.

Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Erdling,

ich liebe Horrorfilme, einfach deshalb, weil sowieso alles Quatsch ist. Kann nicht wirklich passieren und muss einem auch nicht zu denken geben wie die in deinem Tagebuch angerissenen Ereignisse.

Gab es so ein riesiges Manöver nicht schon mal in den 80ern? Da wurde in dem Dorf, in dem ich damals wohnte, zumindest einen ganzen Tag lang geballert, also ordentlich Krach gemacht, dass man meinen konnte, der Krieg sei vor unserer Haustür ausgebrochen. Sogar meinen Eltern war das zu viel.

Der Unterschied zu heute ist: Damals ging man für den Frieden demonstrieren. Heute gibt es das kaum mehr, und wer sich dennoch traut, steht sofort in der Kritik.

Aber - ich weiß, es ist sehr optimistisch gedacht - ich bin überzeugt, dass sich hier der Wind auch wieder in die andere, die Friedensrichtung dreht. Irgendwann.

LG SilberneDelfine
 
Hallo liebe Leser, John Wein, petrasmiles, SilberneDelfine!

Tut gut, von euch zu hören.

Manchmal lese auch ich interessiert im sogenannten „Forum Lupanum“ mit und freue mich über erhellende Links und Kommentare.
Das macht mir manches Mal Hoffnung und Mut.

Ich grüße euch alle ganz herzlich,


Erdling

P.S.: Danke für die Sternchen.
 



 
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