Ein unvergesslicher Urlaub

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semmel16

Mitglied
(Mit dem Auto in Urlaub fahren bedeutet immer, dass man Unmengen von Kleidung mitnimmt, die man letztendlich nicht anzieht und am Ende der Reise daheim wieder in den Schrank räumen könnte …….., wenn man nicht das Gefühl hätte, es wäre nicht reinlich. Also wäscht man Berge von Hosen und Shirts, bügelt sie und verstaut sie wieder ordentlich im Kleiderschrank, wo sie vermutlich lange Zeit auf ihren nächsten Einsatz warten werden.

Wir Frauen können dann wahrhaftig klagen: Erst stundenlang Koffer packen und zwei Wochen später wieder stundenlang aus- und wegpacken, um die alte, gewohnte Ordnung daheim wieder genießen zu können.)

In diesem Jahr haben mein Mann und ich eine spontane Reise gebucht in ein Land, welches wir noch nicht bereist hatten, und zwar nur in Begleitung eines Rucksackes mit minimalem Bekleidungsinhalt.

Angekommen in diesem Land freuten wir uns auf sieben Tage unbeschwerte Freiheit in einer traumhaften wilden Landschaft, die wir durchwandern wollten. Die einzigen technischen Hilfsmittel, die wir uns gönnten, waren mein Handy und ein alter Kompass aus den Pfadfinderzeiten meines Mannes. Auf einer kleinen Landkarte konnten wir verfolgen, wo wir uns in etwa befanden und welche landschaftlichen Besonderheiten es um uns herum gab.

Zwei Tage kamen wir gut voran auf ebenen Wegen, vorbei an sanft durch hohes Gras und uns unbekanntem Gesträuch sich schlängelndem Wasserlauf. Doch am dritten Tag änderte sich die Vegetation schlagartig. Es gab keinen sichtbaren Weg mehr, die Büsche, Bäume, Gehölze wurden dichter, höher, dunkler. Laut Karte und Kompass befanden wir uns aber auf geplanter Route.

Durch die veränderte Luftfeuchtigkeit, die das Atmen mehr und mehr erschwerte, und durch das anstrengende Gehen in zunehmend unwegsamerem Gelände kamen wir an jenem Tag gefühlt keine 300 Meter voran. Laut brummende Mücken, Monsterspinnen und anderes unsympathisches Krabbelgetier empfingen uns hinter jedem Gestrüpp und jeder Riesenblattansammlung, so, als hätten sie nur darauf gewartet, auf unsere Körper zu fallen oder zu springen. Leider konnte ich kein Foto von alledem machen. Mein Handy hatte schon am zweiten Tag „Tschüss“ gesagt und war in hohem Bogen in eine steile enge Schlucht hinuntergestürzt, als ich ein Foto von einem abgehäuteten hasenähnlichen Tier am Rande des Abgrunds schießen wollte. Wer hatte diese blutige Metzelei wohl veranstaltet?

Menschen begegneten uns nie. Einmal glaubten wir, Stimmen zu hören. Instinktiv warfen wir uns schnell hinter einen bemoosten Baumstumpf und konnten aus sicherer Entfernung eine Horde winziger Wesen beobachten. Gekrümmt schlichen sie mehr, als dass sie normal gingen. Sie grunzten und knurrten unverständliche Laute. Um ihre Leiber waren dicht aneinander Schnüre und Kordeln geschlungen. In meinem Kopf hatte ich die Vorstellung von Raupen kurz vor der Verpuppung.

So schnell diese Wesen aufgetaucht waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden, und wir setzten unseren Weg fort, wenn auch nicht mehr ganz so unbeschwert wie zu Beginn unserer Reise.

In den nächsten Tagen ernährten wir uns von Pilzen, Beeren und Kräutern und tranken Wasser, das wir aus tiefen Pfützen mit der hohlen Hand schöpften.

Am sechsten Tag unserer körperliche Höchstleistung fordernden Wanderung verschwand unser Kompass. Ich weiß nicht, auf welchem Wege. War es nachts während unseres todesähnlichen Schlafes geschehen? Durch eine Riesenechse entwendet oder etwa durch einen der schon länger nicht angetroffenen Kreaturen? Keine Ahnung. Und ich werde es auch nie in meinem Leben erfahren. Leider.

Seit nunmehr drei Tagen liege ich mit gebrochenem Fuß, verstauchtem Arm und schwindeligem Kopf in einer Erdvertiefung. Beim Übersteigen einiger ungeordnet aufgeschichteter Holzäste war ich plötzlich in die Tiefe gefallen. Glücklicherweise war mein Mann hinter mir geblieben und nicht mit mir zusammen abgestürzt. Ich hoffe inständig, dass er Hilfe für mich holen kann. Ich erinnere mich schwach, dass ich sein Gesicht gegen den hellen Himmel über mir sah, wie er mich anlächelte und dann verschwand. Komisch, was pendelte nur an einer Schnur um seinen Hals? Es sah aus wie sein Kompass.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo semmel16,

oh, oh, drei Tage schon? Dann ist das Ende nah. Sollte das Paar, insbesondere sie, vorher niemandem von dieser Reise erzählt haben, ist das das Szenario für einen perfekten Mord - ohne ihn tatsächlich begangen zu haben. In dieser verlassenen Gegend wird die Frau elendig verhungern und verdursten, weil sie dort niemand finden wird, sie ohne fremde Hilfe aber nicht mehr aus diesem Loch herauskommen wird.
Ich frage mich, was das für seltsame Wesen waren, die sie da beobachtet hatten. Spätestens da wird die positive Stimmung, die die Überschrift vermitteln wollte, ad absurdum geführt, wandelt sich zum Alptraum.

Schöne Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo semnel16,

schön gruselig geschrieben. Erinnert mich vage an einen echten Fall, wo die Frau auch irgendwo draußen liegen gelassen wurde, der Täter - ihr Ehemann - wurde später aber trotzdem gefasst.
Die Story ist unterhaltsam und spannend geschrieben, bis auf den Anfang:

Mit dem Auto in Urlaub fahren bedeutet immer, dass man Unmengen von Kleidung mitnimmt, die man letztendlich nicht anzieht und am Ende der Reise daheim wieder in den Schrank räumen könnte …….., wenn man nicht das Gefühl hätte, es wäre nicht reinlich. Also wäscht man Berge von Hosen und Shirts, bügelt sie und verstaut sie wieder ordentlich im Kleiderschrank, wo sie vermutlich lange Zeit auf ihren nächsten Einsatz warten werden.

Wir Frauen können dann wahrhaftig klagen: Erst stundenlang Koffer packen und zwei Wochen später wieder stundenlang aus- und wegpacken, um die alte, gewohnte Ordnung daheim wieder genießen zu können.
Das könnte alles weg, denn das brauchst du für die Geschichte ja gar nicht. Sonst habe ich nix zu meckern.

Schöne Grüße
SilberneDelfine
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo semmel16,

SilberneDelfine hat Recht: Die ersten zwei Absätze könnten entfallen und damit auch die Pünktchen, die hier wie am Ende überflüssig sind (und wenn, dann nur drei und nicht direkt an das letzte Wort geklebt).

Die Geschichte ist flüssig geschrieben, und man rechnet zunächst nicht damit, dass der Mann Böses im Schilde führt. Allerdings erschließt sich mir nicht, warum sich Vegetation und Wetterverhältnisse verändern und warum plötzlich die kleinen Wesen auftauchen. Halluziniert die Prota schon, weil der Mann ihr irgendetwas eingetrichtert hat?

Tja, und dann das Ende: Die Prota liegt verletzt in einer Grube, ohne Handy wohlgemerkt. Wie schreibt sie dort ihre Geschichte auf? Ich finde, an diesem Schluss könntest Du noch ein wenig basteln.

Gruß, Ciconia
 

semmel16

Mitglied
Hallo Rainer Zufall, SilberneDelfine und Ciconia,

vielen Dank für eure Anmerkungen. Ja, stimmt. Für die eigentliche Geschichte ist der Anfang entbehrlich. Ursprünglich hatte ich damit ausdrücken wollen, wie anstrengend normalerweise das Drumherum um eine Urlaubsreise ist, und wie entspannend (oder: enspannt?) die diesjährige Reise zu werden versprach.
Für den Schluss muss ich mir noch Gedanken machen.

Schöne Grüße
semmel16
 



 
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