Quidam hat in seinem Text „Ein Wesen der Nacht" die Figur des Vampirs interpretiert, dies ist nun meine Interpretation...
Ein Wesen der Nacht
Ein Vampir, der auf sein Opfer wartet, vertieft im Gespräch mit sich selbst.
Ich bin ein Wesen der Nacht. Ich bin ein untoter Toter. Ich bin dazu verdammt, ewig zu leben. Ich darf nicht in Thals Totenreich und kann nicht der goldenen Scheibe Helions standhalten. Man hat mich verbannt in die Nacht. Und nicht mal meinen Ursprung kenne ich. Ich weiß nicht, wer mich erschaffen hat. Mir ist so, als ob ich schon immer war und immer sein werde. Nachts treibt mich mein Durst hinaus, hinaus in die Straßen von Colmar, hinaus in dieses Häusermeer, hinaus in die Welt der Menschen. Einsam bin ich. Meine Art ist ein Einzelgänger und die Gesellschaft mit Menschen dauert oft nur bis zum Biß. – Einmal schlägt die Tempeluhr.
Ah, die zweite Stunde des Epikus bricht an. Ich habe mich wieder in Gedanken verloren, doch die Uhr hat mich geweckt. Bald kommt Kathy aus der Mitternachtsmesse, nur noch wenige Worte mit dem Kleriker wechseln, dann tritt sie vor das Tor. Wie immer. Und da kommt sie auch schon. Oh, Kathy, bald wirst Du an der kleinen Gasse vorbeilaufen, an welcher ich auf Dich warte und dann ist es vorbei mit Dir. Doch werde ich sanft zu Dir sein, Du wirst nichts spüren als das Gefühl unendlicher Lust, gepaart mit dem Gefühl der Ewigkeit. Es tut mir leid, Kathy. Und schon stoße ich meine Zähne in deinen zarten Hals. Wie gut dein junges Blut ist. Noch wimmerst Du, doch bald wirst Du schweigen und der Lust und Ewigkeit verfallen. Und dann wirst Du für immer schweigen. Wie gut dein Blut ist. Jeder Tropfen. Es ist vorbei, Kathy. Ich verstecke Dich unter meinen weiten Mantel, dort ist es kühl, dort kannst Du ruhen. Ich nehme Dich mit mir, Kathy, auf einen Flug durch die Nacht. Wie oft habe ich Dich so beobachtet, in luftiger Höhe als ich schwebte und in dein Zimmer sah. Wie schön kämmtest Du dein Haar, bevor Du zur Mitternachtsmesse gingst. Du wirst deine Haare nie wieder kämmen. Und wie zierlich war dein Körper, als Du dich nach der Messe entkleidetest. Ich konnte Dich nicht ewig verschonen. Es tut mir leid, Kathy. Ich lege Dich jetzt vor die Pforte des Totenangers, betreten kann ich diesen nicht, doch man wird Dich finden und Dir ein Begräbnis geben, wie es Dir geziemt, damit Du auch deine Ruhe findest. Ich lege Dich jetzt nieder. Ruhe sanft, Kathy, ich gehe. Ich verlasse die Menschen, ich verlasse das Häusermeer, ich verlasse die Straßen von Colmar und ziehe mich zurück an einen Ort, welchen nur ich kenne. Ich ziehe mich zurück an einen Ort, wo man mich nicht findet. Ruhe sanft, Kathy, für heute nacht ist mein Durst gestillt. -- Und leise entschwebt er in die Nacht.
Marius Pieruschka
Ein Wesen der Nacht
Ein Vampir, der auf sein Opfer wartet, vertieft im Gespräch mit sich selbst.
Ich bin ein Wesen der Nacht. Ich bin ein untoter Toter. Ich bin dazu verdammt, ewig zu leben. Ich darf nicht in Thals Totenreich und kann nicht der goldenen Scheibe Helions standhalten. Man hat mich verbannt in die Nacht. Und nicht mal meinen Ursprung kenne ich. Ich weiß nicht, wer mich erschaffen hat. Mir ist so, als ob ich schon immer war und immer sein werde. Nachts treibt mich mein Durst hinaus, hinaus in die Straßen von Colmar, hinaus in dieses Häusermeer, hinaus in die Welt der Menschen. Einsam bin ich. Meine Art ist ein Einzelgänger und die Gesellschaft mit Menschen dauert oft nur bis zum Biß. – Einmal schlägt die Tempeluhr.
Ah, die zweite Stunde des Epikus bricht an. Ich habe mich wieder in Gedanken verloren, doch die Uhr hat mich geweckt. Bald kommt Kathy aus der Mitternachtsmesse, nur noch wenige Worte mit dem Kleriker wechseln, dann tritt sie vor das Tor. Wie immer. Und da kommt sie auch schon. Oh, Kathy, bald wirst Du an der kleinen Gasse vorbeilaufen, an welcher ich auf Dich warte und dann ist es vorbei mit Dir. Doch werde ich sanft zu Dir sein, Du wirst nichts spüren als das Gefühl unendlicher Lust, gepaart mit dem Gefühl der Ewigkeit. Es tut mir leid, Kathy. Und schon stoße ich meine Zähne in deinen zarten Hals. Wie gut dein junges Blut ist. Noch wimmerst Du, doch bald wirst Du schweigen und der Lust und Ewigkeit verfallen. Und dann wirst Du für immer schweigen. Wie gut dein Blut ist. Jeder Tropfen. Es ist vorbei, Kathy. Ich verstecke Dich unter meinen weiten Mantel, dort ist es kühl, dort kannst Du ruhen. Ich nehme Dich mit mir, Kathy, auf einen Flug durch die Nacht. Wie oft habe ich Dich so beobachtet, in luftiger Höhe als ich schwebte und in dein Zimmer sah. Wie schön kämmtest Du dein Haar, bevor Du zur Mitternachtsmesse gingst. Du wirst deine Haare nie wieder kämmen. Und wie zierlich war dein Körper, als Du dich nach der Messe entkleidetest. Ich konnte Dich nicht ewig verschonen. Es tut mir leid, Kathy. Ich lege Dich jetzt vor die Pforte des Totenangers, betreten kann ich diesen nicht, doch man wird Dich finden und Dir ein Begräbnis geben, wie es Dir geziemt, damit Du auch deine Ruhe findest. Ich lege Dich jetzt nieder. Ruhe sanft, Kathy, ich gehe. Ich verlasse die Menschen, ich verlasse das Häusermeer, ich verlasse die Straßen von Colmar und ziehe mich zurück an einen Ort, welchen nur ich kenne. Ich ziehe mich zurück an einen Ort, wo man mich nicht findet. Ruhe sanft, Kathy, für heute nacht ist mein Durst gestillt. -- Und leise entschwebt er in die Nacht.
Marius Pieruschka